Während Chinas Einfluss wächst, spielen sich einerseits grobe Szenen auf der Strasse zwischen Polizisten und Demonstrierenden ab, andererseits drohen Staaten wie Grossbritannien und die USA der Volksrepublik mit vereinfachter Einbürgerung bzw. Asyl für die Hongkonger Bevölkerung. Ein Lagebericht in vier Punkten:
Ungeachtet massiver, internationaler Kritik hat China das umstrittene «Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit» in Hongkong erlassen. Der Ständige Ausschuss des Volkskongresses in Peking verabschiedete das Gesetz am Dienstag einstimmig. Es gibt China ab dem 1. Juli 2020 weitreichende Vollmachten in der bis anhin autonomen Sonderverwaltungsregion.
Das neue Sicherheitsgesetz ist noch schärfer ausgefallen, als erwartet: In Hongkong ist seit Mittwoch vieles verboten, was vorher durch das Recht auf freie Meinungsäusserung gedeckt war. Das Gesetz richtet sich gegen Aktivitäten, die von Peking als chinafeindlich, separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Auch soll es «heimliche Absprachen» von Aktivisten mit Kräften im Ausland bestrafen.
Als Höchststrafe ist die lebenslange Haft vorgesehen. Obwohl den Hongkongern bei dem Souveränitätswechsel 1997 Freiheitsrechte und Autonomie garantiert worden waren, können chinesische Stellen in Hongkong seit Mittwoch eigenmächtig Ermittlungen ausführen und Rechtshoheit ausüben.
Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam versicherte in einer Videobotschaft vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf, dass das Gesetz nicht rückwirkend gelten werde, wie befürchtet worden war. Der Gesetzestext war zunächst geheim gehalten worden, was das Misstrauen gegenüber Peking verstärkte. Lam beteuerte, das Gesetz werde Hongkongs «hohes Mass an Autonomie» nicht aushöhlen.
This is not my #HongKong. pic.twitter.com/RtEKSKzRCF
— VVVVV (@PoohTheWinnieV) July 1, 2020
Kritiker sehen das anders: Sie fürchten ein Ende des Prinzips «ein Land, zwei Systeme», nach dem Hongkong heute als Sonderverwaltungsregion regiert wird. «Es markiert das Ende von Hongkong, wie die Welt es kannte», meinte der bekannte Hongkonger Aktivist Joshua Wong.
Tausende gingen am Mittwoch auf die Strassen, um gegen den Einfluss Pekings in Hongkong zu protestieren. Dutzende Demonstrierende wurde dabei festgenommen. Der Einfluss des neuen Gesetzes zeigte bereits am ersten Tag Wirkung: So nahmen – aus Angst vor Verfolgung – deutlich weniger Menschen teil als bei früheren Protesten, an denen Millionen zusammenkamen.
Die Polizei ging mit Tränengas, Wasserwerfern und Pfefferspray gegen die protestierenden Menschen vor. Die erste Festnahme nach dem neuen Gesetz galt am Mittwoch einem jungen Mann, der eine Flagge mit dem Ruf nach einer Unabhängigkeit Hongkongs gezeigt hatte.
A Hong Kong police officer draws his weapon and points it at demonstrators during a day of protests against a new national security law imposed by the Chinese government. pic.twitter.com/Vo74oEz7KM
— ABC News (@ABC) July 2, 2020
Die Demonstrierenden fordern mehr Demokratie, wie es ihnen bei der Rückgabe 1997 in Aussicht gestellt worden war. Stattdessen reagierte die Führung in Peking mit dem Sicherheitsgesetz, das nicht nur das Parlament Hongkongs, sondern auch dessen Justiz und ihre Schutzmechanismen umgeht.
Der einzige Hongkonger Abgeordnete in dem Ausschuss, Tam Yiu-Chung, bestätigte die Befürchtungen, dass künftig auch eine Auslieferung von Verdächtigen «in seltenen Situationen» nach Festlandchina möglich wird. Nichts anderes hätte schon das kontroverse Auslieferungsgesetz zum Ziel gehabt, das Hongkongs Regierung nach Massenprotesten im vergangenen Jahr aufgeben musste.
Aus Angst vor Verfolgung erklärten der bekannte Aktivist Joshua Wong sowie seine Mitstreiter Agnes Chow und Nathan Law den Rückzug aus ihrer Partei Demosisto. Diese wurde aufgelöst.
Mit dem neuen Gesetz müssten Anhänger der Demokratiebewegung um ihre Sicherheit fürchten, begründete Wong den Schritt.
Als Reaktion auf das umstrittene Sicherheitsgesetz für Hongkong hat der bekannte Demokratie-Kämpfer Nathan Law der chinesischen Sonderverwaltungsregion den Rücken gekehrt. «Ich habe mich von meiner Stadt verabschiedet. Als das Flugzeug von der Startbahn abhob, blickte ich ein letztes Mal auf die Skyline, die ich so sehr liebe», schrieb Law in der Nacht zum Freitag auf Twitter.
8. So I bade my city farewell. As the plane took off the runway, I gazed down at the skyline I love so much for one last time. Should I have the fortune to ever return, I hope to still remain as I am: the same young man with these same beliefs. Glory to Hong Kong. THREAD ENDS. pic.twitter.com/Pf94W8YQu6
— Nathan Law 羅冠聰 😷 (@nathanlawkc) July 2, 2020
Er habe Hongkong bereits verlassen und werde seinen Einsatz auf internationaler Ebene fortsetzen, hiess es in einer separaten Mitteilung auf Facebook. Wegen des hohen Risikos wolle er nicht zu viel über seinen Aufenthaltsort verraten.
Der bekannte Hongkonger Aktivist Joshua Wong, der sich genau wie Law von Demosisto zurückgezogen hatte, aber angekündigte, in Hongkong bleiben zu wollen, bat die deutsche Bundesregierung um Unterstützung. «Ich demonstriere weiterhin in der vordersten Reihe mit, die Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas ein, Hunderte Demonstranten wurden verhaftet», sagte er der «Bild»-Zeitung (Freitag). «Ich bitte die deutsche Regierung: Schaut auf Hongkong, seht, was hier passiert und nennt das Unrecht beim Namen. Wir brauchen die Unterstützung Europas gerade jetzt, es darf keine Ausreden mehr geben.»
Mit dem neuen Sicherheitsgesetz greift China auf noch nie dagewesene Weise in die Autonomie Hongkongs ein. Damit damit umgeht Peking das Hongkonger Parlament, was ein Ende des Grundsatzes «ein Land, zwei Systeme» bedeuten würde. Das Vorgehen sorgt weltweit für heftige Kritik – besonders bei der früheren Kolonialmacht Grossbritannien.
Der britische Premierminister Boris Johnson sah einen «deutlichen und ernsten Bruch» der gemeinsamen Vereinbarung über die Rückgabe der ehemals britischen Kolonie Hongkong. Das Gesetz verletzte Hongkongs Autonomierechte und stehe im Widerspruch zum Grundgesetz der Sonderverwaltungszone, sagte Johnson.
London werde nun seine Drohung wahr machen, ehemaligen Untertanen in Hongkong einen Weg zur Staatsbürgerschaft zu ebnen, sagt Johnson. Bislang können sich Bürger Hongkongs bis zu sechs Monate ohne Visum in Grossbritannien aufhalten, wenn sie den Status eines British National Overseas haben. Derzeit sind rund 350'000 Hongkonger im Besitz eines solchen Ausweises – drei Millionen wäre dazu berechtigt.
China's decision to enact this legislation constitutes clear & serious breach of Joint Declaration. Pleased to hear that UK has stepped up to uphold our historic responsibilities to #HongKong. Welcome news that Government will honour our commitment to those holding BNO status. https://t.co/pTFcR0yIjB
— Theo Clarke MP (@theodoraclarke) July 2, 2020
China hat Grossbritannien daraufhin am Donnerstag mit Gegenmassnahmen gedroht. Nach dem britischen Einbürgerungsangebot an die ehemaligen Untertanen in der einstigen Kronkolonie unterstrich Aussenamtssprecher Zhao Lijian die chinesische Position: Diese dürften kein Aufenthaltsrecht in Grossbritannien haben.
Auch auf dem amerikanischen Kontinent schlägt das neue Gesetz hohe politische Wellen: US-Aussenminister Mike Pompeo sprach von einem «drakonischen» Gesetz, mit dem China die Autonomie Hongkongs zerstöre. Die USA würden nicht tatenlos zusehen. Als Reaktion stoppten sie den Export von Rüstungsgütern und entsprechender Technologie nach Hongkong.
Wer aufgrund friedlicher Demonstrationen und Meinungsäusserungen verfolgt wird, soll zusammen mit seiner Familie in den USA leichter Asyl beantragen können, heisst es in einem Gesetzesentwurf.
«Die Menschen in Hongkong haben ihren Willen gezeigt, für die auf Freiheit basierenden amerikanischen Werte zu kämpfen, die uns lieb und teuer sind», erklärte der republikanische Abgeordnete John Curtis. Senator Marco Rubio erklärte, die USA müssten jenen helfen, die «unermüdlich» gegen die «Tyrannei» der kommunistischen Führung in Peking gekämpft hätten.
(adi/sda/dpa)
Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, diesen Missstand zu beseitigen. Und dabei europäische Werte und Interessen endlich einmal international zu vertreten.
Eine Schande ist nur wie wir uns bücken und nicht jedem HK Bürger dieselben Asylrechte wie den politischen Flüchtlingen aus Afrika und Co gewähren!!!
Aber in China gibts viele viele Batzeli. In Afrika eher weniger - zumindest ist die Ausbeutung schwerer geworden.
nicht etwa, weil es einfach Menschengerecht ist..
Immer dieser Nationalstolz im Vordergrund.. darum wird es wohl nie Frieden geben, wegen fiktivem Nationalstolz der allen im Weg steht.