Eine halbe Woche gesund essen, um sich danach die andere Wochenhälfte richtig gehen zu lassen. Der tägliche Kalorienbedarf soll aber immer gleich hoch sein. Ist das eine gute Idee?
Reporter Tobias Müller stellt sich in der SRF-Sendung «Einstein» einem zweiteiligen Experiment. Während drei Tagen bestehen seine Menüs aus wenig verarbeiteten Lebensmitteln, während weiteren drei Tagen ernährt er sich ausschliesslich von Fast- und Convenience-Food (industriell hergestellte Nahrung). Die Kalorienanzahl, der er zu sich nehmen muss, beträgt immer dieselbe: 2500 Kalorien pro Tag.
Tag 1 des von einem Ernährungsforscher ausgearbeiteten Experiments startet Müller mit einem Birchermüesli, welches er mit minimal verarbeiteten Lebensmitteln selbst zubereitet hat. Die Kalorienanzahl des Frühstücks aus Apfel, Magerquark, Apfelmark, Rosinen und Weizenkleie beträgt 770. Am selben Tag kocht sich Müller unter anderem auch noch Vollkornspaghetti mit einem Forellenfilet und Gazpacho. Das steht sonst noch auf dem gesunden Menüplan:
Nach drei Tagen zieht Müller Bilanz. Er ist überrascht, wie satt er nach den gesunden Mahlzeiten jeweils war. «Es erstaunte mich, wie viel man für 2500 Kalorien bei minimal verarbeiteten Mahlzeiten essen kann.» Zwischenmahlzeiten wie getrocknete Aprikosen oder Nature-Jogurts hätte es gar nicht mehr gebraucht.
Beim zweiten Teil des Experimentes muss nicht mehr gekocht werden. Auf dem Menüplan stehen unter anderem fixfertige Spätzlipfanne, ein Big-Mac-Menü und viele ungesunde Snacks.
Kalorienbomben noch und nöcher. Doch Reporter Müller wird einfach nicht satt. «Es fühlt sich an, als hätte ich noch nichts gegessen», sagte er, als er den letzten Bissen seiner Pommes herunterschluckte. Der Folgetag fing deshalb auch nicht wirklich vielversprechend an. Müller beklagte sich über Müdigkeit und schlechten Schlaf. Der Grund: Er sei morgens um vier erwacht, weil er Hunger hatte.
Werden ihn die vielen Snacks am dritten Tag satt machen? Natürlich nicht. Aber wieso ist das so? Eigentlich sollten uns so viele Kalorien doch fast platzen lassen?
Der Grund für den ständigen Kohldampf liefert uns Ernährungsforscher David Fäh. «Da vorverarbeitete Lebensmittel durch ihre industrielle Herstellung schon vorverdaut sind, hat der Magen nicht mehr viel zu tun». Weiter erklärt er, dass der Magen Fast- und Convenience-Food schneller weiter gibt, womit der Inhalt schneller in unser Blut gelangt. Der Blutzucker steigt schnell an und geht dann auch wieder schnell zurück. Diese schnelle Abnahme des Blutzuckerspiegels ist schuld daran, dass wir nicht richtig satt werden.
«Für mich bedeutet das, dass ich nicht mehr schauen muss, wie viele Kalorien ich zu mir nehme, sondern dass ich mich mit möglichst vielen minimal verarbeiteten Lebensmitteln ernähre», lautete Müllers Fazit nach dem Experiment. Damit ist der Ernährungsforscher aber nicht ganz einverstanden. «Man muss doch etwas auf die Kalorien achten, der Bedarf sollte nicht überschritten werden.» Es sei aber schwierig, sich mit wenig verarbeiteten Lebensmitteln zu überessen, da sie viel schneller satt machen.
Eines ist uns nun klar: Das Sättigungsgefühl hat nichts mit der Kalorienanzahl zu tun. Zentral ist, was wir zu uns nehmen. Entscheidend für das Sättigungsgefühl sei aber auch die Zusammensetzung der Nahrungsmittel, erklärt Anne Christin Meyer-Gerspach, eine weitere Ernährungsberaterin, die bei der Sendung «Einstein» zu Wort kommt. Proteine wirken viel sättigender, als Fette und Kohlenhydrate. Eine Zusammensetzung aus möglichst vielen Proteinen, aber auch aus gesättigten Fetten und Kohlenhydraten sei mit Abstand das Beste fürs Sättigungsgefühl.
Dabei sollte man sich nicht zu sehr auf die Kalorien fokussieren. Kalorienzählen ergibt nach aktuellem Stand der Wissenschaft wenig Sinn.
Das beste Beispiel dafür sind Nüsse: Sie enthalten eine grosse Menge Fett, viel mehr als beispielsweise kalorienarme Salzstängel. Aber: Sie sind sehr sättigend und halten lange an. Zudem werden beispielsweise bei Mandeln nicht alle Kalorien verwertet. Etwa 25 Prozent wird vom Körper gar nicht aufgekommen und kommt hinten wieder raus. Diese Differenz müsste man beim Kalorienzählen zum Kalorienbedarf wieder dazuzählen.
Statt sich mit Kalorien den Kopf zu zerbrechen, nützt man die Energie doch wohl besser in der Küche beim Kochen mit wenig verarbeiteten Zutaten.
Die SRF-Sendung «Die Wahrheit hinter dem Fastfood» kannst du dir hier anschauen.