International
England

Britische Opposition vereinbart Vorgehen gegen No-Deal-Brexit

epa07658450 A handout photo made available by the UK Parliament shows British Labour party opposition leader Jeremy Corbyn (C) during Prime Minister's Questions (PMQs) at the House of Commons in  ...
Jeremy Corbyn will eine neue Regierung.Bild: EPA/UK PARLIAMENT

Britische Opposition vereinbart Vorgehen gegen No-Deal-Brexit

28.08.2019, 01:37
Mehr «International»

Führende Mitglieder der Oppositionsparteien im britischen Parlament haben sich auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt, um einen EU-Austritt ohne Abkommen abzuwenden. Gleichzeitig kündigte auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an, die EU werde alles dagegen tun.

In einer Erklärung nach dem Treffen am Dienstag in London hiess es, Premierminister Boris Johnson schrecke nicht vor undemokratischen Mitteln zurück, um einen No-Deal-Brexit durchzusetzen. Das müsse dringend verhindert werden.

Die sozialdemokratische Labour-Partei, die Schottische Nationalpartei, die Liberaldemokraten, die Wales-Partei Plaid Cymru, die Grünen und die EU-freundliche Change UK einigten sich zudem darauf, weitere Treffen abzuhalten.

Der Chef der EU-feindlichen Brexit-Partei, Nigel Farage, fordert von Johnson hingegen einen «klaren Schnitt»: «Wie die Dinge jetzt stehen, ist kein Abkommen das beste Abkommen.»

Die Abgeordnete Anna Soubry, die eine Gruppe von proeuropäischen ehemaligen Tory- und Labour-Abgeordneten anführt, schrieb am Dienstag auf Twitter «Wir sind uns einig, dass wir zusammenarbeiten werden, um einen No-Deal-Brexit per Gesetz zu verhindern».

Warnung vor Verfassungskrise

Auch ein Misstrauensvotum gegen die Regierung bleibe auf dem Tisch, sagte die einzige grüne Parlamentarierin im Unterhaus, Caroline Lucas, dem Sender BBC. Die Regierung zu stürzen, sei aber nicht ohne Risiko. Priorität habe daher ein Gesetzgebungsprozess, um Johnson zur Verschiebung des Austrittsdatums am 31. Oktober zu zwingen.

Das britische Unterhaus kehrt am kommenden Dienstag aus der Sommerpause zurück. Johnsons Tories verfügen im Unterhaus nur über eine hauchdünne Mehrheit von einer Stimme.

Rund 160 Abgeordnete unterzeichneten am Dienstag eine Erklärung, in der sie Johnson vor der Umgehung des Unterhauses warnten. Ein solcher Schritt würde eine «historische Verfassungskrise» auslösen, warnten sie. Wann und wie genau die No-Deal-Gegner ihren Plan umsetzen wollen, war zunächst unklar.

Widerstand gegen Misstrauensvotum

Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei war mit seinem Vorschlag, die Regierung durch ein Misstrauensvotum zu stürzen und unter seiner Führung eine Übergangsregierung zu bilden, auf Widerstand bei den anderen Parteien gestossen.

Um einen EU-Austritt ohne Abkommen zu verhindern, ist es notwendig, dass alle Oppositionsabgeordneten an einem Strang ziehen, zudem sind sie auf die Hilfe von Rebellen aus der Regierungsfraktion angewiesen.

Brexit
AbonnierenAbonnieren

Johnson will das bereits ausgehandelte Austrittsabkommen mit Brüssel noch einmal aufschnüren, um die sogenannte Backstop-Klausel zu streichen. Die EU lehnt das kategorisch ab und verweist darauf, dass diese Klausel verhindern soll, dass zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland wieder Grenzkontrollen eingeführt werden müssen.

Sollte Brüssel nicht nachgeben, will Johnson, dass Grossbritannien notfalls ohne Abkommen aus der EU ausscheidet.

EU-Beauftragter reist nach Brüssel

Am G7-Gipfeltreffen im französischen Biarritz hatte Johnson am Montag gesagt, er sei «geringfügig optimistischer», dass ein geordneter EU-Austritt möglich ist. Die Chancen für einen Deal würden aber «ausschliesslich» von der Kompromissbereitschaft der EU abhängen.

Am Dienstag telefonierte Premierminister Johnson mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ohne dass sich beide Seiten annäherten. Johnsons EU-Beauftragter David Frost reist am Mittwoch zu Gesprächen über ein mögliches Abkommen nach Brüssel, wie eine EU-Sprecherin mitteilte.

epaselect epa07796752 Leader of the British Labour Party Jeremy Corbyn leaves his home in central London, Britain, 27 August 2019. Mr Corbyn is due to host cross party talks later in the day to discus ...
Oppositionschef Jeremy Corbyn von der Labour-Partei will die Regierung durch ein Misstrauensvotum stürzen.Bild: EPA

Corbyn kritisierte die Pläne Johnsons in einem Gastbeitrag im «Independent» erneut scharf. Johnson plane einen «Bankier-Brexit», schrieb er. In der erwarteten Krise würden dann Gesetze gemacht, von denen nur Reichen profitierten.

«Der Kampf gegen einen No-Deal-Brexit ist nicht einer zwischen denen, die die EU verlassen wollen, und denen, die die Mitgliedschaft fortsetzen wollen», schrieb Corbyn. «Es ist ein Kampf der vielen gegen die wenigen, die das Ergebnis des Referendums (für einen Austritt) kapern, um denen, die oben sind, noch mehr Macht und Reichtum zuzuschustern.»

Corbyn fordert Referendum oder Wahlen

Corbyn verlangte ein neues Referendum oder eine Neuwahl. Zu einer Wahl könnte es schon in wenigen Wochen kommen, sollte ein Misstrauensantrag gegen Johnson Erfolg haben und kein anderer Politiker eine stabile Regierung auf die Beine stellen können.

Für diesen Fall hat die Regierung jedoch angedroht, erst nach einem möglichen No-Deal-Brexit wählen zu lassen, denn das Vorschlagsrecht für den Wahltermin läge in diesem Fall bei Johnson.

Es wird jedoch auch spekuliert, dass Johnson womöglich selbst eine Blitzwahl noch vor dem 31. Oktober anberaumen könnte - er bräuchte dafür zwar eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, doch Labour könnte sich dagegen wohl kaum sperren. (sda/dpa/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die Brexit-Frage spaltet Grossbritannien
1 / 28
Die Brexit-Frage spaltet Grossbritannien
Die 24-jährige Madeleina Kay will in der EU bleiben, London, 14. Februar 2019.
quelle: ap/ap / matt dunham
Auf Facebook teilenAuf X teilen
EU-Ratspräsident Tusk beweist Galgenhumor
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
KKJPD warnt alle Gemeinden der Schweiz vor eritreischem Nationalfeiertag
Am 24. Mai feiert der eritreische Diktator seine Machtergreifung. In der Schweiz soll es an diesem Tag zu Veranstaltungen mit hohem Gewaltpotenzial kommen. Die Gemeinden sollen die Behörden alarmieren.

«Am 24. Mai werden wir in der Schweiz Eritrea feiern und ihr könnt uns nicht aufhalten», heisst es in einer Tiktok-Videobotschaft, die derzeit auf verschiedenen Kanälen die Runde macht. Am 24. Mai 1993 hat Diktator Issayas Afewerki die Macht ergriffen und führt seit diesem Tag das Land mit eiserner Hand. Bei Anhängern des Regimes wird dieser Tag als Nationalfeiertag gefeiert - auch in der Schweiz.

Zur Story