US-Präsident Donald Trump hat die mutmasslich terroristisch motivierte Ermordung eines Lehrers bei Paris verurteilt und sie für eine Botschaft an seine Wähler genutzt. «Einwanderungssicherheit ist nationale Sicherheit», sagte Trump am Samstagabend (Ortszeit) in Janesville im Bundesstaat Wisconsin. «Wir brauchen Grenzen. Eine Nation ohne Grenzen ist keine Nation», sagte er und drückte unmittelbar im Anschluss sein «sehr aufrichtiges Beileid» an seinen «Freund» Präsident Emmanuel Macron aus.
In Frankreich habe es erst am Freitag «eine bösartige, bösartige islamische Terror-Attacke», sagte Trump vor seinen Anhängern. «Enthauptung. Eine schreckliche Sache.» Trump fuhr fort: «Frankreich hat eine schwere Zeit und Macron ist ein grossartiger Kerl und ich möchte nur sagen, was immer wir tun können ...» Die USA seien hart gegen «islamischen Terror» vorgegangen und hätten zum Beispiel einen Einreisestopp verhängt, sagte Trump.
Der Republikaner ist für seine rigorose Einwanderungspolitik bekannt. Eine Woche nach Beginn seiner Amtszeit 2017 hatte er gezeigt, wie ernst er es mit der Abschottung der USA meinte, und einen Einreisestopp für Flüchtlinge und Menschen aus mehreren muslimisch geprägten Ländern verhängt. Er begründete das damit, radikale islamische Terroristen fernhalten zu wollen.
In einem Pariser Vorort hatte am späten Freitagnachmittag ein Angreifer einen 47 Jahre alten Lehrer brutal ermordet. Der Lehrer hatte im Unterricht das Thema Meinungsfreiheit aufgegriffen und Karikaturen des islamischen Propheten Mohammed gezeigt. Anlass war die erneute Veröffentlichung des Satiremagazins «Charlie Hebdo» dieser Karikaturen. Die islamische Tradition verbietet es, den Propheten abzubilden.
In Frankreich werden derweil landesweit zahlreiche Solidaritäts-Demonstrationen erwartet. Die Redaktion des Satiremagazins «Charlie Hebdo» rief für Sonntagnachmittag gemeinsam mit der Organisation SOS Racisme und Lehrergewerkschaften zu einer Demonstration in Paris auf. Auch in zahlreichen anderen Städten wie Marseille oder Bordeaux wollen Menschen auf die Strasse gehen.
Die brutale Ermordung des Lehrers hatte in ganz Frankreich Entsetzen ausgelöst. Das mutmassliche Motiv des Täters waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft Karikaturen des Propheten Mohammed. Diese hatte der Lehrer zum Thema Meinungsfreiheit vor einigen Wochen im Unterricht gezeigt. Der laut Staatsanwaltschaft 2002 in Moskau geborene Täter mit russisch-tschetschenischen Wurzeln hatte nach der Tat im Netz damit geprahlt.
Er veröffentlichte ein Foto des Opfers und richtete eine Nachricht an Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, den er als «Anführer der Ungläubigen» bezeichnete. «Ich habe einen Ihrer Höllenhunde hingerichtet, der es wagte, Mohammed herabzusetzen», schrieb er laut Staatsanwalt weiter. Das Twitter-Konto wurde inzwischen gesperrt. Der Täter wurde kurz nach der Tat von der Polizei erschossen.
Mehrere Menschen aus dem Umfeld des mutmasslichen Täters befanden sich am Samstag in Polizeigewahrsam. Ebenfalls festgenommen wurde der Vater einer Schülerin, der im Netz gegen den Lehrer mobilisiert hatte, nachdem dieser die Mohammed-Karikaturen gezeigt hatte. Er hatte ein Video verbreitet und öffentlich gegen den Lehrer gewettert, wie Staatsanwalt Jean-François Ricard sagte.
Der Vater forderte bei der Direktorin die Entlassung des Lehrers, dabei wurde er von einem Mann begleitet, der Medien zufolge ein bekannter Islamist ist. Auch er befindet sich in Polizeigewahrsam. Die Halbschwester des Vaters hat sich der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angeschlossen. Die Staatsanwaltschaft stellte bisher keine Verbindung zwischen diesem Vater und dem Angreifer her.
Bereits am Samstag war es in zahlreichen Städten zu Solidaritätsbekundungen für den getöteten Lehrer gekommen. Die Menschen versammelten sich etwa unter dem Motto «Je suis Prof» (dt. Ich bin Lehrer) in Anlehnung an «Je suis Charlie». Das Schlagwort prägte die Zeit nach dem verheerenden Mordanschlag auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» 2015.
Erst vor wenigen Wochen hatte ein Mann vor dem ehemaligen Redaktionsgebäude zwei Menschen brutal mit dem Messer attackiert. Er gab als Motiv ebenfalls Mohammed-Karikaturen an, die das Magazin veröffentlich hatte. Der Angreifer hatte es eigentlich auf die Redaktion abgesehen, wusste aber nicht, dass diese mittlerweile an einen geheimen Ort umgezogen ist.
Die brutale Ermordung des Lehrers hatte sich am späten Freitagnachmittag im Pariser Vorort Conflans-Sainte-Honorine in der Nähe einer Schule ereignet. Dort tötete der Angreifer den 47 Jahre alten Lehrer, nachdem er ihm aufgelauert hatte. Dessen Leiche wurde enthauptet mit zahlreichen Wunden an Oberkörper und Kopf aufgefunden. In der Nähe des Tatorts fanden die Ermittler zudem ein mehr als 30 Zentimeter langes blutverschmiertes Messer.
Der mutmassliche Angreifer lebte mit seiner Familie als Flüchtling in Frankreich und hat seit Frühjahr eine Aufenthaltsgenehmigung, die bis 2030 gültig ist. Er lebte in Evreux rund 90 Kilometer vom Tatort entfernt und war den Geheimdiensten zuvor nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft machte keine Angaben dazu, seit wann der mutmassliche Angreifer und seine Familie bereits in Frankreich lebten.
Die brutale Attacke trifft Frankreich mitten in der zweiten Corona-Welle, von der das Land schwer getroffen ist. Am Mittwoch soll es eine nationale Gedenkveranstaltung für den Lehrer geben. Präsident Macron hatte die Tat als islamistisch motivierten Anschlag bezeichnet. (jaw/sda/dpa)
Wieso mutmasslich?