«Rudy – er hat das alles getan», sagt ein amerikanischer Beamter. «Diese Sch…, in der wir nun sind, haben wir nur, weil er sich in den ordentlichen Prozess eingemischt hat.»
In einem aufsehenerregenden Report zeichnet die «Washington Post» nach, wie sich Rudy Giuliani das Ukraine-Dossier unter den Nagel gerissen und wie er sich dabei auf längst widerlegte Verschwörungstheorien verlassen – und wie er schliesslich den Präsidenten zu seinem verhängnisvollen Telefonat mit seinem ukrainischen Gegenpart verleitet hat.
Aber der Reihe nach:
Anfang dieses Jahres wurde überraschend die US-Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, nach Washington zurückbeordert. Sie war noch zu Zeiten von Präsident Barack Obama ernannt worden, doch sie genoss im Aussenministerium einen sehr guten Ruf.
Hinter der Entlassung steckte Rudy Giuliani, der persönliche Anwalt Donald Trumps. Er hatte Wind bekommen von einer Verschwörungstheorie, die in rechtsextremen Kreisen und Medien seit längerem zirkuliert.
Die Verschwörungstheorie besagt, dass nicht nur Hunter Biden, der Sohn des ehemaligen Vizepräsidenten Joe Biden, aus dubiosen Gründen von einem Korruptionsverdacht freigesprochen worden war. Auch Trumps ehemaliger Wahlkampfmanager Paul Manafort sei Opfer der gleichen Kreise geworden, die – wie könnte es auch anders sein – von George Soros finanziert würden.
So weit, so schlecht. Mit Botschafterin Yovanovitch liess sich dieser Unsinn natürlich nicht erhärten. Sie musste weg. Giuliani begann, ernsthaft gegen Yovanovitch zu intrigieren. «Gegen sie müsste man ebenfalls ein Untersuchungsverfahren einleiten», erklärte er gegenüber der «Washington Post». «Sie wird von George Soros bezahlt.»
Yovanovitch arbeitet heute an der Georgetown University in Washington. Sie will die Angelegenheit nicht kommentieren.
Als sich Trump schliesslich persönlich mit einem Tweet gegen Yovanovitch zu Wort meldete, war es um die Botschafterin geschehen. Sie wurde zurückberufen.
Nun hatte Giuliani freie Bahn. Er war überzeugt, dass er mit dem neu gewählten Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, ein leichtes Spiel haben würde, schliesslich war der Mann ein blutiger Anfänger im Polit-Business.
Vom Aussenministerium hatte er verschiedene Treffen in Kiew organisieren lassen. Als sein Trip ruchbar wurde, musste er ihn jedoch wieder abblasen. Stattdessen gab es ein Treffen von Mitgliedern des Stabes von Selenskyj und Giuliani in Madrid. Trumps Anwalt soll sie dabei mit Nachdruck aufgefordert haben, Dreck gegen Joe Biden zu finden.
Es sei an dieser Stelle nochmals betont: Obwohl Hunter Bidens Mandat bei der ukrainischen Erdgas-Gesellschaft Burisma fragwürdig war, gibt es keinerlei Beweise, dass er etwas Illegales tat, und dass sein Vater davon wusste.
Die hohen Beamten im Aussenministerium und im National Security Counsil (NSC) waren über dieses Vorgehen entsetzt. Sie hatten mit allen Mitteln versucht, Trump davon abzuhalten. Stabschef Mick Mulvaney blieb jeder Sitzung mit Trump und Giuliani fern. Selbst der inzwischen gefeuerte Hardliner und NSC-Chef John Bolton wollte nichts davon wissen.
Die ganze Angelegenheit war daher laienhaft organisiert. Es gab keinen ordentlichen Prozess. «Es gab keine Befehle oder formale Richtlinien seitens des Weissen Hauses», sagt ein hoher US-Beamter. «Beim NSC haben sie sich den Kopf gekratzt und gefragt: 'Wie ist das möglich?'.»
Seit die Ukraine-Affäre aufgeflogen ist, verhält sich Giuliani noch chaotischer. Zuerst hat er sich auf CNN fast eine halbe Stunde lang mit Chris Cuomo gezofft und dabei unfreiwillig zugegeben, dass er tatsächlich die Ukraine gedrängt hat, in Sachen Biden tätig zu werden.
Nun legt er sich selbst mit Fox News an. In der Sendung mit Laura Ingraham hat er sich derart bizarr geäussert, dass es selbst dieser Hardline-Trump-Fan-Moderatorin peinlich wurde, und sie ihn abklemmen musste.
Und Giuliani wäre nicht Giuliani, hätte er nicht erneut einen Riesenbock geschossen: Er gab zu, dass er mit dem Aussenministerium zusammengearbeitet hatte. Wie er das rechtfertigen kann, wird interessant werden.
Witzig wär's ja. 😅