Hallo und herzlich willkommen, ihr süssesten Versucherlis, seit es watson gibt. Habt ihr diesen Tag auch so herbeigesehnt wie ich? Wir müssen uns nämlich mal schnell darüber verständigen, was für eine Krone der Unterhaltungsschöpfung sich mit dieser «Bachelorette»-Staffel vor unseren Augen entfaltet.
Also, innehalten, durchatmen und in den bekannten Yogaposen des dankbaren Eichhörnchens und des genügsames Einhorns verharren: Dies ist eine der letzten im prä-coronäischen Zeitalter vollendeten TV-Produktionen. Hier begegnen wir dem Leben, wie es einmal war und so schnell nicht wieder werden wird. Hier erleben wir eine pure Nostalgiespritze, hier kommt die wahrscheinlich für viele Monate letzte Staffel, in der ein einziger Mensch unter vielen andern die grosse Liebe sucht.
Wir sehen: Eine Frau und 22 Männer an einem fernen thailändischen Strand (jetzt ist er leer, jetzt erholt sich das Meer, Korallenriffe haben wieder glücklich zu blühen und glühen begonnen), sie lässt sich abküssen und ablecken, alle haben immer viel Nahkontakt, nur einer trägt eine Maske (und die ist gemalt), die Stimmung ist supersuper, Flugzeuge fliegen noch und zwar nach Hause. Aber nur Loser nehmen diese Flüge, das Ziel ist ja, bis zuletzt im Erotikparty-Paradies zu bleiben. Ist das nicht ... verrückt? Wie Flaschenpost aus einer unschuldigen Zeit? Wie ... ein Märchen?
Sie haben ja alle keine Ahnung, was noch kommt! Dass dieser Dreh für lange Zeit ihre letzte Auslandsreise bleiben wird! Dass sie ewig nicht mehr zu dreiundzwanzigst in einer Bar sein werden! Dass Chanelle wohl nie mehr auf einem Kreuzfahrtschiff singen wird. Dass sie ... genug gejammert. Ich war noch nie neidisch auf die Kuppelgruppe, jetzt bin ich's.
Okay, der Rahmen ist also ein anderer, verschoben, zersplittert. Und was ist mit dem Inhalt? Der ist wie immer. An ewigen Werten soll man nicht kratzen!
Und? Wie findet ihr die Neue? Sie findet ja, einen Mann zu finden, sei genau so anstrengend wie einen Baum zu schneiden (siehe Bild oben). Und dass Diät zu halten nicht ihr Hobby sei. Sie hält sich selbst für «energievoll und powervoll» und «en Sunneschi». Sie kneift gern Männer in den Arsch und findet Tennisspieler «rächt heiss». Sie will nicht mehr allein zu Familienfesten müssen. Und sie will Kinder. Ihr Vater sieht schampar gut aus und wünscht, dass sie mit «öppis, wo me cha bruche» aus Thailand zurückkehrt.
Christian steigt als Joker verkleidet aus der Limousine, was supercreepy ist und wovon man jetzt auch nicht mehr abstrahieren kann. Wahrscheinlich nie mehr.
Oder wird es Martin, der sich geradezu angeschossen fühlt von Chanelles Charme, es hat «richtig gfunket, voll de Zitteri ... wow, bäääm, zägg bumm, das het gschosse, so eifach päff!»? Oder Mike, der Maurer, der Schlange Lucy als Accessoire mitbringt und Chanelle damit blendet? Oder vielleicht doch Wodka-Russe und Informatikstudent Ivan? Oder Jamie, der ein Auto voller Konkurrenten einfach so herbeischieben kann?
Er heisst Mirko, ist Yogalehrer, beschreibt sich selbst als «ganz fründliche, aber freakige Schwizer» (er gleicht übrigens frappant einem schwulen Schweizer Schriftsteller, googelt mal Donat Blum, aber das ist auch das Netteste, was sich über ihn sagen lässt).
Mirko erblickt die Bätschi und sagt (auf Hochdeutsch): «Sie ist ne supersympathisch Frau, ich bin nicht dagegen, aber sie gefällt mir nicht, Jungs.» Und dass er ihre Rose ablehnen müsste. Und dann? Das Herz ist ein windiger Bruder und macht, was es will, Mirko kriegt die Rose, behält sie: «S'isch en magische Momänt gsi, als öb mis Härz für mi entschiede hätt.» Echt jetzt?
Das Öppis, dem Chanelle in Folge eins am meisten abgewinnen konnte, ist der warmäugige deutsche Manuel, der die Schweizer Mentalität für «interessant» hält und Chanelle mit seinen Boxhandschuhen erobert.
Gehabt euch wohl, ihr Lieben, lasst das Feuer der Liebe lodern, lebt sie in Gedanken, Worten und Skype-Sitzungen und bleibt uns bis zum nächsten Montag gewogen, wenn es wieder heisst: Ich habe heute leider kein Foto für dich. Ah nein, falsch, anderer Sender, andere Sendung, aber auch das ist prä-coronäische Wertarbeit für den fröhlichen Seuchen-Eskapismus, just saying!
Können wir sie bitte "Chanelle N°5" nennen?
es scheint doch einen gott zu geben