Joe Biden verkörpert den Pragmatismus der Mitte. Er will «Reiche nicht dämonisieren» und gleichzeitig einen «revolutionären institutionellen Wandel» herbeiführen. Wie er sich als Präsident der Vereinigten Staaten in diesem Spannungsfeld bewegen will, hat er vielfach angekündigt. Seine wichtigsten Wahlversprechen in der Übersicht.
Biden hat versprochen, kostenlose Sars-CoV-2-Tests für die Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Er will zusätzliche 100'000 Stellen schaffen, um das Contact Tracing besser zu gewährleisten. Zudem sollen die Gouverneure der einzelnen Bundesstaaten eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit durchsetzen, solange die Pandemie andauert.
2017 ist Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgetreten. Das will Biden rückgängig machen. Und zwar an seinem ersten Tag im Oval Office, wie er während seinem Wahlkampf immer wieder betonte. Zudem will er noch vor seinem 100. Tag im Amt einen Weltklimagipfel einberufen – als symbolische Geste für den Personalwechsel im Weissen Haus.
Die Treibhausgasemissionen der USA sollen gemäss Bidens Plan bis 2050 netto auf null sinken. Erreicht werden soll dieses Ziel über staatliche Investitionen in erneuerbare Energien, um fossile Brennstoffe schrittweise zu ersetzen. Den radikaleren Vorschlag eines «Green New Deal» von der New Yorker Abgeordneten Alexandria Ocasio-Cortez findet er zu teuer. Ausgeben will er aber zwei Billionen Dollar unter anderem für den Bau von Ladestationen für Elektroautos. Mit der Modernisierung der Infrastruktur würden gut zehn Millionen Jobs geschaffen.
Einen Fracking-Stopp, wie ihn linke Demokraten fordern, lehnt Biden ab. Wohl auch aus Angst, Unterstützerinnen und Unterstützer zu verlieren. Gerade in Pennsylvania, einem der am härtesten umkämpften Swing States, gehört die Erdgasförderung zu einem wichtigen Wirtschaftszweig. Diese Leute will Biden offenbar nicht gegen sich aufbringen.
Die Frage wird nun sein: Kann Biden sein grünes Konjunkturprogramm überhaupt verwirklichen? Denn die Staatsausgaben müssen vom Kongress abgesegnet werden. Je nach Konstellation im Abgeordnetenhaus und Senat könnte das schwierig werden.
Kinder aus Familien, die jährlich ein kleineres Einkommen als 125'000 Dollar haben, sollen künftig gratis studieren können. An Community Colleges, wo ein Bachelor bereits in zwei Jahren gemacht werden kann, sollen die Studiengebühren komplett erlassen werden. So zumindest Bidens Wahlversprechen.
Wer einen Studienkredit aufgenommen hat, dem sollen 10'000 Dollar pro Person erlassen werden.
Biden hat versprochen, Barack Obamas Gesundheitsreform zu erweitern. Dazu sollen Millionen von Menschen eine Krankenversicherung erhalten. Nach wie vor waren viele bisher nie in ihrem Leben versichert oder aber sie haben wegen der Corona-Krise nicht nur ihre Arbeit, sondern auch die an ihren Arbeitgeber gekoppelte Police verloren. Biden will das ändern.
Sanders forderte «Medicare for All» und wollte die private Krankenversicherung durch ein steuerfinanziertes System ersetzen. Biden findet diese Lösung zu teuer. Er will allerdings das Eintrittsalter für Medicare, die staatliche Gesundheitsfürsorge für Senioren ab 65 Jahren, auf 60 Jahre senken.
Wer viel verdient, soll mehr Steuern zahlen. Das will Biden nach seiner Wahl umsetzen. Dazu will er den Spitzensatz der Einkommenssteuer von 37 auf 39,6 Prozent anheben. Damit ist er wieder gleich hoch, wie vor der Steuersenkung, die Trump vornahm.
Zusätzlich soll jeder, der mehr als 400'000 Dollar pro Jahr verdient, einen Zusatzbetrag zahlen. Bei einem Einkommen über einer Million Dollar würden Kapitalerträge nach dem persönlichen Steuersatz besteuert. Nicht mehr wie bisher mit maximal 20 Prozent. Die Unternehmensteuer soll von 21 auf 28 Prozent klettern. Firmen, die Arbeitsplätze ins Ausland verlegen, haben mit einer Strafsteuer zu rechnen.
Biden will Marihuana legalisieren und plädiert dafür, Strafen zu reduzieren, mit denen schon der Besitz kleiner Mengen bestimmter Drogen geahndet wird. Von diesen Strafen betroffen sind überproportional oft schwarze Amerikaner.
Kritisch gegenüber steht Biden der Forderung «Defund the Police». Nach dem Tod von George Floyds skandierten Demonstrierende immer wieder, man solle der Polizei die Finanzierung entziehen. Biden hingegen findet, der Fokus müsse auf einer Verbesserung der Ausbildung liegen.
Biden kündigte an, er wolle das Verhältnis zu den Verbündeten reparieren, die Trump in den letzten Jahren oft vor den Kopf gestossen hat. Er will die Mehrheit der US-Truppen aus dem Ausland zurückholen und die Nato wieder aufwerten. Im Streit mit dem Iran will er deeskalierend wirken.
Gegenüber China wird Biden einen härteren Kurs fahren, als Obama. Genauere Details sind aber schwammig. Beispielsweise ist unklar, ob Biden die von Trump eingeführten Importzölle aufheben wird. Stärker positionieren will er sich bei der Verfolgung der Uiguren, dem rigiden Vorgehen gegen die Demokratiebewegung in Hongkong und der Missachtung der Menschenrechte. Auch dem russischen Präsidenten Wladimir Putin will Biden weniger durchgehen lassen als Trump.
(sar)