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«Puigdemont ins Gefängnis!»: Ein Marsch für die Einheit Spaniens

epa06296464 A Spansih flag waves as thousands of Catalan pro-union people march along the Paseo de Gracia avenue in Barcelona during a protest called by the Societat Civil Catalana (lit: Catalan Civil ...
Bild: EPA/EFE

«Puigdemont ins Gefängnis!»: Ein Marsch für die Einheit Spaniens

29.10.2017, 21:1930.10.2017, 06:15
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In der katalanischen Hauptstadt Barcelona haben am Sonntag Hunderttausende Menschen für den Verbleib der autonomen Region bei Spanien demonstriert. Nach der Unterstellung Kataloniens unter die Zwangsverwaltung der Zentralregierung bemühten sich beide Seiten am Wochenende, den Unabhängigkeitsstreit nicht weiter anzuheizen.

Nach Angaben der Polizei gingen in Barcelona rund 300'000 Unabhängigkeitsgegner auf die Strasse, die Organisatoren gaben die Zahl der Teilnehmer mit über einer Million an. Es war eine der grössten Kundgebungen für die Einheit des Landes seit Beginn des Streits.

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«Wir sind alle Katalonien» Demonstranten in Barcelona.Bild: EPA/EFE

Die Gegner einer Abspaltung von Spanien schwenkten spanische und katalanische Fahnen und riefen in Sprechchören: «Viva España!» und «Puigdemont ins Gefängnis!» Viele waren in spanische Fahnen gehüllt.

Man wolle dafür arbeiten, dass es zu einer Versöhnung zwischen Unionisten und Separatisten kommt und in der Region im Nordosten Spaniens künftig Besonnenheit und ein friedliches Zusammenleben herrschen, teilte die pro-spanische Sociedad Civil Catalana (SCC) mit, die zu der Kundgebung unter dem Motto «Wir sind alle Katalonien!» aufgerufen hatte.

«Unsere Zukunft ist besser innerhalb Spaniens und innerhalb Europas. Deswegen sind wir heute hier», sagte die Sprecherin der liberalen Ciudadanos, Inés Arrimadas. Die Partei war 2006 in Katalonien als Gegenbewegung zu separatistischen Gruppen der Region gegründet worden und ist inzwischen die viertstärkste Kraft im Madrider Parlament.

Puigdemont ruft zu Widerstand auf

Regionalpräsident Carles Puigdemont hatte die Katalanen am Samstag zum friedlichen «demokratischen Widerstand» gegen die Zwangsverwaltung durch die Zentralregierung in Madrid aufgerufen. In einer Fernsehansprache versicherte er, weiter für den Aufbau eines «freien Landes» zu kämpfen.

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Carles Puigdemont mit Anhängern.Bild: AP/AP

Scharf kritisierte Puigdemont die Entscheidung des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy, für den 21. Dezember Regionalwahlen anzusetzen. In einer demokratischen Gesellschaft könnten «nur Parlamente Regierungschefs bestimmen und entlassen.» Die schriftliche Fassung der Ansprache war unterzeichnet mit «Carles Puigdemont, Präsident der Generalitat (Regierung) Kataloniens».

Die spanische Generalstaatsanwaltschaft kündigte ein Verfahren gegen Puigdemont wegen «Rebellion» an. Die Behörde wird demnach in den kommenden Tagen Anklage erheben. Auf «Rebellion» steht eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft. Puigdemont sprach gegenüber der Nachrichtenagentur AFP von einer «verrückten» Drohung.

Alle sollen an die Urne

Der frühere Präsident des EU-Parlaments, Josep Borrell, rief die Menschen derweil auf, sich in grosser Zahl an der geplanten Neuwahl zu beteiligen. «Dies ist die goldene Gelegenheit. Diesmal sollte niemand Zuhause bleiben».

An dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum hatten sich nur 43 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Nach der Verkündung der Unabhängigkeit Kataloniens durch das Regionalparlament am Freitag hatte die Zentralregierung umgehend die dortige Regierung abgesetzt und Neuwahlen angesetzt.

Massendemo in Barcelona – gegen die Unabhängigkeit

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Massendemo in Barcelona – gegen die Unabhängigkeit
In der katalanischen Regionalhauptstadt Barcelona sind am Sonntag hunderttausende Gegner einer Loslösung von Spanien auf die Strasse gegangen.
quelle: epa/efe / toni albir
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Einer Umfrage für die Zeitung «El Mundo» zufolge könnten die Separatisten bei der Wahl ihre Mehrheit im Parlament in Barcelona knapp verlieren. Sie erreichen demnach 42,5 Prozent der Stimmen, ihre Gegner 43,4 Prozent. Umfragen haben bislang immer wieder gezeigt, dass eine Mehrheit der 5,3 Millionen Wahlberechtigten in Katalonien gegen eine Loslösung der wirtschaftlich starken Region von Spanien ist.

Zwangsverwaltung umgesetzt

Die spanischen Behörden begannen unterdessen mit der Umsetzung der Zwangsverwaltung, welche am Freitag von der Zentralregierung beschlossen worden war. Mit einer Bekanntmachung im Amtsblatt wurden Puigdemont und sein Vize Oriol Junqueras am Samstag offiziell abgesetzt.

Die spanische Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaría übernahm formell die Kontrolle über die Verwaltung in Katalonien. Auch der katalanische Polizeichef Josep Lluis Trapero wurde für abgesetzt erklärt, ebenso laut Presseberichten bis zu 150 ranghohe Verwaltungsbeamte.

Soll Katalonien von Spanien unabhängig werden?

Der spanische Innenminister Juan Ignacio Zoido appellierte an die nationalen und katalanischen Polizeieinheiten zu kooperieren, um einen reibungslosen Ablauf der Wahl im Dezember zu gewährleisten, wie die Nachrichtenagentur Europapress berichtete.

Die grösste Separatisten-Gruppe in Katalonien Assemblea Nacional Catalana (ANC) hatte am Freitag die Mitarbeiter der Verwaltung in der Region aufgerufen, Anordnungen aus Madrid nicht zu befolgen. Die Bediensteten sollten mit «friedlichem Widerstand» reagieren.

Die Gewerkschaft CSC hat für Montag zu einem Streik aufgerufen, der bis zum 9. November dauern soll. Die Regionalregierung hatte daraufhin erklärt, sie werde einen Notdienst aufrecht erhalten.

Asyl für Puigdemont

Der belgische Einwanderungsminister Francken warf der spanischen Zentralregierung am Samstag im flämischen Sender VTM «Unterdrückung» der Katalanen vor.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen in Spanien sei es «nicht unrealistisch», dass Belgien Puigdemont Asyl gewähren könne, sagte der Politiker aus der belgischen Region Flandern. Francken gehört der Neu-Flämischen Allianz (N-VA) an, die sich für die Unabhängigkeit Flanderns von Belgien einsetzt.

Die spanische Staatsanwaltschaft bereitet gegen Puigdemont eine Klage vor, in der ihm «Rebellion» zur Last gelegt werden soll. Darauf steht eine Höchststrafe von 30 Jahren Haft. (sda/reu/afp/dpa)

(26.03.2018)Katalonien

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