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Donald Trump setzt Coronavirus-Briefings aus: «Aufwand nicht wert»

President Donald Trump steps away from the podium to allow Stephen Hahn, commissioner of the U.S. Food and Drug Administration, to speaks about the coronavirus in the James Brady Press Briefing Room o ...
Donald Trump nach einer Pressekonferenz am 24. April.Bild: AP

«Zeit und Aufwand nicht wert» – Trump hat keine Lust mehr auf Corona-Briefings

26.04.2020, 07:1826.04.2020, 16:06
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Die Coronavirus-Pandemie hat die USA voll erwischt. Doch nun hat Donald Trump keine Lust mehr. Seit Mitte März hielt der US-Präsident beinahe jeden Tag Pressekonferenzen zur Corona-Pandemie ab. Immer am frühen Abend, oft an die zwei Stunden lang. In der Coronakrise sind die live im Fernsehen übertragenen Veranstaltungen zum festen Ritual geworden. Eine Show mit einem Mann im Rampenlicht: dem einstigen Reality-TV-Star Trump. Seine Wesenszüge offenbarten sich dort mehr denn je. Nun stellt Trump seine Auftritte aber zur Disposition.

Ein frustrierter Präsident

Am Samstagabend, zur sonst üblichen Briefing-Zeit, meldete sich Trump nicht vom Rednerpult zu Wort, sondern per genervtem Tweet: Was habe es für einen Zweck, Pressekonferenzen im Weissen Haus abzuhalten, wenn die Medien «nichts als feindselige Fragen stellen & sich dann weigern, die Wahrheit oder Fakten genau zu berichten», schrieb er dort. «Sie haben Rekord-Einschaltquoten & das amerikanische Volk bekommt nichts als Fake News.» Das sei den Aufwand nicht wert. Ob das bedeutet, dass er künftig gar keine Pressekonferenzen mehr zur Coronakrise machen möchte, liess der Präsident offen. Zuletzt hatte ihm sein Auftreten jedenfalls viel Ärger eingehandelt.

Trump und die Desinfektionsmittel

Bei seinem Briefing am Donnerstag hatte der Präsident vor laufender Kamera die Frage aufgeworfen, ob Menschen nicht Desinfektionsmittel gespritzt werden könnte, um das Virus zu bekämpfen. Der Aufschrei war gross. Die Katastrophenschutzbehörde des US-Staats Maryland erklärte kurz nach Trumps Auftritt, es seien mehrere Anrufe mit Fragen zu Desinfektionsmittel und Covid-19 eingegangen. Unter keinen Umständen dürften solche Mittel injiziert oder anderweitig verabreicht werden. Auch andere öffentliche Stellen und ein Hersteller von Desinfektionsmittel sahen sich zu öffentlichen Warnungen veranlasst.

Trump behauptete daraufhin, seine Äusserung sei «sarkastisch» gemeint gewesen. Doch richtig einfangen liess sich die Äusserung nicht. Bei seinem Briefing am Freitag gab sich Trump dann ungewohnt schmallippig: Er beendete die Pressekonferenz nach einer Rekordzeit von nur etwa 20 Minuten – ohne Fragen zu beantworten. Mehrere US-Medien berichteten am Wochenende, es gebe eifrige Bemühungen von Trumps Beratern, die Briefings abzukürzen und seltener anzusetzen. Kurz darauf folgte dann Trumps Tweet. Aber kann der Präsident tatsächlich auf die tägliche Bühne verzichten?

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Trumps Höhepunkt des Tages

Der Alltag des Präsidenten ist durch die Coronakrise auf den Kopf gestellt. Er ist im Weissen Haus gefangen. Besucher aus dem Ausland kann er nicht empfangen, Ausflüge zu seinem Anwesen in Florida sind unmöglich, der Golfplatz ist ebenfalls tabu. Die «New York Times» schrieb zuletzt, die Pressekonferenz sei der einzige Teil des Tages, auf den Trump sich freue – «obwohl sogar Republikaner sagen, dass die zweistündigen politischen Angriffe, Klagen und Unwahrheiten des Präsidenten ihm politisch schaden». Trump betrachte die Briefings Beratern zufolge als Prime-Time-Shows, die für ihn der beste Ersatz für die gigantischen Wahlkampfveranstaltungen seien, aus denen er sonst Energie zieht und die in Corona-Zeiten nicht möglich sind.

«Wir haben eine enorme Zahl an Zuschauern», jubelte der Präsident kürzlich. Ein anderes Mal schrieb er bei Twitter, die Einschaltquoten bei seinen Briefings machten selbst die Produzenten beliebter Fernsehshows neidisch. Die Veranstaltungen garantierten stets Nachrichten, stiessen aber von Anfang an auf viel Kritik.

Trumps Eigenlob

Angekündigt waren diese stets als Pressekonferenzen der Coronavirus-Arbeitsgruppe des Weissen Hauses. Trump beanspruchte sie aber überwiegend für sich. Laut einer Statistik der «Washington Post» sprach Trump seit Mitte März 63 Prozent der Zeit bei den Veranstaltungen, die prominentesten Wissenschaftler der Corona-Arbeitsgruppe – Deborah Birx und Anthony Fauci – kamen auf zehn beziehungsweise fünf Prozent. Trump nutzte die Auftritte in den vergangenen Wochen vor allem, um sich und sein umstrittenes Krisenmanagement zu loben («Ich hätte es nicht besser machen können»). Er präsentierte auch mehrfach Videoclips, in denen andere ihn preisen – schliesslich ist der Republikaner im Wahlkampf.

Empathie? Nur in Massen

Trauer um die inzwischen mehr als 50'000 Corona-Toten im Land spielte bei Trumps Auftritten bislang kaum eine Rolle. Der Präsident gilt nicht als grosses Talent, wenn es um Mitgefühl und Trost geht. Ein Reporter fragte Trump kürzlich, was seine Botschaft an jene Amerikaner sei, die verängstigt seien durch die Krise – eigentlich eine Steilvorlage für eine landesväterliche Geste. Doch Trump explodierte. «Ich sage, dass Sie ein schrecklicher Reporter sind. Das ist, was ich sage», schimpfte er. «Ich denke, es ist eine sehr gehässige Frage (...).»

Trumps Wut und die Suche nach Anerkennung

Überhaupt zeigte Trump immer wieder deutlich, wie sehr er nach Anerkennung sucht – und wie sehr er Medien verachtet, die ihn kritisieren. Regelmässig beklagte er sich, die «fantastische», «grossartige» Arbeit seiner Regierung in der Krise werde nicht gewürdigt. Eine Korrespondentin, die ihn hartnäckig fragte, warum er zu Beginn der Coronakrise nichts unternommen habe, fuhr er kürzlich an: «Sie sind so schändlich.» Einen anderen Reporter unterbrach Trump bei einer Frage nach dem Mangel an Corona-Tests barsch mit den Worten: «Seien Sie still. Seien Sie still. Wenn Sie weiterreden, dann gehe ich.»

Vor der Krise wurde Trump dafür kritisiert, die früher täglichen Pressekonferenzen seiner Sprecher abgeschafft zu haben. Mit seinen Corona-Briefings sah er sich dann dem Vorwurf ausgesetzt, diese seien voller Falschinformationen und Widersprüche – etwa als er Demonstranten ermutigte, gegen Beschränkungen zur Eindämmung der Epidemie zu protestieren, die seinen eigenen Richtlinien entsprechen.

Trump – ungekürzt und ungefiltert

Die «New York Times» forderte kürzlich in einem Kommentar, die Pressekonferenzen nicht mehr live zu senden. Auch andere Kritiker Trumps haben sich dafür ausgesprochen. Die Live-Übertragungen grenzten an «journalistisches Fehlverhalten», schrieb die Zeitung. «Alles, was ein Präsident tut oder sagt, sollte dokumentiert werden. Aber alles ungefiltert zu senden, ist faul und unverantwortlich.» Trump habe die Wahl 2016 auch dadurch gewonnen, dass er den Hunger der Medien nach Zuschauerzahlen und Klicks ausgenutzt habe. «Das passiert alles wieder. Die Medien haben nichts gelernt.» Andere argumentierten, Trump rede sich bei den Briefings um Kopf und Kragen und schmälere damit seine Wiederwahlchancen. Nun ist es womöglich er selbst, der dem Spektakel ein Ende bereitet. (sda/dpa)

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141 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Füürtüfäli
26.04.2020 08:41registriert März 2019
Die Lunge bebt, der Körper brennt,
Da fragt der Mensch den Präsident,

“Was soll ich tun, oh weiser Mann?
Ich häng doch so am Leben dran!”

“Trink dies Gebräu vom Sagrotan.
Das hab ich auch schon oft getan”

Er trinkt den Trunk in seiner Not,
das Virus lebt, der Mensch ist tot.
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Zum Kommentar
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ricardo
26.04.2020 08:40registriert Februar 2014
«Kä Luscht». Kommt uns doch irgendwie bekannt vor.
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Melden
Zum Kommentar
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[CH-Bürger]
26.04.2020 08:28registriert August 2018
"Ich hätte es nicht besser machen können".
Indeed, Donnie! 🤦🏼‍♂️

Wo nix gscheits drin ist, kann nix gscheits rauskommen!
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