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Supreme Court: Ruth Bader Ginsburg verstorben

Supreme-Court-Richterin und US-Justiz-Ikone Ruth Bader Ginsburg verstorben

19.09.2020, 06:11
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Ginsburg verstarb im Kreis ihrer FamilieBild: sda

Die US-amerikanische Justiz-Ikone Ruth Bader Ginsburg ist tot. Die älteste Richterin am höchsten Gericht der Vereinigten Staaten, dem Supreme Court, starb am Freitag im Alter von 87 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung, wie das Gericht in Washington mitteilte.

Sie starb demnach im Kreis ihrer Familie. Der Supreme Court hat eine prägende Rolle für die Gesellschaft und Politik in den USA. Das Gericht verhandelt hoch umstrittene Themen wie Abtreibung, Waffenrecht, Gleichberechtigung und Einwanderung. Nicht selten haben die neun Richter das letzte Wort in Auseinandersetzungen um weichenstellende Gesetze und Verfügungen. Die gefällten Entscheidungen sind häufig von landesweiter Bedeutung und prägen die Auslegung von Gesetzen an unteren Gerichten über Jahre, teils Jahrzehnte.

Lange Krankheitsgeschichte

Ginsburg übte ihr Amt an dem hochpolitischen Gericht bis zuletzt aus und galt als prominenteste Vertreterin des liberalen Flügels. Sie war in diesem Jahr mehrfach kurzzeitig im Spital behandelt worden.

FILE - In this Feb. 6, 2017 file photo, Supreme Court Justice Ruth Bader Ginsburg speaks at Stanford University in Stanford, Calif. The Supreme Court says Ginsburg has died of metastatic pancreatic ca ...
Bild: keystone

Sollte US-Präsident Donald Trump zum dritten Mal in seiner Amtszeit die Chance bekommen, einen Supreme-Court-Richter zu ernennen, könnte er damit das politisch äusserst wichtige Gericht auf Jahre beeinflussen. Der Republikaner hat sich bereits entschlossen gezeigt zu dem Versuch, den Richterposten auch noch in den letzten Monaten seiner aktuellen Amtszeit nachzubesetzen. «Ich würde es machen. Absolut. Ganz sicher», sagte Trump vergangenen Monat in einem Radio-Interview.

Frau in Männerdomäne

Ginsburg war im Jahr 1993 vom damaligen demokratischen US-Präsidenten Bill Clinton für den Supreme Court nominiert worden. Die damals 60-Jährige war die zweite Frau überhaupt an dem Gericht. Auch in ihrer Studienzeit war sie eine der wenigen Frauen in einer Männerdomäne.

Einen Namen machte sich Ginsburg mit ihrer scharfen Argumentationsweise. Bekannt war sie auch als Vorreiterin für Frauen- und Bürgerrechte. Ihr Leben und Wirken ist Gegenstand mehrerer Filme und Bücher. Viele Liberale feiern sie als Ikone. Ihr Gesicht findet sich auf Souvenirs und als Graffiti an Hausfassaden.

FILE - In this June 15, 1993, file photo, President Bill Clinton applauds as Judge Ruth Bader Ginsburg prepares to speak in the Rose Garden of the White House,after the president announced he would no ...
Bild: keystone

Ginsburg hatte sich im August 2019 wegen eines bösartigen Tumors in der Bauchspeicheldrüse einer Strahlentherapie unterziehen müssen. Bereits im Jahr davor war sie an der Lunge operiert worden, nachdem Ärzte zwei bösartige Knoten gefunden hatten. Nach mehreren Spitalaufenthalten teilte sie im Juli 2020 mit, dass sie erneut an Krebs erkrankt sei und sich einer Chemotherapie unterziehe. Konsequenzen für ihren Posten am Supreme Court zog sie keine: «Ich habe oft gesagt, dass ich Mitglied des Gerichts bleiben werde, so lange ich die Arbeit mit voller Kraft erledigen kann», hatte sie bei Bekanntgabe der Erkrankung erklärt.

Die Besetzung eines Richterpostens am Supreme Court ist ein grosses Politikum. Mit der Ernennung kann der Präsident die Linie des obersten Gerichts mit seinen neun Richterstellen auf viele Jahre hinaus beeinflussen, denn die Richter werden auf Lebenszeit gewählt. Schon jetzt hat das oberste Gericht ein konservatives Übergewicht. Mit dem Tod Ginsburgs könnte sich dieses womöglich für lange Zeit festigen.

Streit um Nachfolge

Derzeit gelten fünf Richter als konservativ, nach Ginsburgs Tod verbleiben noch drei im liberalen Block. Trump ernannte während seiner Amtszeit Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh. Die Berufung Kavanaughs war wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe in den 1980er Jahren heftig umstritten.

FILE - In this Jan. 25, 2011, file photo, President Barack Obama hugs Supreme Court Justice Ruth Bader Ginsburg on Capitol Hill in Washington, prior to delivering his State of the Union address. From  ...
Bild: keystone

Trump würdigte die verstorbene Richterin umgehend als «Titanin des Rechts». Mit ihren Urteilen unter anderem zur Gleichberechtigung von Frauen und Menschen mit Behinderungen habe sie «alle Amerikaner und Generationen grossartiger juristischer Denker inspiriert», erklärte Trump in der Nacht zum Samstag bei Twitter.

Der US-Präsident äusserte sich wie schon in einer ersten knappen Reaktion vor Fernsehkameras nicht dazu, ob er noch in seiner im Januar ablaufenden aktuellen Amtszeit oder gar vor der US-Präsidentschaftswahl am 3. November jemanden für Ginsburgs Position nominieren werde. Die Republikaner im US-Senat zeigten sich unabhängig davon bereits bereit dazu, über einen Kandidaten Trumps abzustimmen.

Der demokratische US-Präsidentschaftskandidat Joe Biden rief dagegen dazu auf, in der aktuellen Amtszeit von Präsident Trump keinen Nachfolger für die verstorbene Richterin Ginsburg am Obersten Gericht der USA zu ernennen. «Ohne Zweifel sollten die Wähler den Präsidenten aussuchen, und der Präsident sollte den Richter dem Senat vorschlagen», sagte Biden am Freitag über die Reihenfolge der zu treffenden Entscheidungen. Das sei die Position, die der Senat einnehmen müsse. (aeg/sda/dpa)

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34 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jein
19.09.2020 06:37registriert August 2017
Mitch McConnell hat ja im März 2016 nach dem Tod von Justice Scalia gesagt das in Wahljahren keine Supreme Court Justices ernannt werden und die Wahl erfolgreich bis zur Wahl Trumps ausgestellt, also wird er jetzt 6 Wochen vor der Wahl doch sicher seinem Präzedenzfall folgen denn er ist doch ein Ehrenmann...

...nevermind, wenige Stunden nach Bekanntgabe des Tods von RBG sagt Mitch schon das er Trumps Nomination noch vor der Wahl ins Trockene bringen will.
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Amadeus
19.09.2020 06:56registriert September 2015
Jetzt wird der Wahlkampf richtig dreckig. Mal schauen ob sich die GOP an ihre eigenen Prinzipien von 2016 hält. Keine Nominierung von Richtern im Wahljahr.

Wird sie natürlich nicht.
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bebby
19.09.2020 07:07registriert Februar 2014
Richter sind letztlich unabhängig und versuchen manchmal gar ihre Unabhängigkeit zu beweisen, indem sie anders entscheiden, als von ihnen erwartet. Man kann da nicht schwarz und weiss malen.
Das spezielle Problem bei Trump ist, dass er oft keine qualifizierten Personen auswählt bei Ernennungen, das ist viel schlimmer.
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