Im August letzten Jahres ist in China die Afrikanische Schweinepest (ASP) ausgebrochen. Wie die Business Times China berichtet, hat die Viruserkrankung bereits über 100 Millionen Schweine auf dem Gewissen. Ein Ende ist nicht in Sicht. Schätzungen gehen von bis zu 200 Millionen toten Tieren bis Ende Jahr aus – das wären mehr als ein Viertel der globalen Schweinepopulation.
Das Virus betrifft auch die umliegenden Länder wie Russland, Vietnam oder Kambodscha. In Vietnam wurden anfangs Jahr zwei Millionen infizierte Tiere gekeult.
Auch in Europa ist die Seuche bereits angekommen. Die World Organisation for Animal Health (OIE) zählt elf Länder in Europa auf, in denen Schweine an dem Virus gestorben sind. Namentlich sind das:
Laut OIE sind in diesen elf Ländern im August knapp 200'000 Schweine am Virus gestorben oder vorsorglich gekeult worden.
Dirk Pfeiffer, ein veterinärmedizinischer Epidemiologe an der City University of Hong Kong, sagte in einem Interview mit dem Guardian:
China beherbergt die Hälfte der globalen Schweinepopulation. Ein Drittel der chinesischen Tiere ist bereits tot, ein weiterer Drittel ist unmittelbar vom Virus bedroht. Die Chinesen sind zudem die grössten Konsumenten von Schweinefleisch und die jetzige Epidemie bedroht nicht nur die globale Schweinefleisch-Versorgungskette, sondern auch die soziale Stabilität des Landes. Viele Bauern leben von der Schweinezucht und sehen sich nun gezwungen, ihre Tiere zu töten, wenn dies ASP noch nicht für sie erledigt hat.
Die unvorstellbar hohe Opferzahl hat sich auch auf den Preis für Schweinefleisch ausgewirkt. Laut dem Wall Street Journal müssen Einzelhändler, verglichen mit letztem Jahr, fast 70 Prozent mehr für Schweinefleisch bezahlen.
Die chinesische Regierung hat das Problem lange Zeit heruntergespielt. Laut einem Bericht der Welt von Ende Mai hat Meng Wei, Sprecher der Reform- und Entwicklungskommission NDRC, gesagt, dass die steigenden Preise «nicht überbewertet werden sollen». Es gebe ausreichend Alternativen wie Geflügel, Fisch und Eier.
Mittlerweile kann die Regierung das Problem nicht mehr schönreden. Vereinzelte Städte haben eine Rationierung eingeführt, die die Bürger daran hindert, mehr als eine bestimmte Höchstmenge an Schweinefleisch zu kaufen. Einige Kommunalverwaltungen bieten Rabatte auf Schweinefleisch an, um steigende Preise auszugleichen.
Auch die Zentralregierung in Peking hat reagiert: Sie hat Subventionen für schweinehaltende Betriebe und Familien genehmigt, die von steigenden Preisen betroffen sind. Letzte Woche kündigte Peking zudem weitere Massnahmen an, um Schweinehalter und -produzenten zu ermutigen, mehr Tiere zu züchten. Auch plant die Regierung erweiterte Unterstützung von Schweinebauern, dies in Form von erhöhten Subventionszahlungen, Unterstützung bei der Vermittlung von Krediten und einem höheren Versicherungsschutz.
Sowohl das Finanz- als auch das Agrarministerium drängen die lokalen Behörden zudem, Gelder für künstliche Befruchtung bereitzustellen.
Hilft all dies nichts, so sei die Regierung in Peking bereit, ihre Vorräte an gefrorenem Schweinefleisch anzuzapfen.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) beschreibt die Afrikanische Schweinepest als «eine hochansteckende, fieberhafte Viruserkrankung bei Schweinen». Der Erreger gehört zur Familie der behüllten ds-DNA-Viren. ASP kommt sowohl bei Haus- als auch bei Wildschweinen vor. Ihren Ursprung hat ASP in Kenia, wo Lederzecken das Virus auf andere Schweine übertragen.
Durch Verschleppung im Reiseverkehr wurde ASP in der ganzen Welt verteilt. Der Erreger kann indirekt über das Verfüttern erregerhaltiger Fleischabfälle übertragen oder über Geräte und Transportfahrzeuge verschleppt werden, da das Virus in der Umwelt und in schweinefleischhaltigen Produkten lange ansteckend bleibt.
Gemäss dem deutschen Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit FLI entwickeln die Tiere nach einer Infektion sehr schwere, aber unspezifische Allgemeinsymptome wie Fieber, Apathie, Nasen- und Afterblutungen, Atemnot und Erbrechen. Die Todesrate bei ASP beträgt fast 100 Prozent.
Impfungen gegen das Virus gibt es momentan keine. Dies obwohl Wissenschaftler bereits im März 2018 in der Fachzeitschrift The Veterinary Journal davor gewarnt haben, dass die Entwicklung von Impfstoffen gegen ASP durch grosse Wissenslücken über ASFV-Infektionen und Immunität behindert werde und dass das Virus die globale Schweine-Industrie gefährden könnte.
Für den Menschen ist die Krankheit übrigens nicht gefährlich.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind keine Fälle von infizierten Tieren in der Schweiz bekannt. Das BLV schätzt das Risiko einer Einschleppung jedoch als hoch ein. In einem Merkblatt warnt es eindringlich davor, Schweine- oder Wildschweinfleisch aus betroffenen ASP-Gebieten in die Schweiz einzuführen. Zudem sollen nach Jagdreisen in betroffenen Gebieten Schuhwerk, Kleidung, Gerätschaften und Fahrzeuge vor der Rückkehr sorgfältig gereinigt und desinfiziert werden.
Bei unklaren Symptomen sollten Schweinehalter unverzüglich ihren Bestandestierarzt beiziehen, der diese mittels Ausschlussuntersuchung auf ASP abklären kann. Seit Juli 2019 wurden auf 17 Betrieben Ausschlussuntersuchungen auf ASP durchgeführt.