Während die EU mit Impfhersteller AstraZeneca streitet und die Impfung in den europäischen Staaten nur schleppend vorangeht, drückt das Nicht-EU-Land Serbien aufs Gaspedal: Bereits 540'000 Menschen haben ihre erste Impfdosis erhalten.
Wie diese Grafik zeigt, hat Serbien das Impftempo ab der dritten Januarwoche erheblich erhöht und damit die EU überholt. Die Strategie, sich nicht auf die Unterstützung der EU zu verlassen, hat sich für Serbien scheinbar ausgezahlt. Denn laut des serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić habe Serbien keine einzelne Impfdosis vom COVAX-Programm erhalten, welches zur Unterstützung von ärmeren Ländern ins Leben gerufen wurde. In einem Interview gegenüber «euronews» sagte er:
Aleksandar Vučić
Ein wichtiger Faktor in der Impfstrategie Serbiens stellen dessen diplomatischen Beziehungen dar. Aleksandar Vučić inszeniert sich in dieser Hinsicht gerne als Held in der Corona-Krise und ist der Ansicht, dass die Impf-Erfolge vor allem auf seine politischen Freundschaften zurückzuführen seien. Er hat nicht Unrecht: Vor allem China hat mit der Lieferung seines Impfstoffes «Sinopharm» die zügige Massenimpfung ermöglicht – und dies erst noch zu einem guten Preis. Gemäss der tagesschau.de soll er dies in einem Interview mit serbischen Medien besonders betont haben:
Aleksandar Vučić
Gibt sich selbstbewusst: Aleksandar Vučić. Bild: keystone
Auch von Russland lassen sie sich beliefern – mit dem umstrittenen Impfsoff Sputnik V. Schlussendlich spiele die Herkunft keine Rolle, sagt Premierministerin Ana Brnabic gegenüber BBC:
Wer gegenüber einigen Impfstoffen Vorbehalte hat – sei es aufgrund der Wirksamkeit, der Sicherheit oder der Herkunft – braucht sich diesbezüglich keine Sorgen zu machen. Impfwillige können sich nämlich zwischen drei verschiedenen Impfstoffen entscheiden: Zur Verfügung stehen momentan Vakzine von Pfizer/BioNtech, Sputnik V und Sinopharm. Theoretisch stehen mit dem britisch-schwedischen Präparat AstraZeneca und dem amerikanischen Moderna gar fünf verschiedene Impfstoffe zur Auswahl. Wer sich mit einem dieser beiden Vakzinen impfen lassen möchte, muss sich allerdings noch gedulden.
Am meisten Impfdosen besitzt Serbien vom chinesischen Pharma-Unternehmen Sinopharm. Bild: keystone
Für die Ungeduldigen und diejenigen, die alle Impfstoffe als gleichwertig betrachten, gibt es das Feld «Egal welche in Serbien zugelassenen Vakzine». Wer dieses ankreuzt, wird mit grosser Wahrscheinlichkeit mit Sinopharm geimpft.
Vorrang haben bei der Impfung Personen über 65 Jahren und Menschen, die im Arbeitsalltag viel mit anderen Menschen in Kontakt sind.
Wie die deutsche Tageszeitung «taz» berichtet, sei der ganze Impfprozess ungewöhnlich gut organisiert. Die Anmeldung erfolgt unkompliziert per Telefon oder über das Portal euprava.gov.rs, wobei der gewünschte Impfstoff ausgewählt werden kann. Nach Bestätigung des Impftermins begibt man sich an die entsprechende Impfstation.
Die grösste Impfstelle befindet sich in der Belgrader Messe, wo man in der Halle 3 «den Chinesen» und in der gegenüberliegenden Halle 11, «den Russen» bekommt.
Ein Einblick in das Impfzentrum, welches in der Messehallte in Belgrad errichtet wurde. Bild: keystone
Bei der Ankunft zeigt man zuerst die SMS mit dem Impftermin. Nach dem Messen der Körpertemperatur gibt man das ausgefüllte Formular ab, welches man zuvor per E-Mail erhalten hat, oder füllt dieses direkt vor Ort aus und wird dann vom Personal zur nächsten Station begleitet.
Schlussendlich gelangt man zu einer Impfkabine, wo einem nach Abklärung von Krankheiten und Allergien die Impfspritze verabreicht wird. Danach muss jede geimpfte Person für 10 bis 15 Minuten in einen separaten, grossen Raum sitzen, falls es zu allfälligen Nebenwirkungen kommen sollte. Nach 20 Minuten ist das Prozedere bereits vorbei.
Hier sitzen die Menschen, nachdem sie ihre Impfung erhalten haben. Bild: keystone
Solche Bilder wiederum rücken die Massenimpfung in weniger gutes Licht. Bild: keystone
Der deutsche Mediziner und Politiker Karl Lauterbach beobachtet das Impfen in Serbien eher skeptisch. Kritik äussert er vor allem an den Zuständen vor den Impfzentren: Dort bilden sich Menschenmassen von wartenden Impfwilligen, welche sich nicht an die Abstandsregeln halten. Auch von den angewandten Impfstoffen ist Lauterbach nicht überzeugt – die Sicherheit des russischen Impfstoffes sei noch ungeprüft, twittert er.