Sag das doch deinen Freunden!
Seit vier Monaten servieren Sie nun beinahe täglich Gratis-Essen für Gäste mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten. Hat die Aktion ihr Restaurant verändert?
Gino Ramadani: Grundsätzlich arbeiten wir so weiter, wie wir es immer tun. Allerdings durften wir durch unser Angebot viele liebe Menschen kennenlernen. Es sind die grosse Zahl kurzer, herzlicher Gespräche, die uns motivieren, weiterzumachen.
Können Sie uns ein Beispiel speziell schöner Begegnungen erzählen?
An einem Freitagabend spazierte ein mir unbekannter Mann in unsere Pizzeria. Er packte seine Gitarre aus und begann zu spielen für die Gäste, ohne dass er etwas dafür wollte. Ein anderes Mal hatte ich eine Gruppe bei mir, die während dem Essen ständig Fotos schoss. Sie sagten, sie seien seit Ewigkeiten nicht mehr in einem Restaurant gewesen. Dieser Tag sei für sie wie Weihnachten. Mehr als einmal wollten Leute ein Foto mit mir, das sie später auf Facebook stellten.
Unter den Gästen, die Ihr Angebot nutzen, sind auch IV-Bezüger, Sozialhilfeempfänger und Obdachlose. Hat sich noch nie ein Gast darüber beschwert?
Nein, das ist bisher noch nicht vorgekommen.
Gibt es Gäste, die Ihre Grosszügigkeit ausnutzen und Tag für Tag zu einem Gratis-Essen erscheinen?
Vielleicht nicht gerade täglich. Aber es gab schon solche, die sehr oft kamen und unser Angebot missbrauchen. In solchen Fällen greife ich jeweils ein und erkläre ihnen mit klaren Worten, dass das nicht geht. Die Betroffenen hatten immer Verständnis dafür und kamen künftig weniger.
Wie viele haben bisher gratis gegessen bei Ihnen?
Soeben haben wir das tausendste Gratis-Essen vergeben. Darauf sind wir stolz. Darauf habe ich mit meiner Frau und meinen Angestellten angestossen. Wir durften Gäste aus allen Teilen der Schweiz begrüssen. Und weil auch deutsche Medien über uns berichteten, kamen sogar Leute aus Süddeutschland. Im Durchschnitt kommen zwischen fünf und zehn Personen pro Tag, die ein Gratis-Essen einnehmen.
Die 1000er-Marke ist auf der einen Seite ein freudiges Ereignis, andererseits aber bestimmt auch eine finanziell grosse Hypothek. Wie fangen Sie die auf?
Das stimmt. Durch die Gratis-Essen haben wir bisher einen Einnahmeverlust von rund 25'000 Franken eingefahren. Die Kosten dafür betragen 10'000 Franken. Allerdings kommen auch Gäste zu uns, die uns vorher nicht kannten. Das darf man nicht vergessen.
Trotzdem. Wie kann ein so kleiner Betrieb das verkraften?
Zugegebenermassen wird es langsam eng. Anfangs haben wir einige Spenden bekommen. Das hat uns geholfen. Solche Spenden fehlen jetzt. Kriegen wir nicht bald eine grössere Spende, war es das wohl. Meine Schmerzgrenze liegt bei einem Einnahmeverlust von 50'000 Franken.
Falls Sie in Zukunft keine Gratis-Pizzen mehr servieren können; sind Sie dann gescheitert?
Auf keinen Fall. Ich habe etwas gegeben und es in Form von Menschlichkeit tausendfach zurückbekommen. Bis Weihnachten, bis Ende Jahr, machen wir auf jeden Fall weiter. Was danach geschieht, kann ich noch nicht sagen. Die Hoffnung stirbt zuletzt.