International
Italien

Berlusconis Sozialdienst endet – doch bereits ist neuer Ärger im Anflug

Italien

Berlusconis Sozialdienst endet – doch bereits ist neuer Ärger im Anflug

06.03.2015, 15:3206.03.2015, 15:40
Mehr «International»
1 / 8
Berlusconi muss ins Altersheim
Ein Mann vor dem Altersheim. "Fondazione Sacra Famiglia". Hier hat Silvio Berlusconi während mehrerer Wochen Sozialdienst geleistet. Die restlichen drei Jahre wurden ihm altershalber erlassen.
quelle: ap/ap / antonio calanni
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Einmal in der Woche hat Silvio Berlusconi in den vergangenen Monaten in einem Altersheim gearbeitet – nun endet sein Sozialdienst. Der Ex-Regierungschef denkt schon wieder an neue politische Aufgaben. Vorher steht ihm aber ein weiterer pikanter Gerichtstermin bevor.

Alzheimer-Patienten Geschichten vorlesen, sie bei motorischen Übungen unterstützen, sich um alte Menschen kümmern: So sahen die Freitagvormittage von Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi in den vergangenen Wochen aus.

Dem 78-Jährigen hat die wöchentliche Auszeit nach eigenen Angaben gut getan – so sehr, dass er nach dem Ende seines Sozialdienstes am Sonntag sogar freiwillig weitermachen will. Es sei eine «bewegende Erfahrung» gewesen, «deshalb möchte ich diese Erfahrung und dieses Engagement fortsetzen», erklärte Berlusconi an seinem letzten Tag im katholischen Seniorenzentrum Sacra Famiglia bei Mailand am Freitag.

In einer dunklen Limousine war Berlusconi am Morgen an zahlreichen wartenden Journalisten vorbei vor der Einrichtung vorgefahren. Wegen einer Fussverletzung vom Wochenende humpelte er gestützt auf eine Krücke zum Eingang. 

Politikverbot gilt weiter

Das Ende des Sozialdienstes bedeutet für den Ex-Cavaliere mehr Freiheit – doch einige seiner grossen Ziele bleiben ihm weiter verwehrt. Er darf nun zwar auch ohne Genehmigung seine Heimatregion verlassen und sich am Wochenende in Rom aufhalten.

Doch erst in einigen Wochen könnte seine Strafe für erledigt erklärt werden – bis dahin darf Berlusconi unter anderem weiter nicht ins Ausland reisen.

Zuletzt hatte der 78-Jährige, der immer noch Leitfigur seiner Partei Forza Italia ist, vollmundig eine Rückkehr in die grosse Politik angekündigt: «Natürlich werde ich wieder kandidieren», erklärte er.

Doch das zweijährige Verbot öffentlicher Ämter, das die Richter bei Berlusconis bislang einziger rechtskräftiger Verurteilung wegen Steuerbetrugs im August 2013 aussprachen, gilt weiter.

Hinzu kommt, dass Berlusconi gemäss eines Gesetzes in Italien als verurteilter Parlamentarier sogar für sechs Jahre kein neues Amt übernehmen darf. Dagegen kämpfen seine Anwälte unter anderen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – doch bislang ohne Erfolg.

Ruby-Affäre noch nicht ausgestanden

Berlusconi streicht seine Models von der Gehaltsliste

1 / 8
Berlusconi streicht seine Models von der Gehaltsliste
Barbara Guerra soll angeblich auch auf Berlusconis Liste gestanden haben.
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Und auch das Kassationsgericht in Rom könnte die Pläne durchkreuzen: Es berät am kommenden Dienstag in dritter Instanz im «Ruby»-Prozess um die «Bunga Bunga»-Partys in Berlusconis Villa. Ihm werden Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch vorgeworfen, er soll mit der damals minderjährigen Karima El Mahroug, genannt «Ruby», Sex gegen Geld gehabt haben. 

Zwar bestreitet Berlusconi das und war in zweiter Instanz freigesprochen worden, doch Italiens höchstes Gericht könnte das Urteil kippen. Dann droht weiterer Ärger für Berlusconi, der derzeit wegen einer Fussverletzung auf Krücken gehen muss.

Und selbst wenn er im «Ruby»-Prozess endgültig freigesprochen werden sollte: Ausgestanden ist die Affäre für den 78-Jährigen damit noch nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn und einige der Frauen, die bei den Partys anwesend waren, wegen Korruption und Bestechlichkeit. Berlusconi soll sie für ihre Aussagen bezahlt haben.

Politisch hat der dreimalige Regierungschef in den letzten Monaten ohnehin an Einfluss verloren – nicht zuletzt durch das Zerbrechen des Pakts mit Regierungschef Matteo Renzi, mit dem er zuvor bei wichtigen Reformen kooperiert hatte.

Ende Januar musste Berlusconi bei der Wahl eines neuen Staatspräsidenten eine Niederlage hinnehmen, als Renzi seinen Kandidaten gegen den Willen Berlusconis durchbrachte.

Sozialdienst verkürzt wegen guter Führung

Der Sozialdienst scheint für den Milliardär da sogar fast das kleinere Übel gewesen zu sein. Er äusserte sich nach seinen ersten Einsätzen in dem Altersheim geradezu begeistert. «Die Stunden, die ich dort verbracht habe, waren sehr intensiv», sagte er nach dem Beginn des Sozialdienstes im Mai.

Er habe «einen Anreiz zum Nachdenken über den Zustand der Senioren bekommen», erklärten Berlusconis Anwälte. Wegen guter Führung endet der Sozialdienst nun sogar 45 Tage früher.

Und auch Bewohner und Mitarbeiter im katholischen Zentrum Sacra Famiglia waren zufrieden mit ihrem Helfer. «Er war nicht zimperlich», berichtete eine Krankenschwester laut «La Repubblica». Berlusconi sei stets pünktlich gewesen und habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Demzufolge soll sich der Politiker sogar mit einigen Bewohnern angefreundet und vor Weihnachten für sie gesungen haben. (sda/dpa)

Silvio Berlusconi
AbonnierenAbonnieren
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
Warum die Ukraine nicht so gut verteidigt wird wie Israel
Dank massiver Luftverteidigung konnte Israel den iranischen Angriff abwehren. In der von Russland täglich beschossenen Ukraine fragt man sich, warum man nicht die gleiche Hilfe erhält.

Nacht für Nacht wiederholt sich in der Ukraine das gleiche Schauspiel: Russland beschiesst Städte und Infrastrukturen massiv aus der Luft, mit Raketen und Kampfdrohnen. In der Nacht auf Freitag traf es Dnipro und Odessa. Immer wieder werden zivile Ziele getroffen. In der Stadt Synelnykowe starben sechs Menschen, darunter zwei Kinder.

Zur Story