Ich sass vor einer Schulklasse, die zu achtzig Prozent aus jungen Männern bestand, und fragte: «Wer von euch kennt watson?» Alle streckten auf. «Wer von euch liest watson?» Viele streckten auf. «Was lest ihr da?» – «Emma Amour!», rief einer, alle lachten. «Sport!», riefen ein paar andere.
«Lest ihr auch immer schön unseren Corona-Ticker?» Alle schüttelten den Kopf. «Lest ihr unseren Ticker zu den amerikanischen Wahlen?» Niemand regte sich. «Lest ihr unsere ‹Bachelor›-Berichterstattung?» – «Sicher nicht!», riefen ein paar. «Schaut ihr ‹Bachelor›?» – «Ja! Mit Kollegen! Dann machen wir immer so Spiele dazu», sagte ein einziger. «Was für Spiele? Einen Shot, wenn das Wort ‹Ladies› fällt?» Die Frage wurde mit einem Blick zur Lehrperson nicht beantwortet.
Es spielte sich nämlich zwischen Alpha-Mann Alan und Boliden-Beauty Mandy – ihr wisst schon, die zuletzt gekommene Lady, die in der gleichen Firma wie Alan jobbt und Autos verkauft – eine tiefschürfende Konversation ab, aus der mal wieder zu erfahren war, dass es schöne Menschen (manchmal auch nur solche, die sich dafür halten) wirklich, wirklich sackschwer haben im Leben. Also eigentlich schwerer als andere.
Schöne Menschen werden bekanntlich im Gegensatz zu nicht so schönen Menschen, deren Werte eher im inwändig Verborgenen schlummern und wie ein Schatz gehoben werden müssen, zack auf ihr Äusseres reduziert. Wer will das schon! Das tut ganz schön weh! Sie werden gehasst, gebasht, gedisst, gemobt.
Das Fallbeil der Urteilsfindung sauste jedenfalls schon beim ersten Blick auf Mandy aus den Augen von sagen wir Mia, Angie, Francesca, Dara, Veronika und vielen weiteren nieder. Keine mag Mandy. Das checkt auch Chanelle, unsere Bachelorette 2020, die gekommen ist, um ein paar Tage zu bleiben und ihrerseits die Ladys für Alan auszuchecken, der dazu alleine offenbar nicht in der Lage ist.
Chanelle ist logischerweise nicht zu verwechseln mit Shanell, die ist zwar auch blond, fliegt im Streit der beiden schwarzen Rosen aber raus, weil Alans Gefühle sich bei der differenzierteren, aber auch anstrengenderen Xenia besser aufgehoben fühlen.
Aber item! Wir sind bei Alan und Mandy! Zusammen mit ein paar andern musste Mandy von einem drei oder vier Meter hohen Felsvorsprung ins Meer hüpfen. Pardon, sie musste sich von einer hundert Meter hohen Klippe in den sturmtosenden Ozean stürzen, jedenfalls wenn es nach all den Tränen ging, die sie vor ihrem Sprung in Alans Armen zitternd vergoss. Was die andern natürlich voll fake fanden. Allen voran Mia, die selbst aus Schiss nicht sprang, sich aber gerade dadurch die Mutigste fand, weil sie ganz real geblieben sei.
Alan wiederum fand eigentlich sich selbst den Geilsten, weil er sich sicher war, Mandy zum Springen überredet zu haben: «Wörter händ Macht, und ich han ire hüt Muet gmacht.» Und weil er sie so schön ermächtigt und damit zu einer stolzen Frau gemacht hat, treffen sie sich am Abend auf dem gleichen unbequemen Felsen wieder. Mandy war mal Model.
Mandy: «Du gsehsch so guet us, du chönntsch eigentlich au Model sii, nöd?»
Alan: «Ich modle scho! Ich modle scho!»
Mandy: «Ich wird oft als Sexobjekt aaglueget vo de Männer. Männer benutzed mich dänn für ei Nacht, zwei Nächt und säget dänn, si wänd kei ärnschti Beziehig. Ich säg dänn: Sorry, das bin ich nöd, ich bi käni für ei Nacht.»
Alan: «Bi mir isch das au echli so. Vili Fraue gsänd mich als Sexobjekt.»
Mandy: «Bisch au en hübsche Maa.»
Alan: «Und si händ mängisch z'Gfühl, guet ussehendi Männer chasch nur für das bruche.»
Mandy: «Ich säg jetzt mal, me söt en Mänsch nid ufgrund vo sim Usseh abschtämpfle.»
Alan: «Bringsch mi zum Nachedänke.»
Mandy: «Wieso???»
Alan: «Will du besser bisch als ich dänkt han.»
Sie küssen sich. Wow, da hatte was einen deepen Impact!
Es gab einen peinlichen Rap (von Dara), eine peinliche Challenge rund um einen Swimming-Pool (die Shanelle erfunden hatte), den Vomfelshüpfer und allzu moderates Geknutsche. Die einzigen Farbtupfer kamen von den obligaten Früchtetellern, und irgendeine, die ich immer mit einer andern verwechsle, sagte, Alans Küsse fühlten sich «sehr saftig» an, «wie so ein brasilianisches Fleisch».
Okay, mögen sich Mia und Angie und Francesca am kommenden Montag endlich so richtig in die Extensions geraten! Mögen die Feuer der Lenden und die Schwerter der Zungen lodern und zustossen und ein Inferno der Leidenschaft oder der Fremdscham oder einfach irgendwas entfachen! Sonst schreib ich hier die Zusammenfassung der letzten zehn Emma-Amour-Kolumnen, ich schwörs.
Wenn man wie ich nicht nur unglaublich gut aussieht sondern auch noch wahnsinnig intelligent, geistreich, witzig und umwerfend charmant ist denken alle Leute immer man sei arrogant.