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Neue Cyber-Attacke legt Dutzende Firmen lahm – auch Ölkonzern Rosneft betroffen

Gefährlicher als WannaCry: Cyber-Attacken nun auch in USA ++ Schweizer Firma infiziert

27.06.2017, 16:4728.06.2017, 07:07
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Gut sechs Wochen nach der globalen Attacke des Erpressungstrojaners «WannaCry» hat ein Cyber-Angriff Dutzende Unternehmen vor allem in der Ukraine lahmgelegt. In der Nacht hat sich die Attacke weltweit ausgebreitet: Die US-Pharmafirma Merck gab an, infiziert worden zu sein. Die genaue Herkunft des Virus ist noch unklar. Für Computer-Sicherheitsexperten ist der Virus damit gefährlicher als WannaCry. 

Betroffen war aber auch mindestens ein Schweizer Unternehmen, die Werbeplattform Admeira.

Das Unternehmen twitterte am Dienstagabend, dass es von der Cyber-Attacke betroffen sei. Die Ausspielung von TV-Werbung bei SRG und privaten Sendern sei aber gewährleistet, hiess es. Ebenso könnten Online-Kampagnen wie gewohnt ausgespielt werden.

Die Schweizer Melde- und Analysestelle Informationssicherung (MELANI) hatte zuvor auf Anfragen der Nachrichtenagenturen SDA und Reuters noch erklärt, Schweizer Unternehmen seien gegenwärtig vorliegenden Informationen zufolge nicht betroffen. Aber auch aus anderen Ländern mehren sich bei Twitter alarmierende Meldungen zu #Petya.

Lösegeldforderungen

Die bereits seit vergangenem Jahr bekannte Erpressungssoftware verschlüsselt Computer und verlangt Lösegeld. Vor allem die Ukraine, Russland, England und Indien sind nach Einschätzung von Schweizer Experten Opfer von Hackerangriffen geworden.

Bereits im Mai hatten Angriffe mit der möglicherweise ähnliche Lücken nutzenden Schadsoftware «WannaCry» unter anderem in britischen Spitälern und Arztpraxen zu massiven Behinderungen geführt.

Die ukrainische Zentralbank warnte vor einer Attacke mit einem «unbekannten Virus». Eine Firma teilte mit, der Virus heisse «Petya.A». Berichten zufolge fordern die Erpresser für die Wiederherstellung der Systeme die Zahlung von jeweils 300 Dollar in der Cyber-Währung Bitcoin. Berichtet wurde aber auch von einer «WannaCry»-Variante.

Ukrainische Infrastruktur angegriffen

In der Ukraine hatten zuvor neben dem Staatskonzern Antonov auch weitere Banken, Telekom, Post, ein Stromnetzbetreiber, der Kiewer Flughafen und die Regierung Probleme mit ihren Computernetzwerken gemeldet. Auch die Deutsche Post in der Ukraine ist betroffen.

Bei der Polizei gingen bis zum Nachmittag 22 Anzeigen ein, darunter auch von mindestens einem Mobilfunkanbieter. «Die Cyber-Polizei klärt gerade die Ursache der Cyber-Attacke», erklärte ein Sprecher des Innenministeriums.

Es handle sich um die bislang schwersten Hackerangriffe in der Geschichte des Landes, erklärten Berater des Innenministeriums in Kiew. Möglicherweise sei eine modifizierte Version des «WannaCry»-Virus dafür verantwortlich. Die Attacken sollen demnach von Russland aus ausgeführt worden sein. Die Netzwerke dürften in einigen Tagen wieder laufen.

«Massive Attacke»

Der russische Ölkonzern Rosneft sprach bei Twitter von einer «massiven Hackerattacke». Die Ölproduktion sei aber nicht betroffen, weil die Computer auf ein Reservesystem umgestellt worden seien. Auch die Tochterfirma Baschneft wurde in Mitleidenschaft gezogen.

Der US-Nahrungsmittelkonzern Mondelez International erklärte, Mitarbeiter in verschiedenen Regionen hätten technische Probleme. Es sei unklar, ob dafür Cyber-Angriffe verantwortlich seien. «Wir untersuchen die Sache», erklärte eine Firmensprecherin.

Die Cyber-Attacke weitete sich derweil auf Westeuropa aus. Der dänische Logistikdienstleister Maersk, das britische Werbeunternehmen WPP und der französische Industriekonzern Saint-Gobain bestätigten, von Hackerangriffen betroffen zu sein. Zum Schutz ihrer Computersysteme seien Massnahmen ergriffen worden, um einen Datenverlust zu verhindern.

Mitte Mai hatte die «WannaCry»-Attacke hunderttausende Computer in mehr als 150 Ländern mit dem Betriebssystem Windows betroffen. Dabei sorgte eine seit Monaten bekannte Sicherheitslücke im veralteten Windows XP für eine schnelle Ausbreitung. Betroffen waren vor allem Privatpersonen, aber auch Unternehmen wie die Deutsche Bahn und Renault. (sda/reu/afp/dpa)

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(sda/dpa/reu)

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26 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Toto
27.06.2017 18:55registriert Juli 2014
Der nächste Weltkrieg hat schon angefangen. Da nützen die 70 Flugi vom BR Parmelin nicht viel! Es wäre besser das Geld in die Cyber Verteidigung zu investieren !
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Überdimensionierte Riesenshrimps aka Reaper
27.06.2017 17:09registriert Juni 2016
Interessante Kombination:
Neue Cyber-Attacke legt Dutzende Firmen lahm – auch Ölkonzern Rosneft betroffen
Interessante Kombination:
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boexu
27.06.2017 17:14registriert August 2015
Unsere Firma wurde auch angegriffen. Sieht aus, als wäre auch die Schweiz betroffen...
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