Zwei geheime Dokumente des Moskauer Instituts für strategische Studien – eines Thinktanks der russischen Regierung – sollen aufzeigen, wie Russland die Manipulation der Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten plante. Dies bestätigen drei aktuelle und vier ehemalige US-Geheimdienstbeamte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Enthüllung ist insofern brisant, als bisher unklar war, ob und wie Putin selbst in diese Manipulationen verstrickt war. Der russische Präsident hat jegliche Beteiligung bisher abgestritten. Stimmen die Angaben der US-Geheimdienstler, so steckt aber eine Strategie dahinter, die detaillierter geplant war, als bisher angenommen. Und Putin höchstselbst war der Strippenzieher.
Die zwei geheimen Dokumente wurden vom Institut für strategische Studien erarbeitet. Die von Reuters zitierten Quellen beschrieben das Institut als Kreml-eigener Thinktank für russische Aussenpolitik. Geführt wird er von pensionierten hochrangigen Beamten des Auslandsgeheimdienstes, welche eigens dafür von Putins Büro ernannt wurden.
Bereits Obama-Berater Ben Rhodes war davon ausgegangen, dass Putin selbst für die russische Einflussnahme in den USA verantwortlich war. Innerhalb der russischen Regierung könne «nichts von derartiger Tragweite» geschehen, ohne dass der Präsident davon wisse, sagte Rhodes dem Fernsehsender MSNBC.
Ein ehemaliger US-Beamter – eine der sieben Quellen, auf welche sich Reuters stützt – sagte: «Putin hatte dieses Ziel die ganze Zeit im Kopf und er beauftragte das Institut, ihm einen Fahrplan zu skizzieren.»
Weder der Kreml noch das Institut für strategische Studien hat bisher zu den Reuters-Enthüllungen Stellung genommen. Entsprechende Anfragen der Nachrichtenagentur blieben unbeantwortet.
Im ersten der beiden Dokumente, das im Juni verfasst wurde, wird der russischen Regierung geraten, auf Social Media und in den globalen Staatsmedien Russlands eine Kampagne zu lancieren, um den US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump zu unterstützen.
Grund dafür war Trumps Haltung gegenüber Russlands, die um einiges gemässigter war als die der Obama-Regierung. Diese Information bestätigten alle sieben Geheimdienstquellen gegenüber Reuters.
Dieses Dokument soll in den höchsten Kreml-Kreisen zirkuliert sein. Adressiert war es an keine spezifische Person.
Das zweite Dokument, das im Oktober verfasst wurde, postuliert eine Strategieänderung: Weil alle Umfragen inzwischen Hillary Clinton als Siegerin sahen, sollte die Pro-Trump-Kampagne sollte auf Eis gelegt und und durch eine Kampagne gegen Clinton ersetzt werden.
Ziel war es, ihren Ruf zu beschädigen und sie als Präsidentschaftskandidatin zu diskreditieren. Auch sollte die Glaubwürdigkeit des US-Wahlprozederes beschädigt werden.
Die Reuters-Quellen – die sieben Geheimdienstler – wollten alle anonym bleiben. Wie die US-Nachrichtendienste an die beiden russischen Dokumente gelangt sind, wollten sie nicht preisgeben. Auch die Dienste selbst nahmen dazu keine Stellung.
Das erste Dokument mit der Propaganda-Kampagne zirkulierte im Juni letzten Jahres, basierte aber auf einer von Putin gefassten Stossrichtung, welche bereits im März beschlossen worden war.
Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Präsident die internationalen Plattformen der Staatsmedien Russia Today (TV) und Sputnik (Nachrichtenportal) aufgefordert, positiv über den Präsidentschaftskandidaten Trump zu berichten.
Russia Today äusserte sich nicht zu einer entsprechenden Anfrage von Reuters, Sputnik bezeichnete diese Behauptung als «absolute Lügenpackung».
Das zweite Dokument mit der Strategieänderung erschien im Oktober. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich ab, dass Hillary Clinton das Rennen um die Präsidentschaftswahl machen könnte, was den Anlass zum Strategiewechsel gab.
Die US-Geheimdienste konnten sich die beiden Dokumente erst nach den Wahlen beschaffen. Sie hätten allerdings eine entscheidende Rolle gespielt in der Annahme der Obama-Regierung, dass Russland die Wahlen manipuliert habe, gaben die sieben Geheimdienstler gegenüber Reuters zu Protokoll.
Ein FBI-Bericht zur Wahlmanipulation durch Russland hatte bis anhin keine Beweise geliefert für den Vorwurf, dass die Cyber-Angriffe vom Kreml direkt angeordnet worden waren.
Auch in keinem der beiden Dokumente des Instituts für strategische Studien seien die Veröffentlichung von gehackten E-Mails der Demokraten als Strategiemittel erwähnt worden, schreibt Reuters.
Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Cyber-Attacken unabhängig von den Papieren des Instituts für strategie Studien stattgefunden hatten – über eine verdeckte Geheimdienstoperation. Allerdings hätten sich die inszenierte Propaganda und die geleakten E-Mails in ihrer Wirkung gegenseitig verstärkt.