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Es wird ernst mit dem Brexit: 5 Dinge, die jetzt wichtig sind

Es wird ernst mit dem Brexit: 5 Dinge, die jetzt wichtig sind

13.12.2019, 21:4614.12.2019, 15:07
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Nach dem Wahlsieg von Boris Johnson scheint endlich das Finale des Brexit-Dramas in Sicht, das die EU seit mehr als dreieinhalb Jahren quält. Am 31. Januar 2020 soll Grossbritannien die EU verlassen. Aber ist das der Abschluss dieser unendlichen Geschichte? Experten sagen: Nein, jetzt geht es erst richtig los. Und die EU sollte nicht den Fehler begehen, wegen allgemeiner Ermüdung den Brexit vorschnell abzuhaken. Fünf Dinge, die jetzt wichtig sind:

Der Fahrplan

Schon nächste Woche soll das neu gewählte britische Unterhaus zusammentreten und noch vor Weihnachten über das Austrittsabkommen mit der EU abstimmen - vermutlich am 20. Dezember. Eine Mehrheit gilt nach Johnsons hohem Wahlsieg als sicher.

Geht in London alles glatt, wird das EU-Parlament das Vertragswerk absegnen. Haben beide Parlamente zugestimmt, tritt der Vertrag in Kraft und die britische EU-Mitgliedschaft endet am 31. Januar um Mitternacht. Grossbritannien wird Drittstaat. Aber es beginnt sofort eine Übergangsphase bis Ende 2020, in der sich praktisch nichts ändert.

Der kleine Sturz über die Klippe

Nur zur Erinnerung: Eigentlich war der 29. März 2019 der Brexit-Tag. Dann der 12. April. Dann der 31. Oktober. Jedes Mal verlängerte die EU die Frist, um einen No-Deal-Brexit mit unabsehbaren Folgen für Bürger und Unternehmen zu verhindern. Der ist nun zumindest vorläufig abgewendet.

Britain's Prime Minister Boris Johnson waves on the steps after speaking outside 10 Downing Street in London on Friday, Dec. 13, 2019. Boris Johnson's gamble on early elections paid off as v ...
Nach dem Wahlsieg von Boris Johnson scheint endlich das Finale des Brexit-Dramas in Sicht, das die EU seit mehr als dreieinhalb Jahren quält.Bild: AP

Der Vertrag schafft Rechtssicherheit für mehr als drei Millionen EU-Bürger in Grossbritannien und eine Million Briten auf dem Kontinent, er regelt milliardenschwere Schlusszahlungen Grossbritanniens an die EU und verhindert eine harte Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Das gebe jetzt eine gewisse Sicherheit, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Freitag in Brüssel.

Die Hängepartie ist nicht vorbei

Dennoch ist man sich in Brüssel weitgehend einig: «Die schwierige Phase kommt noch», so sagte es der Brexit-Experte Fabian Zuleeg von der Denkfabrik European Policy Centre der Nachrichtenagentur DPA. Denn der bisherige Vertrag regelt nur die Vergangenheit, nicht aber die Zukunft.

Beide Seiten wollen eine «spezielle Partnerschaft», wie Merkel sagte, enge Handelsbeziehungen und enge Zusammenarbeit zur Abwehr von Terror und Verbrechen. Bezieht man wirklich alle Wünsche mit ein, wird das ein extrem kompliziertes Gebilde. Gleichzeitig soll das Vertragswerk schon binnen weniger Monate stehen, vor Ende der Übergangsfrist. «Unser grösster Knackpunkt wird sein, dass wir diese Verhandlungen sehr schnell machen müssen», sagte Merkel.

Die EU in guter Startposition

Zuleeg sagte, es werde, wenn überhaupt, nur ein sehr einfaches Abkommen möglich sein, das Zölle im Warenexport vermeidet. Auch das werde aber nur klappen, wenn Grossbritannien weiter viele EU-Standards einhält. «Dann wird Grossbritannien akzeptieren müssen, was die EU vorlegt», meinte der Brüsseler Experte. Denn die EU geht mit einer strikten Bedingung in die Verhandlungen: «faire Wettbewerbsbedingungen».

London soll sich nicht mit Steuer-, Sozial- oder Umweltdumping Vorteile verschaffen, wenn es unter günstigen Bedingungen Handel mit der EU treiben will - dem grössten britischen Absatzmarkt. Merkel erwartet, dass London die Spielräume genau ausloten wird und sich in jedem Fall als ein Wettbewerber vor der Küste des Kontinents in Stellung bringt. Aber halb so schlimm, meinte die Kanzlerin: «Also, ich sehe da eher ein belebendes Element.»

Die EU hat überlebt

Viele EU-Politiker winkten, bildlich gesprochen, den langjährigen Partnern am Freitag noch einmal zum Abschied. Die Grünen-Politikerin Terry Reintke sinnierte sieben Wochen vor dem Austritt sogar schon über den Wiedereintritt der Briten in die EU.

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Doch ist die Wehmut insgesamt schon etwas abgeklungen - und auch die Furcht, dass nun ein Dominoeffekt die EU zerfallen lässt. Das britische Beispiel sei abschreckend, sagte Zuleeg. Das Votum der britischen Wähler indes war eindeutig: Der Brexit ist gewollt, so soll es sein. (sda/dpa)

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quelle: ap / frank augstein
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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Nicholas Fliess
14.12.2019 09:11registriert April 2014
Hinter den Satz „ Das Votum der britischen Wähler indes war eindeutig“ muss man ein Fragezeichen setzen. Das britische FPTP-System führt dazu, dass der Kandidat mit den meisten Stimmen gewinnt, alle Stimmen, die für andere Kandidaten eingeworfen wurden, fallen unter den Tisch. Oft sind das mehr Stimmen als der Gewählte erhalten hat. Diese Wähler werden nun völlig ignoriert...
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Don Alejandro
14.12.2019 00:59registriert August 2015
Schottland und Northern Ireland haben klar für die EU gestimmt. Little Britain, welcome.
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Canniuanos
13.12.2019 23:39registriert Dezember 2019
Die Medien sollten jetzt einfach mal ruhig sein und nicht wieder von vorne anfangen, die übelsten Spekulationen befangener EU Apparatschiks als einzig möglichen Werdegang zu vertickern und ihre Leser damit abermals hinters Licht zu führen, wie nun schon seit zwei Jahren, während denen sie alle fast unisono behaupteten, ein zweites Referendum zum Brexit würde ziemlich garantiert in einen Verbleib in der EU münden.

Diese Wahlen waren genau dies; ein zweites Referendum nur mit anderen Mitteln und der Ausgang könnte klarer nicht sein, also verschont uns doch bitte mit weiteren Untergangsszenarien
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