Ein Auftritt einer jungen Komikerin sorgt in den USA für Schlagzeilen. Am Mittwochabend trat Kelly Bachmann in der Downtime Bar in der Lower East Side bei der Veranstaltung «Actors Hour» auf. Für die Stand-up-Komikerin die Möglichkeit, ihr Talent zu beweisen und ihre Vorstellung einem Publikum zu präsentieren.
Nur hat Kelly Bachmann an einem der Gäste gar keine Freude. Es ist Harvey Weinstein. Über 80 Frauen werfen dem ehemaligen Film-Mogul aus Hollywood Vergewaltigung vor. Der 67-Jährige steht am Ursprung der MeToo-Debatte.
Dennoch scheint sich keiner der Gäste an der Anwesenheit Weinsteins zu stören. Bachmann hat indes den Mut, das Thema anzusprechen. Sie sei ein wenig angespannt, gesteht sie. Allerdings nicht wegen des Auftritts, sondern wegen eines anwesenden Gastes.
Sie fährt fort: «Ich bin eine Comedienne. Und es ist unser Job, den Elefanten im Raum zu benennen. Wisst ihr, wer das ist? Es ist eine Art Freddy Krueger im Raum.» Damit spielt sie auf den fiktiven Serienmörder aus der «Nightmare»-Filmreihe an. Bachmann weiter: «Mir war nicht bewusst, dass wir unser Pfefferspray und unsere Vergewaltigungs-Trillerpfeifen mit zu ‹Actors Hours› nehmen müssen.»
Das Publikum versteht sofort, dass es um Harvey Weinstein geht. Schlägt sich aber zunächst nicht auf die Seite der Komikerin, sondern auf die Seite des 67-Jährigen. Ein Gast buht, ein weiterer schreit, sie solle die Klappe halten.
Bachmann reagiert schlagfertig: «Oh, die Klappe halten! Das ist ein super Witz bei einer Gruppentherapie für Vergewaltigungsopfer.»
Die Komikerin erzählt, dass sie selber einmal vergewaltigt worden sei. «Überraschenderweise von niemandem in diesem Raum. Aber ich habe diese Typen nie konfrontiert. Also hier ist ein generelles ‹Fuck you›». Aus ihrer Erfahrung mit sexueller Gewalt hat Bachmann ein Comedy-Programm gestaltet. Da Männer seit jeher Witze über Vergewaltigung machen würden, sei es jetzt an der Zeit, dass die Opfer das Scherzen übernehmen, so Bachmanns Erklärung.
Nun erhält die Komikerin endlich auch Unterstützung aus dem Publikum. Vereinzelte Frauen jubeln der Komikerin zu und applaudieren.
Eine, die Bachmann unterstützt, ist die Schauspielerin Joe Stuckless. Später am Abend kann sie ihren Ärger nicht mehr zurückhalten, als sich ein männlicher Komiker auf Weinsteins Seite schlägt. Stuckless steht auf und begibt sich vor Weinsteins Tisch. «Keiner sagt was, obwohl man nur wenige Meter entfernt von einem verdammten Vergewaltiger steht», schreit sie.
Hey all, I know I’m late to the conversation here. I don’t usually use twitter but it seems like that’s where a lot of this conversation is happening. Last night I confronted Harvey Weinstein in a bar along with a number of other artists. Heres the thread (1/?) #HarveyWeinstein pic.twitter.com/L8Oee5hAO7
— Zoe Stuckless (@revoltchild) October 25, 2019
Sie habe gehofft, dass die Veranstalter etwas sagen würden, so Stuckless. Doch das passierte nicht. Im Gegenteil: Die Schauspielerin wird wegen ihres Protests aus dem Club verwiesen.
«Diese Szene war unangebracht, geradezu rüpelhaft und ein Beispiel dafür, wie man heutzutage von der Öffentlichkeit regelrecht zerquetscht wird», sagt ein Sprecher Weinsteins anschliessend dem «Hollywood Reporter». «Harvey Weinstein war mit Freunden unterwegs, hat die Musik genossen, um etwas Trost in seinem Leben zu finden, das auf den Kopf gestellt wurde.»
Seit 2017 haben mehr als 80 Frauen Vorwürfe gegen den 67-Jährigen erhoben. Bei einem Prozess gegen Weinstein, der im kommenden Jahr beginnen soll, geht es um lediglich zwei Vorfälle. Weinstein beteuert, sämtliche sexuellen Handlungen seien einvernehmlich erfolgt. (cma)
Aber die Anklagen sind so heftig und die Beweise scheinen so eindeutig, daß es doch verwundert, daß der frei rumlaufen darf...