Ein 18-jähriges Pop-Sternchen, das vermutlich noch nie im Leben von James Bond gehört hat, geschweige denn die inzwischen fast 60-jährige Tradition der Bond-Filme kennt, soll den Titelsong zum neusten 007-Streifen liefern? Ui ui ui, was ist denn das für ein Ausverkauf! Diese verzogene Göre soll in die Fussstapfen einer Shirley Bassey treten? Sakrileg!
Reflexartiges Aufbäumen entrüsteter Boomer folgt postwendend, wetten? «Zuerst die schwarze, weibliche 007 und nun noch das!»
Calm your tits, everyone. Denn, wisst ihr, das könnte durchaus gut kommen.
Meine 11-jährige Tochter sei Dank, kenne ich alter Sack das Oeuvre der jungen Frau Eilish. Und ich muss konstatieren: ziemlich geil. Dass das Meiste zuhause im Schlafzimmer zusammen mit dem Bruder produziert wurde, etwa. Dass da ein durchaus subversives Element mitschwingt. Dass ihre Songs erkennbar anders klingen. Hey, als Vorbild für heranwachsende Mädchen taugt ein moody Teenie-Goth wie sie alleweil besser als irgendwelche Tussen von GNTM und Co. Zumal die Eilish gute Songs schreiben kann.
Zurück zum Bond-Historie: Ja, man fühlt sich hier an die paar Male erinnert, wo man die jeweils aktuelle Pop-Sensation partout in die Titelsequenz hineinzuwürgen versuchte, in der Hoffnung, der alternden Filmfigur etwas Relevanz bei den Kids einzuhauchen. Duran Durans «View To a Kill», etwa. Oder «The Living Daylights» von A-Ha. Was für ein kompletter Quatsch. Rückblickend sind es eher die dramatischen Balladen von volumenstarken Sängerinnen wie Shirley Bassey oder Tina Turner (oder Adele!), die eine zeitlose Qualität aufweisen, während Duran Duran – 1985 topaktuell – heute sowas von antiquiert wirkt. Blüht nun dasselbe Schicksal mit Billie Eilish? Heute cool, aber in ein paar Jahren «sooo 2020»?
Warten wir's ab. Wie oben beschrieben, fehlt es der Eilish weder an Charakter noch an Songwriter-Talent, um einen Bond-Song zu meistern. Ich freue mich jedenfalls darauf.
Und noch an jeden, der hier sagt, «Billie wer? So eine Teenie-Göre kann doch niemals einen Bond-Song machen!»: Face it – auch du wirst alt. Dies ist lediglich ein weiterer Reminder dessen. So schlimm ist das nicht, Opa.