Sag das doch deinen Freunden!
Ein Nationalpark im Westen der USA wird zur Nahkampfzone. Im Bundesstaat Oregon hat eine militante Miliz die Zentrale des Nationalparks besetzt. Sie behauptet, bis zu 150 Unterstützer zu haben. Vordergründig wollen die teils bewaffneten Männer zwei Viehzüchter unterstützen, die wegen Brandstiftung im Gefängnis sitzen. Hinter der Aktion steckt tief sitzender Hass gegen die Regierung in Washington und ein seit über 20 Jahren schwelender Konflikt zwischen modernen Cowboys und dem Staat.
Die Besetzung begann am Samstag, nachdem rund 300 Personen – auswärtige Milizen und lokale Bürger – durch die Strassen der Stadt Burns gezogen waren, um sich für den 73-jährigen Dwight Hammond und seinen 46-jährigen Sohn Steven Hammond einzusetzen. Den beiden wird laut Medienberichten angelastet, auf Boden der Bundesregierung ein Feuer gelegt zu haben, um Spuren von Wilderei zu verwischen. Der Vater sass demnach bereits drei Monate im Gefängnis, sein Sohn ein Jahr. Ein Richter ordnete nun aber noch einmal jeweils rund vier Jahre Haft an.
Zu den Besetzern des Nationalparkgebäudes zählen Ammon Bundy, der Sohn des berüchtigten Ranchers Cliven Bundy sowie zwei seiner Brüder. In einem auf Facebook publizierten Video fordern sie das Gebiet des Nationalparks, das in Besitz des Staates ist, für die Nutzung durch die Farmer zurück.
Im Telefoninterview mit CNN sagten Ammon Bundy und sein Bruder Ryan Bundy, sie wollten niemanden verletzen. Sie würden jedoch nicht ausschliessen, Gewalt anzuwenden, sollte die Polizei versuchen, das Gebäude zu räumen. Die bewaffneten Milizionäre wollen dort so lange bleiben, «wie es nötig ist – Tage, Wochen, oder sogar noch länger».
I talked to Ryan Bundy on the phone again. He said they're willing to kill and be killed if necessary. #OregonUnderAttack
— Ian Kullgren (@IanKullgren) 3. Januar 2016
This is as close as I was allowed to get to the armed militia occupying the Malheur Wildlife Refuge HQ. #burnsoregon pic.twitter.com/DPztu0VsVU
— Jason Wilson (@jason_a_w) 3. Januar 2016
Der Nationalpark solle für immer geschlossen werden und die Regierung müsse das Land an die Viehzüchter zurückgeben, lautet ihre Botschaft. Die Brüder sagten weiter, sie seien bereit zu kämpfen und notfalls zu sterben, um ihre Forderungen durchzusetzen.
Dass dies keine leere Drohung ist, zeigt die jüngste Vergangenheit: Der Vater der Bundy-Brüder, Cliven Bundy, galt in den USA lange als Patriot und Freiheitskämpfer, entpuppte sich aber zuletzt als Rassist. Mit seinen Anti-Regierungsparolen ist er Dauergast auf dem konservativen TV-Sender Fox News. Der Vater von 14 Kindern befindet sich seit 1993 im Clinch mit der Regierung in Washington, die er allerdings nicht anerkennt.
Um was geht es überhaupt? Seit über 20 Jahren treibt der Cowboy seine Viehherde von bis zu 900 Rindern auf ein etwa 650 Quadratkilometer grosses Stück Prärie in der Nähe von Las Vegas, das Eigentum des Staates ist. Dafür schuldet er dem Staat inzwischen Weidegebühren in der Höhe von über 1,1 Millionen US-Dollar. 2014 riss den Behörden endgültig der Geduldsfaden. Mehrere 100 Bundespolizisten fingen knapp 400 Tiere ein und behielten sie als Pfand. Hunderte Regierungsgegner, auch schwer bewaffnete Milizen, pilgerten daraufhin nach Bunkerville, um Bundy zu unterstützen.
In Bunkerville bei Las Vegas kam es im April 2014 zum Showdown, den Die Welt so beschrieb: «Den Bundy-Anhängern standen 200 Bundespolizisten gegenüber, die von Scharfschützen und insgesamt neun Helikoptern unterstützt wurden. Fast eine Woche dauerte der Stand-off, dann liess die Regierung die Rinder wieder frei.» Ein Rückzug, der von den Gegnern Washingtons als Sieg gefeiert wurde, den Steuerzahler aber drei Millionen Dollar gekostet haben soll.
Die Bundys tingeln als moderne Cowboys durch das Land, um ihrer Meinung nach von der Regierung in Washington unterdrückte Farmer zu unterstützen. Sie sind davon überzeugt, einen gerechten Kampf gegen die «tyrannische» Regierung zu führen, die unbescholtene Farmer enteignet haben soll. Die Bundys und weitere Milizionäre nutzen das aktuelle Gerichtsverfahren wegen Brandrodung gegen die Viehzüchter Hammond, um sich in Szene zu setzen. Die lokale Bevölkerung hegt laut US-Medien teils Sympathien für den Anti-Regierungskampf der Miliz, ihre Gewaltbereitschaft stösst indes auf breite Ablehnung. «Das sind Leute, die bereit sind zu schiessen», sagte der lokale Feuerwehrchef der Zeitung The Oregonian, «und das will ich hier nicht».
Momentan ist unklar, wie viele Besetzer vor Ort sind und wie schwer sie bewaffnet sind. Laut US-Medien traten einige der Männer schon beim Duell mit den Bundespolizisten vor zwei Jahren in Erscheinung. Anlass zu Sorge gibt zudem ein Video auf YouTube: Veröffentlicht wurde es am 31. Dezember von Jon Ritzheimer, einem ehemaligen US-Marine, der wegen anti-muslimischer Rhetorik und Aktivitäten seit November 2015 auf der Beobachtungsliste des FBI steht. Im Video scheint er sich von seiner Familie zu verabschieden und erklärt, warum er sich verpflichtet fühle, den Kampf gegen die US-Regierung in Oregon zu unterstützen:
Ein Reporter des britischen «Guardian» berichtet, er sei bei seiner Recherche von einem Mann mit Spitzbart aufgehalten worden, der mit einem Gewehr vom Typ AR-15 bewaffnet war, der zivilen Variante des amerikanischen Militärgewehrs M16.
Im Bezirk Burns im Westen der USA sollen die Schulen vorerst aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben.