Ich würde diese Geschichte gerne von Anfang an erzählen. Dann würde hier stehen, wie gross die Magie war, als wir uns neulich kennengelernt haben. Vor meiner Haustüre notabene. Linus ist nämlich Velokurier. Es war im Vorfeld eine Notsituation, die mich dazu zwang, einen Velokurier aufzubieten.
Linus überreichte mir mein Päckli (keine Drogen) und strahlte mich an. Ich strahlte zurück. Dass da mehr als nur ein bisschen Chemie zwischen uns ist, war uns beiden sehr schnell klar. Bevor wir uns verabschiedeten, fragte ich, ob ich seiner Bude eine Mail schreiben muss, um seinen Namen rauszufinden, oder ob ich mich direkt jetzt an Ort und Stelle an ihn wenden darf, wenn ich gerne seine Nummer hätte.
Linus lachte. Und töggelte seine Nummer in mein Handy. So weit, so wunderbar.
Er muss gerade mal zuhause angekommen sein, als er meine erste SMS erhielt. Er beantwortete sie postwendend. Wir fackeln nicht lange rum.
Drei (sehr grandiose) Dates später landen wir bei mir. Ich habe extra die Wohnung geputzt, das Bett frisch angezogen, den Kühlschrank und den Weinvorrat aufgefüllt. Heimlich habe ich sogar eine Zahnbürste gekauft, sofern Linus über Nacht bleibt. Was ich hoffe. Weil ich endlich mit ihm schlafen will. Ausser Knutschen und ein ganz kleines bisschen fummeln ist noch nichts gelaufen.
Sogar in Sachen Musik habe ich nichts dem Zufall überlassen und eine entsprechende Playlist erstellt.
Wir chillen aufs Sofa, reden, knutschen, machen rum. Dann muss Linus rasch aufs WC. Ich schliesse die Augen, will der Musik lauschen. Statt mich aber von Damien Rice berieseln zu lassen, höre ich es aus dem Bad donnern. Und mit donnern meine ich wahnsinnig laut furzen. Und das sehr viel öfter als nur ein, zwei, drei Mal. Linus scheint sich auf meinem Klo sehr wohl zu fühlen und loslassen zu können. Während er sich also erleichtert, erstarre ich. Gleichzeitig tschueddereds mich. Vor Ekel.
Logisch. Wir kacken. Alle. Ich auch. Und auch ich kam schon in die wortwörtliche Scheiss-Situation, dass ich während eines Dates gross musste. Ich habe das aber jeweils gelöst, ohne das WC eines Manns vollzukacken. Im äussersten Fall bin ich lieber nach Hause gegangen.
Aus meinem Bad poltert es weiter. Zwischendurch vernehme ich ein erleichtertes Aufstöhnen. Linus scheint seine Sitzung zu zelebrieren. Derweil überlege ich, was ich jetzt tun soll. Sex will ich keinen mehr. Und auch sonst ist bei mir ziemlich Ende Gelände.
Nach 15 Minuten kommt Linus aus meinem Bad raus. Die Hände hat er nicht gewaschen. Ich hätte es gehört, hätte er es getan. Auch das Fenster im Bad hat er nicht geöffnet. Auch hier hätte ich es gehört, wenn er es getan hätte. Linus will jetzt nahtlos weiterknutschen. Ich nicht.
Also täusche ich einen Migräne vor. Die ich auch fast bekomme, als mir Linus übers Gesicht streichelt, um mich zu trösten. Dann ist er weg. Ich stürme das Bad, reisse das Fenster auf und betrachte die Klo-Schüssel.
Die Bremsspuren geben mir den Rest. Alles voll. Mein WC-Bürsteli steht ungenutzt daneben. Ich montiere die Gummihandschuhe, hole mein aggressivstes Putzzeug und Javelwasser aus dem Schränkli und lege angewidert los.
Während ich so schrubbe und aufpassen muss, mich nicht zu übergeben, piepst mein Handy. 10 Nachrichten in einer Minute. Mir graut davor, diese zu lesen. Also putze ich erstmal weiter, rauche ein paar Zigis, überlege fieberhaft, wie ich aus der Nummer mit ihm wieder rauskomme, bevor ich mich an mein Handy wage.
«Emma, ich weiss nicht so recht, wie ich es sagen soll…»
«Und es liegt nicht an dir…»
«Ernsthaft nicht….»
«Du bist super…..»
«Ich bin komisch…»
«Wie geht es deinem Kopf?»
«Ohman!»
«Ich glaube, wir sollten uns nicht mehr sehen….»
«Es reicht einfach nicht gefühlstechnisch…»
«Ich will dir keine falschen Hoffnungen machen…»
Danke, Herrgottimhimmel oder wo und wer auch immer du bist, DANKE für den besten, tollsten und erleichterndsten Korb meines ganzen Lebens!
Auf Nimmerwiedersehen, Linus, Adieu, Rest der Welt,
Dann schick sie per Mail an Emma: emma.amour@watson.ch