Es geht in die zweite Runde. Vor einigen Wochen haben wir uns das erste Mal umgehört und ehrliche Berichte über #instagrammable-Locations gesammelt – über Bali, Maya Beach, Stockholm und die Amalfi-Küste zum Beispiel.
Welche Destinationen euch dieses Mal nicht gefallen haben? Seht selbst.
Vor vier Jahren war ich das erste Mal mit meinem Freund auf Mykonos. Das Ortszentrum bietet an sich eine sehr idyllische Kulisse, die mit weissen Hauswänden und verwinkelten Gassen besticht. Wir nächtigten ein wenig ausserhalb in einer Pension am Strand und mussten, wenn wir denn wollten, den kurvigen und wenig präparierten Weg in die Stadt mit dem geborgten Auto zurücklegen.
Dort angekommen, war das Essen leider unfassbar überteuert und der Fisch in jedem zweiten Restaurant verkohlt. Wir fragten uns schon, was wir bitteschön falsch machten, bis wir uns an einem der bekannteren Strände Mykonos' für einen Nachmittag entspannen wollten – und den Supergau vorfanden.
Was wir bei der Buchung nämlich nicht im Blick hatten: den Ballermann-Partytourismus, der an diversen Stränden schon gegen Mittag losging. Während wir in Ruhe am Meer liegen wollten, gönnte sich die Pseudo-Elite Russlands und Europas Sektflaschen im Wert von mehreren Hundert Euro. So lange, so protzig und so oft, bis einer von der Bank fiel. Go-Go-Tänzerinnen heizten die Meute zusätzlich beim Saufen an, die regelmässig blank zog und sich ab einem gewissen Promillegrad auch nicht davon abhalten lies, alles und jeden anzubaggern, der am Weg zum Parkplatz daran vorbeiging.
In einen richtigen Club wollten wir erst gar nicht gehen, der Vorgeschmack hatte uns gereicht. Mykonos ist sicherlich eine ideale Insel für alle, die gerne saufen und öffentlich Sex auf Felsen haben. Nichts allerdings für ruhigere Temperamente, die ihnen nicht dabei zusehen wollen.
Es ist Sommer, wir haben uns ein geliehenes Wohnmobil organisiert und fahren damit durch Frankreich, an die nordspanische Küste und dann immer weiter gen Westen, so weit es uns eben treibt – so der Plan, den mein Freund Andreas und ich für den Sommer 2016 geschmiedet hatten.
Grosse Freiheit also, einsame Plätze an Traumstränden, ein Leben on the road und ohne Grenzen. Wir wollten es eben auch mal ausprobieren, dieses #vanlife. Ok, mit einem Wohnmobil – das ist zugegeben schon mal kein echtes Vanlife. Trotzdem suggerierten uns die Reiseführer, dass wir alleine oder mit maximal zwei, drei Mit-Campern an Plätzen direkt am Strand stehen und dem Sonnenuntergang entgegenblinzeln würden.
Die erste Ernüchterung kam, als wir rund um Bordeaux bei 40 Grad zweieinhalb Stunden im Stau standen.
Als wir es schliesslich an die französische Küste geschafft hatten, die noch grössere Ernüchterung: Im kleinen Ort Capbreton hatten wir uns einen Stellplatz ausgesucht – nun schauten wir auf einen riesigen Parkplatz, darauf hunderte von Wohnmobilen und Vans, eng aneinandergereiht. Eine Blechwüste.
Naja, dachten wir uns, je weiter wir nach Westen fahren, desto leerer wird es bestimmt. Wurde es nicht. Wir fuhren über Biarritz, San Sebastiàn, Bilbao und Santander und all die kleinen Örtchen dazwischen. Wir reihten uns ein in die Staus, die zum Strand führten. Wir befanden uns ständig auf der Flucht. Vor den vielen Menschen, aber auch vor den anderen Autos.
Überhaupt wurde uns erst auf der Reise so richtig bewusst, wie viel Diesel wir da in die Luft schleuderten, so oft wie wir an Tankstellen standen und das Zeug in den Tank gluckern liessen. Und irgendwie fühlte es sich dann auch komisch an, mit dem grossen Wohnmobil einen kleinen Weg hinunter zu einem Hang zu fahren und dort neben anderen Autos auf einer Wiese direkt neben weidenden Kühen zu stehen.
Deshalb entschieden wir, eine Woche früher als geplant wieder nach Hause zu fahren.
Paris – Stadt der Liebe. Sagt man so. Hört man von Freunden und Bekannten.
Selbst war uns dann nicht unbedingt nach Nächstenliebe zumute, als wir gegen Mitternacht am Flughafen Charles de Gaulle ankamen und erstmal nicht wussten, wie wir ins Ortsinnere zu unserem Budget-Hostel kommen sollten, ohne jede Menge Geld liegen zu lassen.
Am nächsten Tag ging es dann als Erstes zum Eiffelturm. Ich war ehrlich gesagt ein bisschen underwhelmed. Überall standen begeisterte Touristen und posten für langweilige 08/15-Fotos mit Kussmündern. Ausgerechnet dieser Eisenklotz also sorgt für weltweite Touristenströme?
Dafür hätte ich nicht nach Paris fliegen müssen. Aber auch so war die Stadt einfach nicht meins. Teuer, dreckig, fleischlastiges Essen – und viel zu wenig grün für meinen Geschmack. Hundescheisse auf Gehsteigen. Winzige Balkone. Und Obdachlose.
Während die Pariser Schickeria genüsslich ein paar Meter weiter am Wein nuckelte, schliefen die Wohnungslosen in alten Daunenjacken gepackt auf U-Bahn-Aufgängen, ohne, dass ihnen jemand Aufmerksamkeit schenkte.
Als ich mich mit einer Pariserin darüber unterhielt, meinte die nur:
Seither ist Paris für mich ein Ort, an dem Grosskotzigkeit und Arroganz auf viel zu teure Vintage-Mode an hageren Körpern trifft, die sich nicht um ihre Umwelt oder Nachbarn scheren.
Menschlichkeit? Freundlichkeit? Grosszügigkeit? Fehlanzeige. Das Interesse der Pariser an mir entsprach für den Rest der Reise exakt meiner Freude, hier zu sein. Da konnten die interessanten Museen auch nichts mehr retten.
«Warum sind Sie denn so müde? Sie sind doch frisch aus dem Urlaub zurück», fragte mich mein Vorgesetzter.
Man gibt nur ungern zu, dass der Urlaub nicht vollkommen den Vorstellungen entsprochen hat. Nachdem wir an einem Sonntag, kurz vor Mitternacht, in Catania, Sizilien, gelandet waren, kamen wir zwei Stunden später bei unserer Unterkunft an. Wir hatten ein Apartment in einer alten Villa gebucht; nur 300 Meter vom Strand entfernt. Um zwei Uhr morgens wären wir eigentlich ganz gerne ins Bett gefallen und eingeschlafen.
Die Schuld gebe ich der Disco-Pizzeria, die ungefähr 200 Meter von unserem Haus entfernt war. Die kommenden Tage habe ich mich geweigert, dort jemals eine Pizza zu essen und nur einen Cent dort zu lassen. Von 2 bis 5:30 Uhr morgens haben hunderte ItalienerInnen in dieser Outdoor-Disco zu italienischen Schlagern gefeiert. Und anscheinend gab es auch noch einen Animateur, der die Schlager und das Feiern gekonnt mit einem Megaphon kommentierte. Buhrufe markierten dann um 5:30 Uhr die Sperrstunde. David, der neben mir lag, schlug vor, dass wir uns den Sonnenaufgang ansehen könnten, wenn wir schon nicht schlafen.
Wir spazierten zum Strand.
Während wir in den rosa-orangen Horizont sahen, taumelten die motivierten DiscobesucherInnen zum Ufer und pissten ins Wasser oder direkt in den Sand ...