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Und was sagt Facebook zu «Antifa-Nigger-Muslim-Zigeuner-Hure»? Bloss: «Bedauernswert» 

Reschke's Kommentar in den «Tagesthemen» bewegte auch viele Schweizer.
Reschke's Kommentar in den «Tagesthemen» bewegte auch viele Schweizer.Bild: twitter/ard online

Und was sagt Facebook zu «Antifa-Nigger-Muslim-Zigeuner-Hure»? Bloss: «Bedauernswert» 

Der Aufruf gegen Xenophobie hat der Fernseh-Moderatorin Anja Reschke bitterböse Kommentare beschert. Das war leider absehbar. Völlig unverständlich aber ist, dass Facebook auf Hasstiraden und Morddrohungen nicht reagiert, bei nackter Haut hingegen sofort die rote Karte zeigt.
13.08.2015, 14:3013.08.2015, 16:42
Philipp Dahm
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Anja Reschke ist eine Frau von Format: Ihr klarer Kommentar zur Asyldebatte in den ARD-Tagesthemen hat im Internet hohe Wellen geschlagen. Vielen sprach die Journalistin aus dem Herzen. Weil sie aber sehr deutlich Stellung bezogen hat, gibt es auch kräftig Gegenwind. Gelinde gesagt.

Das Echo habe sie überrascht, sagte die 42-Jährige, nachdem ihr Aufruf zum Aufstand der Anständigen derart häufig kommentiert worden ist. «Ich habe ja nun dazu aufgerufen, dass man kommentieren soll und auch erwartet, dass die üblichen Kommentare kommen, aber dass auch so viel positive Rückmeldung kommt, hat mich echt gefreut», sagte sie der «Tagesschau». 

Reschke spricht über Reaktionen auf ihren Kommentar.YouTube/karlk4711

Beleidigungen von Trollen sei sie als Moderatorin des Polit-Magazins «Panorama» gewohnt. «Da denkt man immer: Mein Gott, was ist denn los in diesem Land?» Auch deshalb ihr eindringlicher Appell: «Ich wollte mal wieder das Gefühl haben, dass die Masse doch noch auf der richtigen Seite steht.» 

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Dass andere das Gefühl haben, Fremde würden einem etwas wegnehmen, müsse man akzeptieren. Aber bei rassistische Äusserungen sei Schluss: «Das ist übelste Hetze und da muss man dagegenhalten.» Das Schlimme ist für Reschke, dass sich gewisse Rassisten heute ihrer Meinung nicht mehr schämen würden, sich gar in der Mehrheit sehen würden und glaubten: «Die Medien sind die Lügenmedien, die die Meinung einer Minderheit darstellen.»

Reaktionen auch aus der Schweiz

Wie Recht sie damit hat, zeigt der virtuelle Dreck, mit dem die Münchnerin seither beworfen wird. Sie bekomme zwar selbst aus dem Ausland Zuspruch, sagte Reschke nun dem Berliner Tagesspiegel – aus Frankreich, England, Niederlande und der Schweiz. «Das beruhigt mich und freut mich auch sehr. Allerdings habe ich schon bemerkt, dass sich der Ton der negativen Kommentare über die letzten Tage wieder verschärft hat.»

So scharf, dass es brennt: «Das reicht von Zuschriften, dass ich vom NDR abgemahnt, gekündigt, vom Hof gejagt werden soll, und endet mit Kommentaren über mich wie die ‹Antifa-Nigger-Muslim-Zigeunerhure› oder ‹verbrennt die Alte›.» Das Problem sei, dass jene Kommentatoren kaum über Faktenwissen verfügen würden. «Das müssen die Medien leisten, das kann aber auch jeder Einzelne tun, in Gesprächen mit Bekannten, im Netz, auf Bürgerversammlungen.»

Wer leider nicht gegen die Trolle vorgeht, ist Facebook. Das Netzwerk tut sich extrem schwer damit, Hass-Botschaften aus dem Netz zu tilgen, wie auch Bloggerin Yonni Meyer zuletzt deutlich kritisiert hat. Die «Zurückhaltung» mache sie «ziemlich ratlos», so die Kollegin: «Jeder mit einem Funken gesunden Menschenverstands weiss, dass es sich bei den erwähnten Kommentaren um Hassbotschaften handelt.» Das Medienmagazin DWDL titelte zuletzt: «Facebook, das Netzwerk mit dem Herz für Hass».

Es ist eine amerikanische Unkultur, die der Konzern etabliert hat: Nackte Männernippel sind nicht okay, Brustwarzen von Frauen sogar ein Sündenfall, aber wenn «nur ein toter Flüchtling ein guter Flüchtling» ist, muss der Konzern erstmal langatmig prüfen, bevor er so eine Aussage unter Meinungsfreiheit verbucht. Zumindest im Fall Reschke hat Facebook nun aber reagiert. Wenn auch nicht so, wie es sich der eine oder andere Anständige gewünscht hätte. 

Auf die Beschwerde eines Facebook-Users schreibt die Deutschland-Sprecherin des Netzwerks folgende Antwort im Kommentar zum Post:

«Lieber Peter Greve – und gern schauen wir uns den o.g. post nochmal an – danke für’s schicken – kann das so nicht sagen. In dem Bemühen, die vielen Reports von Menschen auf Facebook, die wir jeden Tag erhalten, schnell und effizient zu bearbeiten, schaut sich unser Community Operations-Team jede Woche Hunderte von Tausenden von Reports zu Inhalten an. Unsere Reporting-Systeme sind dafür entwickelt, Menschen vor Missbrauch, Hassrede und Mobbing zu schützen und es ist bedauernswert, dass gelegentlich Fehler gemacht werden, wenn solche Reports bearbeitet werden. Wir wissen, dass dies frustrierend sein kann.»

Eine wenig befriedigende Antwort der Facebook-Führer. Der Trost für die Anständigen: Es kann quasi nur noch besser werden!

(via Meedia)

Geht Facebook zu lasch mit Hass- und Mobbing im sozialen Netzwerk um?

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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ratchet
13.08.2015 17:51registriert Mai 2015
Nackte Brüste werden sofort gelöscht, ein Terrorist, der jemand köpft ist aber in Ordnung. Ist aber nicht nur in Facebook so.
Kürzlich musste ich tatsächlich Miley Cyrus zustimmen. Sie redete davon, dass ein Video mit Waffen wie das Neueste von Taylor Swift kein Problem sei, wenn sie aber nackt auftaucht ist es Skandal.
Sind Sex und Nacktheit wirklich schlimmer als Gewalt und Waffen?
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The_Doctor
13.08.2015 15:34registriert März 2015
Extremisten und Hassprediger, heutzutage meist verniedlichend "Troll" genannt, sind nun mal diejenigen, die am lautesten schreien und gerne die virtuelle Heugabel schwingen. Viele soziale Netzwerke und Newskommentarspalten begünstigen dies und vermitteln den Eindruck, dass die sich in der Minderheit befindlichen Hassprediger eine Mehrheit repräsentieren. Dadurch entsteht häufig ein völlig falsches Bild. In solchen Fällen wird oft mit Meinungsfreiheit argumentiert. Dabei sind solche Äusserungen nichts anderes als Ausdruck mangelnden Anstands und Zeichen fehlender Intelligenz zu einer durch Fakten geprägten Diskussion. Das ist dann simple Diffamierung und hat nichts mehr mit Meinungsfreiheit zu tun. So etwas ist auch nicht schützenswert.
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Mandelmus
13.08.2015 16:35registriert März 2014
Ich hab das schon an anderer Stelle geschrieben (beim Beitrag von Yoni). Gilt für alles, was die Schweiz betrifft (z.B. Schweizer User): Auf cybercrime.ch das Formular ausfüllen (z.B. Link auf Kommentar und Profil angeben), per mail Screenshot hinterher schicken und das KOBIK (Koordinationsstelle zur Bekämpfung von Internetkriminalität) seine Arbeit machen lassen (bei Gesetzesverstössen heisst das die Einleitung eines Strafverfahrens).
Handeln statt Reden schwingen (gerade wenns nicht mal 5 Minuten Aufwand sind..)
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