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Flüchtlingsgipfel: «Bei der Bankenrettung ging es um Milliarden. Wenn es um Menschenleben geht, soll uns das ja wohl auch gelingen»

Gipfel in Valletta mit düsteren Mienen: Gemeinsam für das Flüchtlingsproblem? Man wird sehen ...
Gipfel in Valletta mit düsteren Mienen: Gemeinsam für das Flüchtlingsproblem? Man wird sehen ...
Bild: DARRIN ZAMMIT LUPI/REUTERS

Flüchtlingsgipfel: «Bei der Bankenrettung ging es um Milliarden. Wenn es um Menschenleben geht, soll uns das ja wohl auch gelingen»

11.11.2015, 18:2412.11.2015, 06:51
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Zum Auftakt des zweitägigen EU-Afrika-Gipfeltreffens in der maltesischen Hauptstadt Valletta hat die afrikanische Seite am Mittwoch mehr Geld von den Europäern gefordert. Das bisher Zugesagte sei nicht genug, sagte Nigers Präsident Mahamadou Issoufou.

Sie erwarte «schwierige Gespräche» zwischen den europäischen und afrikanischen Staats- und Regierungschefs, sagte Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga. Am Schluss sollen die knapp 70 «Chefs» gemeinsam eine Erklärung und einen 5-Punkte-Aktionsplan verabschieden.

Bundespräsidentin Sommaruga zwischen Tsipras, Merkel und Tschads Präsidenten Idriss Deby Itno und Algeriens Premier Abdelmalek Sellal.
Bundespräsidentin Sommaruga zwischen Tsipras, Merkel und Tschads Präsidenten Idriss Deby Itno und Algeriens Premier Abdelmalek Sellal.
Bild: Antonio Calanni/AP/KEYSTONE

Bei diesem Plan geht es um die Beseitigung der Migrationsursachen, um legale Migration, mehr Schutz für Migranten und Asylsuchende, Bekämpfung der Schlepper sowie bessere Zusammenarbeit bei der Rückführung und Rückübernahme. Die Schweiz will sich an der Umsetzung des Aktionsplanes beteiligen.

«Ich glaube, dass wir viel Geld in die Hand werden nehmen müssen, um die Probleme zu lösen.»
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz

Gemäss der deutschen Kanzlerin Angela Merkel geht es aber auch darum, die afrikanischen Regierungschefs darauf zu verpflichten, mit ihren Zivilgesellschaften und Bürgern so umzugehen, «dass die Jugend des Kontinents eine Chance hat und dass Armut und auch Intransparenz bekämpft werden».

Der Gipfel sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg, «ein kameradschaftliches Verhältnis zu Afrika zu entwickeln, aber gleichzeitig auch eines, in dem neben Hilfe auch klare Forderungen formuliert werden und Erwartungen», sagte Merkel.

Noch Unstimmigkeiten vorhanden

Im jüngsten Entwurf für den Aktionsplan sagen die Europäer zu, die legale Einwanderung in die EU zu fördern und die afrikanischen Staaten mit Entwicklungshilfe zu unterstützen, damit diese die Armut bekämpfen können.

Die Afrikaner sollen auch Hilfe bekommen, um mehr abgelehnte Asylbewerber wieder aufzunehmen. Bei der genauen Ausgestaltung der legalen Einwanderung nach Europa und der Rücknahme abgewiesener Asylbewerber gibt es aber noch Unstimmigkeiten.

Der luxemburgische Migrationsminister Jean Asselborn machte deutlich: «Es geht nicht ohne Rückführungen, das muss man auch sagen. Wir sind total überfordert, wenn wir jedem Menschen, der nach Europa kommt, eine Zukunft gewähren wollen.»

«Es geht nicht ohne Rückführungen, das muss man auch sagen. Wir sind total überfordert, wenn wir jedem Menschen, der nach Europa kommt, eine Zukunft gewähren wollen.»
Luxemburgischer Migrationsminister Jean Asselborn

Auf die Frage, ob sein Staat bereit sei, Migranten zurückzunehmen, sagte Nigers Präsident Issoufou, man sei offen für Gespräche. Entscheidend seien die Bedingungen. Mit Blick auf die bisherigen Finanzzusagen der EU beklagte er, der eingerichtete Hilfsfonds «kann nicht den ganzen Bedarf decken, denn dieser ist enorm».

Zu wenig Geld für Fonds

Finanziert werden sollen die Vorhaben des Aktionsplanes unter anderem mit dem bereits beschlossenen Afrika-Fonds der EU-Kommission in Höhe von 3,6 Milliarden Euro.

Die EU-Kommission hat bereits 1,8 Milliarden in den Fonds einbezahlt. Bei den 1,8 Milliarden der EU-Staaten hapert es jedoch noch. Die Schweiz hat fünf Millionen Franken zugesagt.

Nigers Präsident Mahamadou Issoufou in Malta (links).
Nigers Präsident Mahamadou Issoufou in Malta (links).
Bild: Alessandra Tarantino/AP/KEYSTONE

Daher mahnte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz zum Auftakt der Gespräche: «Ich glaube, dass wir viel Geld in die Hand werden nehmen müssen, um die Probleme zu lösen.» Bei der Bankenrettung sei es um Hunderte Milliarden Euro gegangen. «Wenn es um Menschenleben geht, soll uns das ja wohl auch gelingen.»

Merkel und Schulz in Valletta: Was war schon wieder die Frage?
Merkel und Schulz in Valletta: Was war schon wieder die Frage?
Bild: DARRIN ZAMMIT LUPI/REUTERS

Bei dem zweitägigen Treffen sind neben den EU- und EFTA-Staats- und Regierungschefs Vertreter aus 35 afrikanischen Ländern zu Gast. Bis Donnerstag beraten sie über Wege, um die Flüchtlingsbewegung von Afrika nach Europa zu verringern. (sda)

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5 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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amore
11.11.2015 21:52registriert Februar 2014
Milliarden für die Banken - fast nichts für die Flüchtlinge. Weit haben wir's gebracht. Alle rennen nur noch dem Geld nach, Nächstenliebe kennt man nicht mehr. Kommt die Zeit, in der das Kapital wieder für die Menschen da ist?
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