Mike MacEacheran, also ein Mann, dessen Nachnamen fast auch MacEdsheeran heissen könnte, war in Zürich. Er hat dort Schokolade gegessen. Und darüber im «Guardian» geschrieben. Und sich nicht mehr eingekriegt. Denn er hat Dinge gesehen, die sieht man als Zürcherin irgendwie nie. «Charlie's Chocolate Factory» ist dagegen sowas wie ein Brocki um Mitternacht. «Schlangen von Fans formen sich vor den Schokoladen-Läden. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass dies die aufregendste Destination für handgefertige Schokolade auf diesem Planeten ist.»
Wow, ja klar, that's how we live! Pralines in den Hipster-Rucksack und ab auf die Piste. Und wenn wir mal nicht in den Schnee können, sondern eher in den See, sagt Mike, essen wir die neue dunkle Schoggi von Dieter Meier (was ist sie schon wieder? Kaltgepresst? Von Angora-Büsis vorverdaut? Von Kolibris liebevoll in die Form geschnäbelt?). Sie sei «ideal für die Kalorien zählenden Einheimischen die in ihren Lunch-Pausen die Frischwasser-Lidos der Stadt aufsuchen.»
Haben wir in er Stadt mit der zweithöchsten Lebensqualität der Welt eigentlich schon jemals die disneyeske Beauty des Niederdorfs bemerkt? Mike findet da «ein Labyrinth aus pastellfarbigen Häusern mit Türmchen wie aus Märchen und schwarzweiss gestreiften Fensterläden». In der ganzen Stadt verbergen sich «eichhörnchengleich Dutzende von Schokoladenläden». Zürich, Stadt der Kokskantinen, des illegalen Glücksspiels und der Verrichtungsboxen als Mittelerde der Schoggikultur?
Vollends flippt er aus, als er bei Sprüngli auf die guten alten Luxemburgerli stösst: «Erst im Hinausgehen entdecke ich die Pyramide aus regenbogenfarbigen Luxemburgerli, warmes Pink, Zitronengelb und schimmerndes Karamell.»
Aber wer ist eigentlich dieser Mike? Ursprünglich ein Schotte, dann ein Weltbürger. «Ich bin ein preisgekrönter Reisejournalist» beginnt er seine Webseite. Er sieht aus wie ein in die Jahre gekommener happy Backpacker, seine Artikel strotzen vor Happyness, immer hat er gerade das gefunden, wonach wir schon alle gesucht haben, den «weirdest theme park», den «craziest airport», Adrenalin, süsse Hunde, noch süssere Pandas, die coolste Brauerei, die geilste Schokolade. Wetten, dass er die auch schon mal in Belgien, Frankreich oder Italien gefunden hat?
Er hat schon aus 102 Ländern geschrieben, er ist ein äusserst markenfreundlicher Autor, umso mehr fällt es auf, dass er in Zürich zwar über Sprüngli, Schober, Teuscher, Honold, Läderach, Max Chocolatier, La Flor, Oro de Cacao, Schwarzenbach, Péclard, aber nicht über Vollenweider schreibt. Obwohl Vollenweider schon den Astronauten Claude Nicollier mit weltraumtauglicher Schoggi versorgte. Tja.
Irgendwann neigt sich auch der grösste Fresstag dem Ende zu und Mike muss heim. Sein Herz bricht:
«Diese Läden sind einzigartige Tempel und während einige einfach sehr gute Truffes bieten, suchen andere nach etwas sehr viel Tieferem und bieten uns die Foodie-Erlösung in Vollendung. In Zeiten wie diesen brauchen wir Schokolade mehr denn je.» Foodie-Erlösung in Vollendung. Soso. Aber was, wenn der schottische Schweiz-Schwärmer am Ende recht hat? So viel Glück wär ja gar nicht zu verdauen ...