Seit 2008 ist Britney Spears, die Frau, die mit «Toxic» den Begriff der toxischen Weiblichkeit ins Positive ummünzte, entmündigt. Weil sie 2007 im Blitzlicht Dutzender Paparazzi einen Zusammenbruch hatte. Einen «Meltdown», wie die Amerikaner das nennen. Weil sie da ihren Kopf rasierte, mit einem Regenschirm Paparazzi attackierte und – wenn das nicht Wahnsinn war – mit einem britischen Akzent sprach. Weil da ihre Zurechnungsfähigkeit für einen Moment in sich zusammenschmolz und sie für eine Weile in eine Klinik ging. Und kurz danach in eine weitere. Wie gefühlt jeder zweite Promi.
Normalerweise verlassen Promis ihre Rehabs und andern Besserungsanstalten (bis zum nächsten Mal) geläutert und geheilt, bei Britney Spears war das anders. Die damals 26-Jährige wurde glattweg für unzurechnungsfähig erklärt, woran sich bis heute nichts geändert hat. Seit 2008 darf ihr Vater Jamie wieder über sie entscheiden. Als wäre sie ein Kind. Zuerst gemeinsam mit Britneys Anwalt, der am Wohl seiner Mandantin auch nicht allzu interessiert zu sein schien, seit 2019 alleine. Über ihr Geld und ihre Bewegungsfreiheit. Aber vor allem über ihr Geld, das sich noch immer stetig vermehrt.
Denn obwohl Britney Spears als psychisch allzu angeschlagen gilt, um selbst die Verantwortung über ihr Leben zu übernehmen, war sie seit 2008 schon dreimal auf Welttournee. Absolvierte erschöpfende Auftritte, veröffentlichte erfolgreich Songs, machte Stunts, alles gewohnt professionell und souverän. Daneben sitzt sie seit über zehn Jahren in einer Art Hausarrest. Ihr Vater entscheidet laut offiziellen Gerichtsunterlagen darüber, wann sie wozu das Haus verlässt und wen sie dort empfängt.
Eine andere Sache ist das Sorgerecht für die beiden Söhne von Britney und Ex-Gatte Kevin Federline: Da hat Federline eine Kontaktsperre gegen Grossvater Jamie erwirkt, weil dieser gegen einen der Söhne handgreiflich geworden sein soll. Es liegt auf allen Seiten vieles im Argen.
Jetzt haben 100'000 Fans eine Petition unterzeichnet, die dem Weissen Haus vorgelegt wird. Darin heisst es: «Mit dieser Vormundschaft ist sie nicht in der Lage, angemessen für ihre Freiheit zu kämpfen, da es ihr gesetzlich nicht erlaubt ist, ihren eigenen Anwalt zu engagieren. Wir brauchen diese Petition, damit Britney ihren eigenen Anwalt engagieren und als 38-jährige Frau mit zwei Kindern ein normales Leben führen kann. Sie hat über die Jahre versucht zu kämpfen, Versuche wurden eingestellt. Bitte prüfen Sie diesen Fall. Jeder Amerikaner verdient Bürgerrechte.»
Seit einem Jahrzehnt geistert bereits der Hashtag #FreeBritney durchs Netz, jetzt boomt er, Corona ist dafür verantwortlich. Denn unter der verschärften Quarantäne-Situation postete Britney, die uns ja schon mit ihrer Malerei auf Instagram prima unterhalten hatte, ein paar Videos und Bilder, die von ihren Fans als doppelte Hilferufe interpretiert wurden. Erstens als Zeugnisse dafür, dass es ihr in der «Gefangenschaft» psychisch nicht gut gehe, zweitens als versteckte Botschaften.
Ein Fan postete, Britney solle Gelb tragen, wenn sie Hilfe bräuchte. Und was tat Britney (die auch schon Gelb getragen hatte)? Sie trug Gelb!!!
Eine Userin twitterte, sie solle Tauben posten, wenn ihr nach Freiheit zu Mute sei. Und Britney (die nicht auf Twitter ist) postete auf Instagram ein Kitschbild mit zwei Frauen und fünf Tauben! Wo sie doch sonst Rosen, Kätzchen, Bienen und Schmetterlinge postet! Zufall oder Messages aus dem Kerker?
Fest steht jedenfalls, dass sich bald alle am Fall Britney Beteiligten vor Gericht treffen und dass es da einiges zu besprechen geben wird, nämlich am 22. August. Bis dahin ist die Anhörung, die früher in diesem Jahr angesetzt gewesen wäre, coronabedingt verschoben worden. Und es bleibt dringend zu hoffen, dass sich die Situation der 38-Jährigen dann ändert und dass sie endlich wieder in eine Normalität zurückkehren darf, die auch ausserhalb der Bühne stattfindet.
(sme)
USA das Land der Freiheit?
USA das Land der grossen Illusionen!