Das teuerste, schnellste, fetteste aller Hypercars ist jetzt noch teurer, fetter, schneller. Und wisst ihr was? So. F*cking. What.
Der neue Bugatti – Chiron heisst er, übrigens – ist langweilig.
Supercars sind ohnehin in der Regel vor allem eins: irrelevant. Dies aus einem simplen Grund: Wir alle sind keine elfjährigen Schuljungs mehr. Sie mögen ja technisch faszinierend sein, meinetwegen, doch meistens begegnet man ihnen im Samstagnachmittags-Stau am Zürcher Bellevue und denkt sich a) russischer Mafioso, b) Tages-Mietwagen, c) Mikrogenitalis oder d) alle drei auf einmal?
Aber die klassischen Supercars aus edlen italienischen Autoschmieden konnten immerhin etwas für sich beanspruchen: Drama, Baby, Drama – alleine schon beim Design. Der Bugatti? Nun, so toll sah er nun auch wieder nicht aus. Das machte er mit Zahlen wett. Streber.
Bugatti wollte schon immer Klassenprimus sein: Mehr als 1000 PS, mehr als 400 km/h, mehr Luxus, mehr als … ach, keine Ahnung, wie viel sowas gekostet hat. Und weil er von Anfang an Superlative für sich beanspruchte, wird er ausschliesslich von einer solchen Kundschaft auch gekauft: von Leuten, denen es weniger um Style geht – und dafür umso mehr um Status.
Der Bugatti war nie ein «Driver’s Car». Er wurde auch nie für die Rennstrecke konzipiert. Die exorbitanten Fahrleistungen verkamen zu Beilagen, als sich das Fahrzeug als Protzsymbol für die Superreichen etablierte. Meine Jacht, mein Helikopter, mein Araber-Hengst, mein Bugatti.
Und so gab es auch zig Sondereditionen: Die «Middle East», die «Hermes», die «Rembrandt», die «Wei Long» (ja, wir fragen uns auch, «Why?»), die «Merveilleux», die «Bijan Pakzad» oder «L'Or Blanc» (im Ernst jetzt – die gab es alle). Die meisten fanden prompt ihren Weg in ihr natürliches Habitat: eine Tiefgarage in Dubai.
Nun ist der Nachfolger dieser Modelle da. Der Chiron sei der «kraftvollste, schnellste, luxuriöseste und exklusivste» Sportwagen EVER (ever, ever …), steht da im Pressetext. Die Firma habe «das Beste noch besser gemacht». Ach, wie bescheiden die Bugatti-Jungs doch sind!
Und dann geht jene Zahlenprahlerei los: Das Ding kostet 2,6 Millionen Franken. Der acht Liter grosse 16-Zylinder leistet nun 1500 statt zuletzt maximal 1200 PS, das maximale Drehmoment steigt von 1500 auf 1600 Nm, von 0 auf 100 km/h braucht der Chiron weniger als 2,5 Sekunden, bis 200 km/h weniger als 6,5 und bis 300 km/h unter 13,6 Sekunden.
Die Spitzengeschwindigtkeit liegt bei 420 km/h. Vermutlich noch mehr. Die vier Turbos pressen pro Stunde bis zu 3600 Kubikmeter Luft in die Zylinder. Die Kraftstoffpumpe saugt 880 Liter pro Stunde. Theoretisch reichen damit acht Minuten Vollgas, um den 100-Liter-Tank zu leeren.
Und das Interieur sieht aus wie eine Frauenhandtasche.
Ja, dieses Wunder der Technik wird nicht von den Lewis Hamiltons dieser Welt benutzt werden, sondern von chinesischen Konzernchefs und Ölscheichs. Manchmal wird einer von einem ihrer Berufssöhnchen zu Schrott gefahren (wie letzthin in London, wobei ein Pannendienst-Mechaniker getötet wurde und der Unfallverursacher zu Fuss floh), und vielleicht geht auch mal einer im Stau in Flammen auf – und niemand wird auf einen Bugatti-Fahrer zeigen und sagen: Dieser Mann hat Stil.
Am Schluss des Schuljahres haben nicht wenige eifersüchtig auf das Zeugnis des Klassenprimus geschaut. Aber das ganze Semester über auf dem Pausenplatz hat sich niemand richtig für ihn interessiert.