Die 15-jährige Pendo Sengerema, die ihren Arm bei einem Angriff verlor, posiert mit ihrem Stofftier, das ihr in der Nacht Trost und Sicherheit gibt.
Bild: CARLO ALLEGRI/REUTERS
Albinos leben gefährlich in manchen Gebieten von Süd- und Ostafrika. Ihre Körperteile sind begehrt als grausige Zutaten für schwarzmagische Rituale. Vor den Wahlen steigt die Nachfrage.
17.10.2015, 19:2318.10.2015, 08:49
66'000 Euro sind ein Vermögen in den armen Ländern Süd- und Ostafrikas. So viel bezahlt ein Magier für ein vollständiges «Set» Körperteile – Körperteile, die einem Menschen bei lebendigem Leib abgehackt wurden. Sie sollen schwarzmagischen Ritualen, von denen sich abergläubische Kunden Reichtum, Macht, Liebe und Glück erhoffen, besondere Wirksamkeit verleihen.
Albinismus
Albinismus (von lat. albus für «weiss») ist eine Sammelbezeichnung für verschiedene angeborene Störungen der Haut-, Haar- und Augenpigmentierung, die sowohl bei Menschen wie bei Tieren auftreten können. Von Albinismus betroffene Menschen bekommen schneller Sonnenbrand und sind daher eher gefährdet, Hautkrebs zu bekommen. Zudem kann bei vollständigem Albinismus auch die Sehschärfe beeinträchtigt sein.
In Nordamerika und Europa ist etwa 1 von 17'000 bis 20'000 Menschen von Albinismus betroffen. In Schwarzafrika ist Albinismus häufiger, hier ist es 1 von 5000 bis 15'000 Personen. In bestimmten ethnischen Gruppen kann der Anteil bis auf 1 von 1000 bis 1500 Personen steigen.
Die Opfer gehören zu den Schwächsten in der Gesellschaft: Es sind Albinos, die aufgrund ihres Äusseren ohnehin diskriminiert und an den Rand gedrängt werden. Personen, die von dieser seltenen genetischen Abweichung betroffen sind, fallen in Schwarzafrika stärker auf als in Europa oder Nordamerika.
«Albinos gehören zu den verletzlichsten Menschen in der Region. Ihre Sorgen werden jetzt noch vergrössert durch eine stetige Angst vor Attacken durch Menschen – darunter Angehörige –, die ihre Körperteile wertvoller finden als ihr Leben.»
Ikponwosa Ero, UNO-Menschenrechtsexpertin zu Albinismus
Uno-Expertin Ikponwosa.
Bild: OHCHR
Verstärkte Nachfrage
Die UNO-Menschenrechtsexpertin zu Albinismus, die Nigerianerin Ikponwosa Ero, schlägt jetzt Alarm. Ero, die selber von Albinismus betroffen ist, warnt in einer Pressemitteilung, es gebe in verschiedenen afrikanischen Staaten eine verstärkte Nachfrage für Körperteile von Albinos. Grund dafür sei, dass dort Wahlen anstehen. Ruchlose Kandidaten hoffen, mittels schwarzer Magie ihre Wahlchancen zu erhöhen.
«Albinos gehören zu den verletzlichsten Menschen in der Region», sagte Ero. «Ihre Sorgen werden jetzt noch vergrössert durch eine stetige Angst vor Attacken durch Menschen – darunter Angehörige –, die ihre Körperteile wertvoller finden als ihr Leben.»
«Tanzanians with albinism targeted for witchcraft» (engl.).
YouTube/UNICEF Zahlreiche Angriffe
Seit Ero am 1. August ihr Amt antrat, gab es in sechs afrikanischen Ländern Angriffe auf Albinos. In Südafrika wurde die Leiche einer jungen Frau gefunden, der die Haut und die meisten Körperteile fehlten. In Kenia starb ein 56-jähriger Mann, nachdem ihm bei einem Angriff verschiedene Körperteile abgehackt worden waren.
Am gefährlichsten ist die Lage für Menschen mit Albinismus jedoch in Tansania. Seit dem Jahr 2000 sind in diesem ostafrikanischen Land 75 Albinos, darunter auch Kinder, ermordet worden. Die meisten wurden in Stücke gehackt. (dhr)
Auch der 12-jährige Mwigulu Matonage aus Tansania verlor seinen Arm bei einem Angriff.
Bild: CARLO ALLEGRI/REUTERS
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