International
Schweiz

Erstmals mehr als 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht

Erstmals mehr als 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht

19.06.2019, 09:4819.06.2019, 09:59
Mehr «International»

Flüchtlinge kämpfen gegen Grenzen

1 / 15
Flüchtlinge kämpfen gegen Grenzen
15. September, Istanbul, Esenler Busbahnhof: Die Regierung hält Tickets an die Grenze zurück, Flüchtlinge protestieren.
quelle: getty images europe / ahmet sik
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Immer neue Krisen, keine Lösungen: Die Zahl der Flüchtlinge weltweit wächst auf einen neuen Rekord. Laut einem Uno-Bericht gab es im vergangenen Jahr weltweit 70.8 Millionen Flüchtlinge, Vertriebene und Asylbewerber.

Das seien 2.3 Millionen mehr als ein Jahr zuvor und doppelt so viele wie vor 20 Jahren, erklärte Uno-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi am Mittwoch. Es ist zugleich die höchste Zahl von Flüchtlingen, die das Uno-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) seit seiner Gründung im Jahr 1950 gezählt hat.

Aus dem jährlichen Flüchtlingsbericht «Global Trends», der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde, geht hervor, dass es sich bei 41.3 Millionen Flüchtlingen um Binnenvertriebene handelt. 25.9 Millionen Menschen sind vor Krieg und Verfolgung aus ihrem Land geflohen, ein Plus von 500'000 im Vergleich zum Vorjahr. Die kleinste Gruppe bilden 3.5 Millionen Asylbewerber, die noch auf eine Entscheidung über ihr Asylgesuch warten.

Vier von fünf Geflüchteten kamen in Nachbarländern unter, nicht in Europa oder den USA, wie Grandi betonte. Die grösste Bürde trügen nicht die westlichen Länder, in denen viele Politiker heute von einer Krise sprächen, die nicht mehr zu bewältigen sei.

Reiche Länder haben nach UNHCR-Angaben zusammen 16 Prozent der Flüchtlinge aufgenommen. Ein Drittel der Flüchtlinge weltweit habe Zuflucht in den ärmsten Ländern gefunden.

«Krise der Solidarität»

Die Daten «unterstreichen, dass die Zahl der vor Krieg, Konflikten und Verfolgung fliehenden Menschen langfristig steigt», erklärte Flüchtlingskommissar Grandi. Er kritisierte eine «Krise der Solidarität». Die Welt sei zunehmend polarisiert: «Der Uno-Sicherheitsrat kann nicht einmal mehr gemeinsame Positionen finden, wenn es um humanitäre Fragen geht.»

Es gebe trotz einer oft vergifteten Sprache im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Migranten aber auch «phantastische Beispiele von Grossmut». «Auf diesen positiven Beispielen müssen wir aufbauen und unsere Solidarität für die vielen Tausenden, die jeden Tag vertrieben werden, verdoppeln», forderte Grandi.

Die grösste Zahl Flüchtlinge wurden wie in den Jahren zuvor von der Türkei aufgenommen (3.7 Millionen), gefolgt von Pakistan (1.4 Millionen), Uganda (1.2 Millionen), Sudan und Deutschland (beide 1.1 Millionen).

Meiste Eritreer in Äthiopien

Der Bericht nennt auch Zahlen zur Schweiz: Demnach lebten im Land im vergangenen Jahr 16'600 geflüchtete Syrerinnen und Syrer, 12'300 Afghaninnen und Afghanen sowie 34'100 Eritreerinnen und Eritreer.

ARCHIVBILD - ZUM THEMA ASYLGESETZ AENDERUNG AN DER SOMMERSESSION DER EIDGENOESSISCHEN RAETE AM MITTWOCH, 12. JUNI 2019, STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - An asylum seeker shows ...
Bild: KEYSTONE

Eritrea wird in der Reihe der wichtigsten Herkunftsländer als neuntes bezeichnet. Wichtigste Zufluchtsländer von Geflüchteten aus Eritrea sind das Nachbarland Äthiopien, Sudan und Deutschland - dahinter folgt in dem Bericht die Schweiz.

Die Zahl der neuen Asylanträge von Venezolanern ist nach UNHCR-Angaben auf 350'000 explodiert. Das sind mehr als drei mal so viele wie im Jahr davor. Venezolaner machten damit ein Fünftel aller neuen Anträge weltweit aus, und sie waren mit Abstand die grösste Gruppe von Asylsuchenden, gefolgt von Afghanen und Syrern.

Weltweit die meisten neuen Asylanträge wurden wie im Jahr davor in den USA gestellt, gut 250'000. Auf dem zweiten Platz stand Peru wegen des Andrangs von Venezolanern, gefolgt von Deutschland, so das UNHCR. Hier kamen die meisten neuen Anträge von Syrern, Irakern und Iranern.

Neben den Geflüchteten gibt es weltweit Migranten, die bessere Arbeits- und Lebensbedingungen im Ausland suchen. Ihre Zahl schätzte die Uno-Organisation für Migration (IOM) 2017 auf 258 Millionen weltweit. (aeg/sda/dpa/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Ziele des Uno-Migrationspakts
1 / 12
Die Ziele des Uno-Migrationspakts
Auf der Suche nach Frieden und einem besseren Leben verlassen immer mehr Menschen weltweit ihre Heimat. Mit dem «Globalen Pakt für Migration» legten die Vereinten Nationen im Sommer 2018 erstmals Grundsätze für den Umgang mit Flüchtlingen fest. Daraus neun Ziele:
quelle: epa/efe / esteban biba
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Camp Dadaab soll geschlossen werden
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die Chronologie des Weinstein-Skandals
Was war der Auslöser für den Skandal rund um Harvey Weinstein und wie hängt er mit der #MeToo-Bewegung zusammen? Ein Überblick.

Das philippinisch-italienische Model Ambra Battilana Gutierrez meldet der New Yorker Polizei im März 2015, Harvey Weinstein habe sie an den Brüsten betatscht und seine Hand unter ihren Rock geschoben. Zu einem zweiten Treffen mit dem Filmproduzenten erscheint Gutierrez am Folgetag mit einem versteckten Mikrofon.

Zur Story