Noch hat der amtierende US-Präsident Donald Trump seine Niederlage nicht eingestanden und hat den Gang vor die Gerichte angekündigt. Doch auf dem internationalen Parkett stellt man sich bereits auf die Regierung des zukünftigen Präsidenten Joe Biden ein. Zahlreiche Staatschefs sprachen Biden übers Wochenende ihre Glückwünsche zum Wahlsieg aus.
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So auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Auf Twitter gratulierte sie dem 77-jährigen Demokraten und nannte dessen Wahl ein «starkes Signal».
Congratulations to @JoeBiden and @KamalaHarris! This is a strong signal. #Switzerland is convinced that our excellent relations with the #UnitedStates will continue to develop and thrive under the new administration. #Elections2020 pic.twitter.com/szV1GlxNXm
Simonetta Sommaruga (@s_sommaruga) November 7, 2020
Zusätzlich hat Sommaruga auch noch einen Brief an Biden geschickt, wie ihre Sprecherin Anetta Bundi auf Anfrage mitteilte. Darin gab sie ihrer Freude Ausruck, dass Kamala Harris die erste Vizepräsidentin in der Geschichte der USA wird. Sommaruga zeigte sich zudem zuversichtlich, «dass die Schweiz mit der neuen Administration die ausgezeichneten bilateralen Beziehungen zu den USA weiterführen und die Kooperation auf multilateraler Ebene ausbauen kann, etwa bei der Friedensförderung, den Menschenrechten oder beim Klimaschutz».
Der Versand eines höflichen Gratulationsschreibens an den zukünftigen US-Präsidenten bildet lediglich den Auftakt einer Phase, in der sich die offizielle Schweiz auf den Machtwechsel in Washington vorbereitet, der mit der geplanten Amtseinführung von Joe Biden am 20. Januar 2021 vollzogen wird.
Hinter den Kulissen geht es nun darum, Kontakte zum Umfeld Bidens zu knüpfen. Das hilft der Schweiz, nach der Amtsübernahme Bidens rasch einen direkten Draht zur neuen Regierung zu haben. Eine zentrale Rolle kommt in den nächsten zweieinhalb Monaten der Schweizer Botschaft in den USA zu: «Die Diplomaten in Washington versuchen jetzt zu antizipieren, wer in der neuen Regierung eine wichtige Positionen übernehmen wird», sagt ein ehemaliger Mitarbeiter der Botschaft in Washington, der sich mit dem Prozess auskennt.
Mit diesen Personen gelte es, persönliche Kontakte zu knüpfen. Das zukünftige Spitzenpersonal der Biden-Regierung dürfte aus Veteranen der Obama-Regierung oder aus Think Tanks aus dem Umfeld der Demokratischen Partei rekrutiert werden: «Im Idealfall hat man den Kontakt zu diesen Kreisen auch während der Trump-Jahre gepflegt», so der ehemalige Botschaftsangehörige. Das habe den Vorteil, dass man nicht bei Null anfangen müsse: «Denn wer in Washington an die Macht kommt, hat plötzlich wahnsinnig viele neue Freunde.»
FDP-Nationalrätin Christa Markwalder mahnt Geduld an bei den Kontakten zur neuen US-Regierung. Laut der Präsidentin des Parlamentarischen Vereins Schweiz-USA dauert die Besetzung der mindestens 4000 Regierungs- und Verwaltungsposten, die ein neugewählter Präsident jeweils neu bestellen muss, jeweils lange. Vieles hänge auch davon ab, wer den US-Botschafterposten in Bern übernehme und wie nahe diese Person Biden stehe. Trumps Botschafter Edward McMullen sei dank seinem engen Verhältnis zum Präsidenten «für die Schweiz ein grosser Glücksfall gewesen».
Dennoch wertet sie Bidens Wahlsieg positiv. «Die Welt wird davon profitieren, dass die USA wieder ein glaubwürdiges Vorbild für junge Demokratien und für all jene sind, die sich für mehr Demokratie und Rechtsstaat einsetzen». Mit Biden erwartet Markwalder ausserdem. «eine Rückkehr der USA zum Multilateralismus und zur Mitarbeit im Rahmen von intenationalen Organisationen».
Das sieht SVP-Nationalrat Roger Köppel anders: «Jede US-Regierung handelt nach dem Motto ?America First? und setzt in erster Linie die eigenen Interessen durch». Er erinnert an den Umgang der Obama-Regierung mit dem Schweizer Finanzplatz. Trump habe seine Maxime ehrlich nach aussen kommunizert, während die Demokraten diese Tatsache mit «netten Floskeln wie Multilateralismus vernebelten.» Die Aussenpolitik Bidens sei noch nicht wirklich sichtbar. Klar ist für Köppel jedoch: «Im Gegensatz zu Trump wird er der EU weniger kritisch gegenüberstehen.» Trumps Haltung in dieser Frage habe er als EU-skeptischer Schweizer immer sehr geschätzt, sagt Roger Köppel. (aargauerzeitung.ch)