Die Nepalesen wollen ernst machen, der Flughafen Zürich noch nicht wirklich: Das Investment Board Nepal hat diese Woche die Flughafen Zürich AG aufgefordert, innert 45 Tagen ein Proposal, also einen Vorschlag, für den Bau und Betrieb des Flughafens Nijgadh einzureichen. Die Regierung Nepals drückt aufs Tempo. Die Zürcher halten sich aber alle Türen offen – auch die, die ganze Übung abzubrechen.
Schon länger ist klar, dass die Flughafen Zürich AG grundsätzlich interessiert ist, sich an dem Grossprojekt zu beteiligen. In der Zwischenzeit tauchten Probleme auf: Für den Flughafen sollen über zwei Millionen Bäume gefällt werden. 85 Quadratkilometer Wald könnten dem Bau zum Opfer fallen. Das Gebiet ist Lebensraum von seltenen Tigern und Elefanten.
Deshalb gibt es in Nepal Proteste gegen den Flughafen. Die Demonstranten zogen auch vor die Schweizer Botschaft. Im Zürcher Kantonsrat reichten SP-Politiker einen Antrag ein, der dem Regierungsrat mit kritischen Fragen nahelegt, den Flughafen Zürich wegen der ökologischen Schäden zurückzubinden. Der Kanton und die Stadt Zürich sind die Hauptaktionäre der Flughafen-Betreibergesellschaft.
Während Nepal entschlossen scheint, tönt es in Zürich ganz anders: «Ob wir das Proposal beantworten, kann derzeit noch nicht beurteilt werden», sagt eine Sprecherin des Flughafens Zürich auf Anfrage zu der Aufforderung der nepalesischen Behörden. Das Projekt befinde sich in einem «sehr frühen Anfangsstadium». Und: «Ein Entscheid, das Projekt vertieft zu prüfen, ist unsererseits noch nicht gefällt worden.» Es gelte, die Ausschreibungsunterlagen genau zu analysieren, um letztendlich entscheiden zu können, «ob wir unser Interesse am Projekt aufrecht erhalten wollen».
Die Zurückhaltung der Zürcher überrascht insofern, als dass die Zürich Flughafen AG laut Nepal der einzige Anbieter ist, der noch für den Bau des Nijgadh International Airport im Rennen ist. Mehrere andere Firmen, davon unter anderem zwei aus China, sowie je eine aus Nepal, Qatar und Frankreich, erfüllten die Anforderungen der Regierung nicht. Für die Zürcher scheint aber der Bau und ihre Beteiligung noch nicht so konkret zu sein, wie es die Nepalesen wohl gerne hätten.
Die Regierung Nepals will schnell vorwärts machen. Der Bau wurde zu einem «National Pride Project» erklärt; zu einem Projekt des nationalen Stolzes also. Als der neue Tourismusminister im August 2019 sein Amt antrat, sagte er laut lokalen Medien, er wolle den Flughafen «um jeden Preis» realisieren. Der Spatenstich solle innerhalb eines Jahres erfolgen. 2025 sollen schon die ersten Flugzeuge abheben.
Die Eile hat ihre Gründe: Der bisher mehrheitlich genutzte Flughafen Nepals stösst schon länger an Kapazitätsgrenzen und gilt als gefährlich. 2013 durften grosse Langstreckenjets den Kathmandu International Airport nicht mehr anfliegen, da die mit Schlaglöchern und Rissen übersäte Landebahn die schweren Flugzeuge nicht aushielt. Zudem wird der Tourismus als Einnahmequelle für das arme Land immer wichtiger. Die Folge: Viel mehr Menschen wollen nach Nepal fliegen.
Drei Milliarden Dollar soll der Bau laut dem Investment Board kosten. Er könnte zu einem Mega-Projekt werden. Wie der Leiter der nepalesischen Luftfahrtbehörde gegenüber der «Wochenzeitung» (WOZ) sagte, sollen «in einer ersten Phase» 25 Quadratkilometer des tropischen Waldes für den Flughafen gerodet werden. Die Regierung will aber insgesamt 80 Quadratkilometer einzonen. Offensichtlich soll noch ausgebaut werden. Laut offiziellen Projektbeschrieben soll der Nijgadh Airport zum grössten Flughafen Südasiens werden.
Die Regierung wollte vor einigen Monaten damit beginnen, Bäume für den Flughafen zu fällen. Ende Dezember hat nun der Oberste Gerichtshof des Landes dies provisorisch verboten. Die Verantwortlichen liessen aber keinen Zweifel daran, dass sie mit dem Projekt rasch fortfahren wollen.
(aargauerzeitung.ch)