In der Klimadiskussion bekommt der Strassen-, Flug- und Schiffsverkehr sein Fett ab. Doch fossile Treibstoffe werden auch auf Eisenbahnschienen verbrannt – und das nicht zu knapp. Auf dem deutschen Schienennetz sind nur 60 Prozent der Strecken elektrifiziert.
Wer jemals mit dem Zug aus der Schweiz nach München gefahren ist, hat sich deshalb in den vergangenen Jahren wohl gewundert, dass auf dieser viel befahrenen Strecke noch Diesellokomotiven verkehren. Erst im vergangenen Jahr wurden die Schienen um die Bodensee-Stadt Lindau mit elektrischen Oberleitungen ausgerüstet.
Die Diesellokomotiven haben also bei weitem nicht ausgedient. Das gilt für viele Länder auf der ganzen Welt und auch in Europa. «In den USA fahren 90 Prozent der Züge mit Diesel, in Indien beinahe alle», sagt dazu Gian-Luca Erbacci, Präsident von Alstom Europa. Für die geforderte Dekarbonisierung des Verkehrs braucht es somit andere Lösungen, und da ist Wasserstoff gemäss Alstom-CEO Henri Poupart-Lafarge eine Schlüsseltechnologie.
Um auf fossile Treibstoffe zu verzichten, könnte man einfach alle Strecken elektrifizieren. Doch jeder Kilometer Bahnstrecke, der verstromt wird, kostet gemäss Poupart-Lafarge viele Millionen. Auch gibt es auf der Erde in vielen Ländern Bahnstrecken, die baulich gar nicht so einfach mit elektrischen Oberleitungen versehen werden können.
Als Alternative hat Alstom einen Hydrogen-Train, einen Wasserstoff-Zug entwickelt. Der Prototyp der Firma Alstom hat in Norddeutschland zwischen Cuxhaven und Buxtehude seine Weltpremiere erlebt. 18 Monate wurde der Prototyp, der in der Lokomotive aus Wasserstoff mit einer Brennstoffzelle Strom macht, im Linienverkehr getestet.
Auf einer 123 Kilometer langen Strecke, an der 21 Bahnhöfe liegen. Produziert wird der seit 2014 entwickelte H2-Zug namens Coradia iLint, der mit maximal 140 Stundenkilometern unterwegs ist, im deutschen Salzgitter.
Nach 18 Monaten Test in Deutschland wurde der Zug im Raum Groningen in den Niederlanden getestet. Später in Österreich, unter schwierigeren topografischen Verhältnissen. Die Erfahrungen mit dem sehr leisen Zug waren auch in Österreich gut, sagte ÖBB-Chef Mark Topal kürzlich bei der Einführung des Hydrogen-Zugs in Salzgitter:
Der ÖBB-Chef führt aus: «Die Reichweite von 1000 Kilometern ist genügend. Der Zug bietet mit 153 Sitzplätzen genug Platz, und die Fahrgäste zeigten sich wie das Personal sehr interessiert an der Brennstoffzellen-Technologie.».
Auch die Betankung funktionierte reibungslos. Die Wasserstoff-Nutzung ist nicht die einzige Lösung. Getestet werden zum Beispiel auch Züge mit Batterieantrieb wie Elektroautos. Nach Topal hat auf langen Strecken der Wasserstoff-Zug Vorteile, weil die Energie im Wasserstofftank gespeichert ist und eine grosse Reichweite ermöglicht.
Auf kürzeren Strecken ist der Batteriezug praktisch. Die nötige Wasserstoff-Infrastruktur zu erstellen, sei eine grosse Aufgabe und keine, die eine Bahngesellschaft lösen könne. Entscheidend sei, dass der Wasserstoff aus erneuerbarer Energie produziert werde.
Für die SBB ist Wasserstoff als Energieträger im Personenverkehr kein Thema, «da unser Schienennetz zu über 99 Prozent elektrifiziert ist», sagt Martin Meier von den SBB. Die Züge der SBB fahren mit Strom, der zu über 90 Prozent aus Wasserkraft stammt. Ab 2025 sollen die Züge mit Strom aus 100 Prozent erneuerbaren Energien fahren. Personen werden nicht mit Dieselantrieb befördert.
In der Schweiz sind Dieselloks vor allem auf Rangierbahnhöfen, im Güterverkehr und auf Baustellen im Einsatz. Ab 2040 sollen gemäss Meier auch Rangier- und Baustellenloks mit erneuerbarer Energie unterwegs sein. Meier:
Entsprechende Abklärungen seien in die Wege geleitet. In Europa allerdings wächst das Interesse an dem Hydrogen-Train. Italien und Frankreich haben sie bestellt. (aargauerzeitung.ch)