Jon Zürcher hat schon allerhand erlebt. 1977 kurvte der Oberengadiner mit seinem VW-Bus von der Schweiz bis nach Bali. Und blieb hängen. Vor über 40 Jahren eröffnete er in Kuta Beach in Bali sein «Swiss Restaurant». Später amtete er jahrelang als Schweizer Honorarkonsul und erlebte Terroranschläge und Vulkanausbrüche auf der indonesischen Götterinsel. Doch so schlimm wie die Corona-Krise hat die Insel noch kein Ereignis in der jüngeren Geschichte getroffen.
Kuta war bis vor wenigen Monaten der «Ballermann» Südostasiens und wurde in den letzten Jahren von Touristen überflutet. Das Wort Overtourism ging von Bali aus um die Welt. Nun sind auf den normalerweise hoffnungslos verstopften Strassen kaum mehr Autos anzutreffen. «Bali ist seit sechs Monaten tot. Es lebt sich hier wie in einer Geisterstadt», sagt er am Telefon. Im Fonduestübli steigt derweil gerade der traditionelle Jassabend. Zumindest diese Normalität will der 68-jährige bewahren. Zu Gast sind einige Schweizer Stammgäste und Ausländer, die ebenfalls schon lange auf der Insel leben.
Die grosse Heiterkeit mag aber irgendwie nicht aufkommen. «Es geht uns schlecht. Meine Frau Suci und ich denken oft an die Balinesen, die vor dem Nichts stehen. Das macht uns sehr traurig». Die fruchtbare Insel sei zwar reich an Nahrungsmitteln. Aber die Situation werde für die einheimische Bevölkerung mit jedem Tag schlimmer. «Die Menschen verarmen teilweise. Manche haben bereits zu wenig zu essen.»
Die Touristen fehlen nicht nur den Menschen. In der Stadt Ubud im Landesinnern seien bereits Affen in Häuser eingedrungen, weil diese auf der Strasse keine Nahrung mehr finden. In normalen Zeiten werden die Tiere von Touris gefüttert. Im Herzen der Insel erlebt man Bali von seiner schönsten Seiten. Ohne Touristenscharen umso mehr. «Es ist eine Märchenwelt wie vor 40 Jahren», so Zürcher und schickt sogleich Fotos per Whatsapp.
Für den in St.Moritz aufgewachsene Gastronom und seine Frau ist es trotz der aktuellen Misere in Bali keine Option, in die Schweiz zurückzukehren. «Ich bin Schweizer im Herzen. Aber ich bin ein Indonesier durch und durch», sagt Zürcher weiter. Nun hoffen die Balinesen, dass die Regierung wie angekündigt ab Januar 2021 wieder Touristenvisas ausstellt.
Dies nicht nur, damit endlich wieder zahlungskräftige Kundschaft ins Land kommt.« Wir plangen darauf, dass uns unser Sohn endlich wieder besuchen kann», sagt Zürcher.
Die Bernerin Brigitte Wieland konnte kaum einen schlechteren Zeitpunkt erwischen, um nach Thailand auszuwandern. Im Januar 2020 zog sie mit Sack und Pack nach Phuket und übernahm dort das Restaurant Mario's Swiss Garden in Rawai. Doch nach nur sieben Wochen kam auch in Thailand der Lockdown. «Von einem Tag auf den anderen mussten wir dichtmachen», sagt Wieland am Telefon zu watson.
Seither steht die Touristeninsel Phuket still. Der wegen der Rotlicht-Szene berühmt-berüchtigte Patong Beach etwa sei eine Geisterstadt. Vielerorts seien nicht einmal die 7/11-Supermärkte offen, die im Land des Lächelns an jeder Ecke anzutreffen sind und meist 24 Stunden und sieben Tage die Woche offen sind.
Wie in Bali trifft die Corona-Krise die einheimische Bevölkerung extrem hart. Besonders den Süden des Landes. Denn in Phuket lebt der Grossteil der Menschen vom Tourismus. «Die Regierung verteilt immerhin Reis, Öl und Eier an die Menschen», schildert Wieland. Doch viele Leute hätten ihre Existenzgrundlage verloren. «Autos und Boote werden reihenweise eingezogen, weil die Leute die Leasingraten nicht mehr bezahlen können.»
Wieland ergeht es besser. Ihr kleines Restaurant ist seit Mai wieder offen. Die Stammkunden – hauptsächlich Schweizer und Ausländer, die in Phuket leben, sind dem Lokal treu geblieben. Zumindest die Kosten kann Wieland so decken, alle Angestellten konnten ihre Jobs behalten. «Wir unterstützen die lokale Bevölkerung, wo wir können. Doch allen Menschen kann man leider nicht helfen.»
Nun hat die thailändische Regierung angekündigt, ab Oktober wieder Langzeitaufenthalter ins Land zu lassen. Doch Wieland bleibt skeptisch. «Die Saison ist gelaufen, bevor sie angefangen hat. Wir hoffen nun alle auf den Frühling 2021.»
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Man kann aber auch nicht überall nur mit wenigen Luxusurlaubern die Kohle machen... Ich bin gespannt wies weitergeht, mit welchen Konzepten.
Am Abend ist Patong still wie auf einem Friedhof. Die Selbstmordrate hat um 22% zugenommen und die Leute stehen immer noch Schlange an Essensausgaben. Das Budget der Regierung ist aufgebraucht. Einige Anlässe gibt es noch und alle hoffen, das es endlich etwas entspannter wird.