Ein Tross an Bodyguards umgab den amerikanischen Aussenminister, als er diesen Juni vom Bundeshaus zum Berner Zytglogge-Turm spazierte. Mike Pompeo befand sich auf einer dreitägigen Reise durch die Schweiz. Neben den Personenschützern wich auch sein engster Berater und jahrzehntelanger Freund nicht von seiner Seite: T. Ulrich Brechbühl, seit vergangenem Jahr Pompeos «Counselor of the Departement», einer der wichtigsten Posten im US-Aussenministerium.
Für Schweizer Ohren klingt der Nachname Brechbühl auffällig vertraut, und das ist kein Zufall, wie Recherchen zeigen: Brechbühl oder Brechbuhl, wie man ihn in den USA nennt, ist in der Schweiz geboren.
Die Familie des heute 55-Jährigen stammt ursprünglich aus dem Berner Emmental, wie sein Büro in einer Stellungnahme gegenüber der Redaktion CH Media festhält. Die Brechbühls wanderten in die Vereinigten Staaten aus, als der Sohn noch keine zwei Jahre alt war. Der Vater hatte von seinem Arbeitgeber, einer Schweizer Bank, den Auftrag erhalten, in New York eine Zweigniederlassung zu eröffnen.
Obwohl T. Ulrich Brechbühl mehrheitlich auf der anderen Seite des Atlantiks aufgewachsen ist, beherrscht er Schweizerdeutsch fliessend. Im Alter zwischen sieben und 17 Jahren verbrachte er laut dem US-Aussenministerium jeden zweiten Sommer im Toggenburg auf dem Bauernhof seiner Pateneltern.
«Er spricht ein urchiges Berndeutsch», sagt Martin Naville, Chef der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer, der Brechbühl bei einem Nachtessen in der US-Botschaft in Bern kennenlernte.
Auch die Berner FDP-Nationalrätin und Aussenpolitikerin Christa Markwalder wurde Zeugin von Brechbühls Schweizerdeutsch-Kenntnissen, als sie Pompeo und dessen Entourage durchs Bundeshaus führte.
Ein «Schwiizerdütsch» sprechender Topbeamter, der die Geschicke der US-Aussenpolitik mitbestimmt – das kommt nicht alle Tage vor. Befürworter eines Freihandelsabkommens mit den USA hegen die Hoffnung, dass Brechbühl dem Vertrag zum Durchbruch verhelfen könnte.
Er ist neben US-Botschafter Ed McMullen bereits der zweite amerikanische Regierungsvertreter, der einen direkten Bezug zur Schweiz hat und gleichzeitig über einen Draht in die innersten Zirkel der Trump-Administration verfügt.
Dem Vernehmen nach äusserte sich Brechbühl beim Besuch in Bern positiv zu einem Freihandelsabkommen mit der Schweiz. Handelskammer-Chef Martin Naville zeigt sich überzeugt davon, dass der «Counselor» einen substanziellen Einfluss darauf hat, wie die Trump-Administration die Schweiz wahrnimmt: So habe Pompeo bei seinem Aufenthalt in der Schweiz dank Brechbühl weit mehr über die Begebenheiten in der Alpenrepublik gewusst, als man es von einem viel beschäftigten US-Aussenminister im Normalfall erwarten würde. «Das ist ein gutes Zeichen», sagt Naville.
Aussenminister Pompeo und sein «Counselor» lernten sich in den 1980er-Jahren als junge Männer an der Militärakademie West Point kennen. In den 90er-Jahren schlossen beide ihr Studium an der Harvard-Universität ab, der eine in Betriebswirtschaft, der andere in Jura. 1997 gründeten sie ein Luftfahrt-Unternehmen, danach trennten sich ihre beruflichen Wege. 2011 stieg Mike Pompeo als Kongressabgeordneter in die Politik ein. 2017 wurde er Direktor des Auslandsgeheimdiensts CIA, ein Jahr später US-Aussenminister.
Kurz nach seiner Vereidigung durch Vize-Präsident Mike Pence ernannte Pompeo seinen Militärkollegen mit Schweizer Wurzeln Anfang Mai 2018 zu einem seiner engsten Berater. Als «Counselor» berät Brechbühl Pompeo in allen wichtigen Fragen der US-Aussenpolitik, dient aber auch gegenüber den zahlreichen Büros des Ministeriums als Ansprechpartner. Er führt internationale Verhandlungen durch und wird auf Spezialmissionen geschickt.
Bundesrat Ignazio Cassis traf Brechbühl diesen Februar bei seinem Besuch in Washington. Dieser war beim Treffen mit der Schweizer Delegation anwesend, und er gehörte zu einer Gruppe von vier amerikanischen Persönlichkeiten mit helvetischen Wurzeln, die zu einem Abendessen mit Cassis in der Schweizer Botschaft eingeladen waren.
Das Aussendepartement (EDA) bemüht sich auf Anfrage, Brechbühls Rolle nicht zu überhöhen. Mögliche Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen – zurzeit laufen erst exploratorische Gespräche – würden vom Büro des amerikanischen Handelsbeauftragten geführt und nicht vom US-Aussenministerium. Brechbühls Stellungnahme gegenüber CH Media klingt optimistischer:
Die schweizerisch-amerikanische Handelskammer hat Pompeos Berater diesen November als Redner zu ihrem Board Meeting eingeladen. T. Ulrich Brechbühl hat zugesagt, wie er selber bestätigt. Der Anlass wird allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Ob es im Rahmen des Auftritts auch zu weiteren Treffen mit Vertretern der Schweizer Bundesbehörden kommt, ist unklar. Bis jetzt lägen keine Anfragen aus Washington vor, heisst es beim EDA. (aargauerzeitung.ch)