International
Terrorismus

Über 200 Tote bei Anschlägen in Sri Lanka – die wichtigsten Fakten

epa07520426 People light candles as they condemn the deadly bomb blasts in Sri Lanka, during a protest in Karachi, Pakistan, 21 April 2019. According to police at least 207 people were killed and more ...
Ein Land in Trauer: Bei einer Anschlagsserie in Sri Lanka sterben mindestens 290 Menschen.Bild: EPA/EPA

Anschläge in Sri Lanka: Zahl der Todesopfer steigt auf 290, über 500 Verletzte

Eine Anschlagserie zu Ostern erschüttert den Inselstaat im Indischen Ozean. Unter den Opfern sind auch 32 Ausländer aus acht Staaten.
21.04.2019, 16:2522.04.2019, 14:21
Mehr «International»

Was ist passiert?

Bei einer verheerenden Anschlagsserie auf christliche Kirchen und Hotels sind am Ostersonntag in Sri Lanka nach Polizeiangaben mindestens 290 Menschen getötet worden. Unter den Opfern sind auch 32 Ausländer aus 8 Staaten.

Bei den koordinierten Explosionen wurden ausserdem mehr als 550 Menschen verletzt.

Der südasiatische Inselstaat mit seinen tropischen Stränden ist ein beliebtes Touristenziel. Dort hat es seit Jahren keinen grösseren Anschlag gegeben. 2009 war ein 26 Jahre dauernder Bürgerkrieg zu Ende gegangen. Nur etwa sieben Prozent der Bevölkerung Sri Lankas sind Christen. Die Mehrheit sind Buddhisten.

Welche Ziele wurden attackiert?

Am Vormittag erschütterten zunächst mehrere Explosionen binnen kurzer Zeit drei Luxushotels und drei Kirchen, in denen gerade der Ostergottesdienst gefeiert wurde.

Bei den Kirchen, die Ziel der Anschläge wurden, handelte es sich um die St.-Antonius-Kirche in der Hauptstadt Colombo, die St.-Sebastians-Kirche im rund 30 Kilometer von der Hauptstadt entfernten Negombo sowie die Zionskirche in Batticaloa, rund 250 Kilometer östlich von Colombo.

In den Kirchen fanden gerade Ostergottesdienste statt. Dort gab es die meisten Opfer. Nach Polizeiangaben wurde die Attacke auf die Kirche in Negombo vermutlich von einem Selbstmordattentäter ausgeführt.

Ausserdem gab es Explosionen in den Fünf-Sterne-Hotels Shangri-La, Cinnamon Grand und Kingsbury in Colombo. Dort sollen auch Ausländer verletzt worden sein. Später wurde eine siebte Explosion in einem kleinen Hotel in einem Vorort Colombos mit zwei Toten gemeldet.

Eine achte Explosion ereignete sich am Nachmittag in einer Wohngegend in Dematagoda, einem anderen Vorort der Hauptstadt. Dort starben nach Angaben der Polizei auch zwei Kinder. Zudem wurden drei Polizisten von einer einstürzenden Wand erschlagen.

Reaktionen auf die Terroranschläge

1 / 17
Terroranschläge zu Ostern in Sri Lanka
Die Anschlagsserie in Sri Lanka auf Kirchen und Hotels hat weltweit Entsetzen und Empörung ausgelöst. Religiöse Führer und Politiker verurteilten die Angriffe, bei denen am Ostersonntag mehr als 310 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt wurden. Unter den Todesopfern waren auch Ausländer.
quelle: ap/ap / rohan karunarathne
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Wer steckt hinter den Anschlägen?

Der Regierungschef von Sri Lanka, Ranil Wickremesinghe, sprach von «feigen Angriffen». Die Anschläge «zielten klar darauf ab, das Land zu destabilisieren».

Zunächst bekannte sich niemand zu den Angriffen. Staatspräsident Maithripala Sirisena, der auch Verteidigungsminister ist, sagte, die Streitkräfte und die Polizei gingen der «Verschwörung» auf den Grund. Die Oberbefehlshaber der Streitkräfte trafen mehrere Minister zu einer Krisensitzung.

Der stellvertretende Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene sprach von einem «terroristischen Vorfall» und machte «extremistische Gruppen» für die Bluttaten verantwortlich. Die Verantwortlichen seien identifiziert.

Bei einem Selbstmordattentäter, der sich im Cinnamon Grand Hotel beim Frühstücksbuffet in die Luft sprengte, handelte es sich laut einem Agenturbericht um einen namentlich bekannten Mann aus Sri Lanka. Er soll sich als Mohamed Azzam Mohamed im Hotel registriert haben.

Gab es bereits Verhaftungen?

Nach Angaben der Polizei vom Abend gab es inzwischen 13 Festnahmen. Wie Premierminister Ranil Wickremesinghe in einer Fernsehansprache sagte, stammten offenbar alle bislang Festgenommenen aus Sri Lanka.

Auch lagen Sri Lankas Geheimdienst Hinweise auf einen möglichen Anschlag vor. Es müsse untersucht werden, warum keine entsprechenden Massnahmen ergriffen worden seien, sagte Wickremesinghe.

Was unternimmt die Regierung sonst noch?

Der Verteidigungsminister verhängte eine landesweite Ausgangssperre, die bis zum frühen Montagmorgen gelten sollte. Zudem sperrte die Regierung nach seinen Angaben vorübergehend den Zugang zu sozialen Medien. Die Schulen sollten die kommenden zwei Tage geschlossen bleiben, die Universitäten unbefristet.

Die Regierung von Sri Lanka hat mehrere Plattformen, darunter WhatsApp, Facebook, Instagram und YouTube blockiert. Auf diese Weise solle die Verbreitung von Falschinformationen verhindert werden, berichtete die «Washington Post».

Von der Blockade seien nicht alle Social-Media-Plattformen vollumfänglich erfasst worden, schreibt futurezone.at. Und trotz der Sperre habe das Centre for Policy Alternatives in Sri Lankas Hauptstadt Colombo das Auftauchen neuer Profile etwa bei Twitter registriert, die versuchten, Fake News und Gerüchte zu den Anschlägen zu verbreiten.

Wie viele Opfer sind zu beklagen?

Die Explosionen entfalteten eine zerstörerische Wucht. Mindestens 64 Menschen wurden laut dem Polizeivertreter am Vormittag bei Detonationen in drei Luxushotels und der historischen St.-Antonius-Kirche in Colombo getötet. Dort wurde gerade die Ostermesse gefeiert.

Mindestens 67 weitere starben in der St.-Sebastians-Kirche des nahe von Colombo gelegenen Orts Negombo. 25 weitere wurden in einer Kirche in Batticaloa im Osten des Landes getötet. Auch hier gingen die Sprengsätze während der Osterfeierlichkeiten hoch.

Am Nachmittag wurden dann mindestens zwei weitere Menschen bei einer siebten Explosion in einem Hotel in einem Vorort Colombos getötet. Eine achte Explosion ereignete sich kurz darauf in einem anderen Vorort: Dort riss ein Selbstmordattentäter nach Polizeiangaben drei Polizisten mit in den Tod.

Bei den koordinierten Explosionen wurden ausserdem mehr als 500 Menschen verletzt, wie Sprecher von sieben örtlichen Spitälern der Nachrichtenagentur DPA sagten.

Sind auch Schweizer betroffen?

Schweizer Bürger sind nach bisherigen Kenntnisstand nicht unter den Opfern, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) auf Anfrage mitteilte. Man stehe in Kontakt mit lokalen Behörden und werde laufend informiert. Der südasiatische Inselstaat ist ein beliebtes Touristenziel.

Unter den Todesopfern sind nach Angaben der Tourismusbehörde 32 Ausländer aus acht Staaten. Dazu gehörten Bürger Indiens, der USA, Grossbritanniens, Portugals, Chinas, der Niederlande, Belgiens und der Türkei.

Das dänische Aussenministerium teilte in Kopenhagen mit, dass auch drei Dänen unter den Toten seien. Sie waren in der Auflistung der Tourismusbehörde zuvor nicht genannt worden.

US-Aussenminister Mike Pompeo sprach von mehreren US-Bürgern unter den Opfern. Der niederländische Aussenminister Stef Blok bestätigte den Tod eines Landsmannes.

Die portugiesische Nachrichtenagentur Lusa meldete ein portugiesisches Opfer. Nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolou sollen auch zwei Türken getötet worden sein, nach Angaben aus Peking starben auch zwei Chinesen.

A Sri Lankan man walks across a deserted street during a curfew in Colombo, Sri Lanka, Sunday, April 21, 2019. More than two hundred people were killed and hundreds more injured in eight blasts that r ...
Bild: AP

Wie reagiert die internationale Politik?

Führende Politiker aus aller Welt verurteilten die Anschläge. Bundespräsident Ueli Maurer liess via Twitter verlauten:

«Im Namen des Bundesrats verurteile ich die schweren Angriffe auf religiöse Feiern in Colombo. Den Angehörigen der Opfer und den Behörden Sri Lankas spreche ich mein tief empfundenes Mitgefühl aus.»

Nationalratspräsidentin Marina Carobbio und Ständeratspräsident Jean-René Fournier erfuhren «mit Trauer und Bestürzung» von den Anschlägen in Skri Lanka, wie die Parlamentsdienste via Twitter mitteilten. Carobbio und Fournier verurteilten Intoleranz und religiösen Hass.

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel schrieb in einem Kondolenztelegramm: "«Religiöser Hass und Intoleranz, die sich heute auf so schreckliche Weise manifestiert haben, dürfen nicht siegen.»

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter, es handle sich um «abscheuliche Taten». Der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einem «grausamen und zynischen Verbrechen». Israels Staatspräsident Reuven Rivlin äusserte sich ähnlich. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb: «Das ist ein Angriff auf die gesamte Menschheit.»

Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez twitterte: Der Tod «Dutzender Menschen, die Ostern feierten, bringt uns zum Weinen». Die britische Premierministerin Theresa May forderte: «Wir müssen zusammenhalten und sicherstellen, dass niemand seinen Glauben in Furcht praktizieren muss.»

Papst Franziskus gedachte in der Ostermesse der Opfer der Anschläge. Vor zehntausenden Gläubigen auf dem Petersplatz in Rom sprach er von einem «dramatischen Ereignis» und sprach den Opfern seine «innige Nähe aus».

(dsc/sda/afp/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Tricks der Terroristen
1 / 11
Die Tricks der Terroristen
Briefbomben gehören zum Standardrepertoire des Terrors. In den letzten Jahren verübten italienische Öko-Extremisten auf diese Weise mehrfach Anschläge auf Schweizer Ziele.
quelle: ap / repro:ronald zak
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Retter haben genug vom «Gaffertourismus»
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
22 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Le_Raclette
21.04.2019 17:34registriert Dezember 2018
Die Konsequenzen für die Bevölkerung werden mir zu sehr im Vorbeigehen erwähnt. Die Sperrung der sozialen Medien verurteilte ich nicht nur wenn Erdogan dahinter steckt und Ausgangssperren sind mir ebenfalls zu repressiv. Der Spinner von Neuseeland hat in seinem Manifest ja ebenfalls davon gelabert, dass er weitere Restriktionen begrüsst, weil dadurch die Spannung steigt und jegliche Spaltung vorangetrieben wird.
8931
Melden
Zum Kommentar
avatar
America is back. But is it really??
21.04.2019 21:41registriert März 2019
Einer der sri-lankischen Bomber, Mohamed Azzam Mohamed, stand am Frühstücksbuffet Schlange, bevor er Sprengstoff zündete.
484
Melden
Zum Kommentar
22
Brigitte Macron soll ein Mann sein: Politische Desinformation kennt keine Grenzen mehr
Frankreichs First Lady ein Mann? Emmanuel Macron schwul? Und dazu im Griff der Rothschilds? Nach der Häufung wildester Fake News geht der französische Präsident erstmals in den Gegenangriff.

Emmanuel Macron zieht die Verschwörungstheoretiker seit langem an. Vor seiner ersten Wahl im Jahr 2017 zirkulierte die Falschmeldung, der Ex-Rothschild-Banker bleibe der jüdischen Bankerfamilie verpflichtet: Als Präsident verdiene er zu wenig Geld, um die hohen Steuern seiner lukrativen Rothschild-Jahre bezahlen zu können.

Zur Story