Mit einem Überraschungscoup am G7-Gipfeltreffen will der französische Präsident Emmanuel Macron wieder Bewegung in den Iran-Konflikt zu bringen. Von den übrigen Gipfel-Teilnehmern unerwartet traf der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif am Sonntag zu dem Treffen der reichen Industrieländer (G7) im französischen Biarritz ein.
Macron traf sich am Sonntagabend selbst mit Sarif. Der iranische Aussenminister schrieb auf Twitter mit Blick auf eine Annäherung, das werde ein schwerer Weg. Nach dem Gespräch mit Macron seien Deutschland und Grossbritannien informiert worden, erklärte Sarif.
Die Visite wirbelt das dreitägige Treffen der Staats- und Regierungschefs kräftig durcheinander. Es war zuvor schon von Differenzen mit US-Präsident Donald Trump überschattet.
Die Einladung Sarifs ist riskant, weil die USA den Iran als Feind ansehen und keine diplomatischen Beziehungen pflegen. US-Präsident Donald Trump wirft Teheran vor, sich zum Beispiel in Syrien oder im Jemen aggressiv in regionale Konflikte einzumischen. Trump setzt nun wieder auf eine Politik des «maximalen Drucks» gegen den Iran.
Die Iran-Krise ist neben dem Handelskrieg der USA mit China und dessen schädlichen Folgen für die Weltwirtschaft, dem Umgang mit Russland und dem Brexit eines der Hauptthemen. Mit der US-amerikanischen Delegation werde Sarif sich aber nicht treffen, hiess es aus Teheran.
Nach der Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch Trump hatten sich die Spannungen mit dem Iran, aber auch die Differenzen mit den Europäern über den richtigen Kurs gegenüber Teheran verschärft. Die Wiedereinführung von Sanktionen hat bislang aber nur die Spannungen in der Region angeheizt.
Die Staats- und Regierungschefs des mächtigen Staatenclubs hatten bereits am Samstagabend über mögliche Lösungen in der Iran-Krise beraten. Macron sagte, alle G7-Mitglieder wollten Stabilität und den Frieden in der Region. Initiativen zur Beruhigung der Lage sollten weitergeführt werden. Der französische Präsident ist derzeit Vorsitzender des G7-Staatenclubs.
Trump sagte aber auch, dass er nichts gegen einen solchen Schritt hätte. «Wir können Menschen nicht davon abhalten zu reden. Wenn sie reden wollen, können sie reden.»
Im Streit der Europäischen Union mit Boris Johnson stärkte Trump dem neuen britischen Premierminister den Rücken für den Austritt aus der EU. «Er ist der richtige Mann für den Job», sagte Trump bei einem Frühstück mit Johnson und stellte ihm ein schnelles, umfassendes Handelsabkommen mit den USA in Aussicht.
Im Ringen um eine Beilegung des Brexit-Streits brachte die erste Teilnahme Johnsons an einem G7-Gipfel allerdings keine Fortschritte. Nach Angaben aus EU-Kreisen kam Johnson ohne neue Vorschläge zu einem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk, das aber in «sehr positiver Atmosphäre» verlaufen sei.
Uneinigkeit gab es auch über eine Wiederaufnahme Russlands in den G7-Club, die der US-Präsident als «vorteilhaft und positiv» befürwortete. Das von Präsident Wladimir Putin regierte Land war nach der Krim-Annexion 2014 ausgeschlossen worden. Mit seinem Anliegen erhielt Trump aber eine Abfuhr, da vor allem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Macron gegen eine Wiederaufnahme sind, solange Putin in der Ukraine kein Entgegenkommen zeigt.
Der Gastgeber des Gipfels hatte die Waldbrände wegen der Bedeutung des Amazonasgebietes für den Klimawandel spontan auf die Tagesordnung gehoben. Daraufhin hatte sich der rechtsnationalistische brasilianische Präsident Jair Bolsonaro gegen eine Einmischung und Ratschläge aus dem Ausland gewehrt. Umweltschützer werfen ihm vor, ein politisches Klima geschaffen zu haben, in dem Brandrodungen geduldet werden.
In Brasilien wüten die schwersten Waldbrände seit Jahren. Insgesamt wurden über 70'000 Brände registriert. Die Europäer erhöhten den Druck auf Bolsonaro, indem das grundsätzlich vereinbarte Freihandelsabkommen der Europäischen Union mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten infrage gestellt wird.
Differenzen gab es auch über den Handelskrieg der USA mit China, der die ohnehin schwächelnde Weltwirtschaft bremst. Trump zeigte keine Kompromissbereitschaft, während andere G7-Partner ihre Ablehnung von Strafzöllen als handelspolitisches Werkzeug bekräftigten.
Demonstrativ verkündete Trump mit dem japanischen Ministerpräsidenten eine Grundsatzeinigung über ein bilaterales Handelsabkommen, dem zähe Verhandlungen vorausgegangen waren. Die grösste Volkswirtschaft USA und Japan, die drittgrösste Wirtschaftsnation, wollen damit ihre Märkte für die Waren des jeweils anderen weiter öffnen.
Der G7 gehören die USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Italien und Japan an. Am Gipfeltreffen in Biarritz nimmt auch die Europäische Union teil. (sda/dpa/afp)