Als Christina Dean noch in ihrer Ausbildung zur Zahnärztin steckte, ahnte sie nicht, dass sie mal zu einem der einflussreichsten Modemenschen Hong Kongs werden sollte.
Nach ihrem Umzug nach Hong Kong wurde sie dort frontal mit den Auswirkungen der Umweltverschmutzung konfrontiert. Aus der Modeindustrie allein fallen in China jedes Jahr 20 Millionen Tonnen Müll an. Diese liegt weltweit damit auf dem zweiten Platz der Umweltbelastungen. Geschlagen nur von der Ölindustrie. In Hong Kong sind es 293 Tonnen Textilien, die täglich auf den Müllhalden landen – 11'000 Kleidungsstücke jede Stunde.
Alle Informationen beruhen auf Aussagen in Christina Deans Buch und Daten der Weltbank.
Sie begann, sich intensiv mit den Ursachen und Konsequenzen der Verschmutzung auseinanderzusetzen und gründete die NGO Redress. Daraus entstand auch der Modepreis EcoChic Design Award und schliesslich das Haute-Couture-Label BYT, das Ende Jahr lanciert wird.
Vor kurzem hat sie ein Buch zum Thema veröffentlicht: «Dress [with] sense». Darin erklärt sie nicht nur, was die grössten Missverständnisse sind im Zusammenhang mit den ausgelutschten Begriffen der Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit. Sie gibt auch kurze, einfach umzusetzende Hinweise, wie man im Alltag ganz konkret und unmittelbar die Verringerung der Umweltbelastung unterstützen kann.
Der Konsument wird dazu verführt, immer grössere Mengen billiger Mode zu erstehen. Diese trendgetriebene Kleidung, die unter rasiermesserdünnen Produktionsdeadlines und zu abgrundtiefen Preisen in Massenproduktion entsteht. In der Folge überleben diese Stücke nur wenige Durchläufe in der Waschmaschine, geschweige denn die Saison. Das wiederum bestätigt und unterstützt diesen Kreislauf und erhöht die Produktion nur noch. Es gibt Schätzungen, nach denen bis zu 150 Milliarden Kleidungstücke pro Jahr produziert werden.
Um aufzuzeigen, dass eigentlich alles, was benötigt wird, schon vorhanden wäre, suchte sich Christina ihre Klamotten ein ganzes Jahr lang ausschliesslich von der Müllhalde und Secondhand zusammen. Und begleitete ihre Kombinationen mit der Kamera und Instagram.
In der Produktion einer Jeans werden 3'625 Liter Wasser verbraucht. Damit könnte ein Mensch rund 2.5 Jahre überleben. In ihrem Buch führt Christina gleich mehrere effektive Tricks auf, mit denen auch fleckige und langjährige Kleidungsstücke noch gerettet werden können. Und wenn wir ehrlich sind, wissen wir doch alle: Ein weiteres Stück in deinem Kleiderschrank macht dich unterm Strich auch nicht glücklich.
Wenn an dir auch nur etwas Zweifel nagt, dann lass los, dreh dich um und verlass das Geschäft. Du hältst die letzte Autorität über dich selbst. Willst du wirklich dein hart verdientes Geld für ein Etwas weggeben, dass du gar nicht wirklich brauchst oder richtig gut findest? Schaff Abstand, mach eine Kaffeepause, wenn du wirklich ein Stück brauchst, dann such weiter oder noch besser: Schlaf drüber. Besonders relevanter Rat für all diejenigen unter uns, die anfällig sind für Late-Night Online Shopping. Am nächsten Tag wirst du bereits eine objektivere Entscheidung fällen, was dich zu einem vorsichtigeren Konsumenten und deinen Schrank nachhaltiger macht.
Aus Christinas Buch geht under anderem hervor, dass teilweise bis zu 20 Prozent der Textilien in der Produktion eines Kleidungsstückes als Abfall übrig bleiben. Diese Reste könnten jedoch weiterverarbeitet werden. Auch rät die Autorin dazu, Dingen neuen Wert einzuverleiben, indem man sie mit einfachen Mitteln an die eigene Persönlichkeit anpasst oder auch mal in ganz anderen Lebensbereichen nach Inspirationen sucht. Ford beispielsweise hat mittlerweile einen Preis ausgeschrieben für DesignerInnen, die aus dem Überschuss ihrer für Autos entwickelten Textilien spannende Kollektionen entwickeln.
Und spannender als Shoppen ist doch auch immer noch das Tauschen von Kleidung im Bekanntenkreis. Endlich eine gute Ausrede, in fremden Schränken zu wühlen!
Jedes Jahr lädt Christinas Organisation daher auch im Rahmen des EcoChic Design Awards zehn junge Talente nach Hong Kong ein. Diese Preisträger haben unterdessen schon für Esprit, Ford und andere internationale Unternehmen Kollektionen aus den überschüssigen Materialien der Modeindustrie gestaltet.
Aus den Anstrengungen ihrer Organisation Redress, wiederverwertete Textilien laufstegtauglich und für die breite Gesellschaft attraktiver zu machen, ist nun ein eigenes Label entstanden: BYT, Be You Today, wird im September lanciert.