Trump legte die perfekte Inszenierung hin. Beim Verlassen des Militärspitals Walter Reed zeigte er kurz den Daumen nach oben, dann ging's mit der Panzerlimousine zum Helikopter Marine One.
Kurze Zeit später landete die Maschine vor dem Weissen Haus, Trump stieg die Treppe zum Balkon auf der Südseite der Präsidentenresidenz hoch und nahm dort seine Maske ab. Dann wartete er, bis der Helikopter abhob und salutierte.
So weit so normal.
Nur wenige Stunden später aber meldet er sich via Videobotschaft zurück. Er inszeniert sich als Held, der das Coronavirus überstand, und wendet sich an das US-amerikanische Volk: Fürchtet euch nicht vor Corona, alles kein Problem.
Friede, Freude, Eierkuchen? Man mag es ihm nicht wirklich glauben. Zwar machte er einen fitteren Eindruck als noch tags zuvor, auf anderen Filmaufnahmen bei der Ankunft wirkt Trump aber deutlich weniger fit.
CLOSE-UP: President Trump takes off his mask upon his return to the White House as he posed for photos from the balcony above the South Lawn. https://t.co/5GmHZxDHu1 pic.twitter.com/EYa8wvVejY
— The Hill (@thehill) October 6, 2020
Der US-Präsident war zuvor nach rund drei Tagen aus dem Walter-Reed-Militärkrankenhaus in einem Vorort von Washington entlassen worden. Sein Leibarzt Sean Conley schränkte zwar ein, dass Trump «noch nicht über den Berg» sei. Zugleich betonte er aber, dass der Präsident im Weissen Haus rund um die Uhr die beste medizinische Versorgung bekommen werde.
President Trump leaves Walter Reed to return to the White House just days after going to the hospitalhttps://t.co/MKuj8LHygw pic.twitter.com/5glS29xQqx
— CNN Breaking News (@cnnbrk) October 5, 2020
Trump hatte zuvor bereits via Twitter angekündigt, dass er am Montagabend (Ortszeit) das Walter Reed Medical Center verlassen werde. Er fühle sich richtig gut, schrieb Trump. Seinen Followern riet er: «Habt keine Angst vor Covid. Lasst es nicht euer Leben dominieren.»
Die USA habe unter seiner Administration grossartige Medikamente entwickelt und viel Wissen angereichert, so Trump weiter. «Ich fühle mich besser als vor 20 Jahren!»
I will be leaving the great Walter Reed Medical Center today at 6:30 P.M. Feeling really good! Don’t be afraid of Covid. Don’t let it dominate your life. We have developed, under the Trump Administration, some really great drugs & knowledge. I feel better than I did 20 years ago!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) October 5, 2020
Um 21 Uhr (MESZ) bestätigten Trumps Ärzte die Entlassung des Präsidenten. Trump sei zwar noch nicht ganz über dem Berg, doch im Weissen Haus gebe es ebenfalls eine ausgezeichnete medizinische Versorgung. Die Ärzte sagten, Trump sei ein «phänomenaler Patient», er habe sie «zu nichts gedrängt» und es sei Ihnen eine «Ehre», ihn zu behandeln.
Zu diversen medizinischen Details wollte Trumps Leibarzt Sean Conley wiederum keine Auskunft geben. Mehrere Journalistinnen und Journalisten wollten wissen, wann Trump zum letzten Mal negativ getestet worden sei. Conley verweigerte Mal für Mal die Antwort und brach die Pressekonferenz dann ab.
The WH clearly has a reason to stonewall questions about when Trump's last negative test was. It should be a really straightforward thing to answer. The refusal to provide info suggests Trump either wasn't being tested regularly at all, or had a positive test earlier than known pic.twitter.com/bPwVh0jShQ
— Aaron Rupar (@atrupar) October 5, 2020
Bisher heisst es offiziell stets nur, Trump sei am Donnerstagabend getestet worden und habe in der Nacht zum Freitag sein positives Ergebnis bekommen. Es bleibt unklar, wieso der Zeitpunkt des letzten negativen Tests unter Verschluss gehalten wird.
Nach früheren Angaben wurde Trump jeden Tag getestet. Bekannt wurde, dass er am Donnerstag zu einem Treffen mit Spendern in New Jersey aufbrach, während das Weisse Haus erfuhr, dass seine enge Beraterin Hope Hicks positiv getestet wurde. Die Reise wurde trotzdem nicht abgesagt.
Conley selbst hatte am Samstag für zusätzliche Verunsicherung gesorgt als er sagte, die Diagnose liege 72 Stunden zurück. Das würde auf einen positiven Test am Mittwoch hinweisen. Später korrigierte er sich in einer vom Weissen Haus verbreiteten Mitteilung und erklärte, er habe gemeint, man sei «im dritten Tag» nach der Diagnose.
Trump hatte seine Corona-Infektion am Freitag nach Mitternacht US-Ostküstenzeit bekanntgegeben und war keine 24 Stunden später per Helikopter ins Walter-Reed-Militärkrankenhaus in Bethesda nördlich von Washington gebracht worden. Am Wochenende gab es widersprüchliche Angaben zu seinem Gesundheitszustand. Am Sonntag war klar: Der Zustand des Präsidenten war zwischenzeitlich ernster als zunächst dargestellt. Mit seinen 74 Jahren gehört Trump zu einer Corona-Risikogruppe.
Die Corona-Pandemie hat die USA schwer getroffen. Mehr als 7,4 Millionen Infektionen sind bekannt, mehr als 210'000 Menschen starben seit Beginn. Trump wird immer wieder vorgeworfen, die Gefahr des Virus heruntergespielt zu haben. In den vergangenen Wochen war er viel durchs Land gereist, hielt Wahlkampfauftritte mit Tausenden Anhängern ab und verzichtete dabei nicht auf engen Kontakt mit anderen Menschen. Nach Bekanntwerden von Trumps Infektion wurden zahlreiche Personen aus seinem Umfeld positiv getestet, darunter die Sprecherin des Weissen Hauses, sein Wahlkampfchef, die Vorsitzende der Republikanischen Partei und mehrere US-Senatoren.
Das Weisse Haus hatte Trumps Verlegung ins Krankenhaus am Freitag als reine Vorsichtsmassnahme dargestellt. Trumps Ärzte zeichneten am Samstag ein rosiges Bild des Gesundheitszustand des Präsidenten. Doch wenige Stunde nach seinem positiven Corona-Test hatte Trump am Freitag hohes Fieber und die Sauerstoffsättigung seines Blutes sank unter 94 Prozent, weshalb er zusätzlichen Sauerstoff verabreicht bekam. Am Samstag fiel die Sauerstoffsättigung erneut auf rund 93 Prozent. Wenn der Erreger Sars-CoV-2 die Lunge angreift, wird der Körper schlechter mit Sauerstoff versorgt.
Wegen des vorübergehenden Sauerstoffabfalls bekam Trump das Steroid Dexamethason verabreicht, was die Weltgesundheitsorganisation zur Behandlung von Patienten mit einem schweren Covid-19-Verlauf empfiehlt. Zudem hatte er unter anderem einen Antikörper-Cocktail - eine experimentelle Behandlungsmethode - bekommen und wird mit dem Mittel Remdesivir behandelt. Experten sahen in den Medikamenten Hinweise für einen schweren Verlauf der Erkrankung.
Trump hat sich in der Vergangenheit mit seinem guten Gesundheitszustand gerühmt, der ihm bei den für US-Präsidenten üblichen jährlichen Checks zuletzt im Juni bescheinigt wurde. Ein Krankenhausaufenthalt ist mit diesem Selbstbild nur schwer vereinbar. US-Medienberichten hat er auf eine schnelle Entlassung gedrängt. (jaw/cma/sda)
Die Angehörigen von 200'000+ toten Amerikanern und mehrere 100'000 Infizierte würden da wohl widersprechen.
Und was macht die Firstlady?