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Deutsche Polizei hebelt Neonazi-Gruppe aus – in ihren eigenen Reihen

Deutsche Polizei hebelt Neonazi-Gruppe aus – in ihren eigenen Reihen

16.09.2020, 12:1416.09.2020, 12:31
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Auf einer Polizeiwache in Bayern versuchten rund 50 Schüler einen festgenommenen Kameraden zu befreien. (Symbolbild)
Bild: AP

Im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen hat die Polizei eine rechtsextreme Gruppe in ihren eigenen Reihen erwischt.

Es soll sich dabei um Polizisten aus Essen und Mülheim handeln, wie Innenminister Herbert Reul am Mittwoch in Düsseldorf berichtet. Offenbar betrieben die Beamten fünf Chats, in denen sie sich austauschten. 29 Personen – Männer und Frauen – sollen involviert gewesen sein.

14 Beamte sollen aus dem Dienst entfernt werden. Laut Reul gehören 25 Beamte zum Polizeipräsidium Essen. Insgesamt habe es am Mittwoch 14 Razzien gegen Polizistinnen und Polizisten gegeben.

Bei Razzien gegen die Gruppe sind dutzende Wohnungen durchsucht worden. Die Verdächtigen wurden vom Dienst suspendiert und gegen sie wurden Disziplinarmassnahmen eingeleitet.

Reul sprach von «einer Schande für die Polizei». Es sei «übelste und widerwärtigste Hetze» – darunter auch Fotos von Adolf Hitler und eine fiktive Darstellung eines Flüchtlings in einer Gaskammer – in den Chats betrieben worden. Eine der Chatgruppen sei wahrscheinlich bereits im Jahr 2013 gegründet worden, spätestens im Mai 2015.

epa08130522 Herbert Reul, Interior Minister of the German state of North Rhine-Westphalia, speaks to the media during a press conference in Duesseldorf, Germany, 15 January 2020. Reul commented the in ...
Herbert Reul.Bild: EPA

Der Minister kündigte eine Sonderinspektion für das besonders betroffene Polizeipräsidium Essen an. Zudem werde er einen Sonderbeauftragten für rechtsextremistische Tendenzen in der nordrhein-westfälischen Polizei berufen. Er werde alles in seiner Macht Stehende dafür tun, «diese Menschen aus dem Dienst zu entfernen», sagte Reul. Laut Michael Frücht, Leiter des Landesamtes für Fortbildung der Polizei in NRW (LAFP), wurden alle 29 Beamten suspendiert.

Auf die rechtsextremen Polizisten sind die Ermittler per Zufall gestossen. Ein Polizist wurde verdächtigt, Amtsgeheimnisse an die Medien weiter zu geben, bei der Durchsuchung seines Smartphones wurden dann die Chats entdeckt. Das Ursprungs-Handy gehört nach Angaben der Ermittler einem 32-jährigen Beamten der Polizei Essen privat. Die Behörden gehen davon aus, dass noch mehr Polizisten involviert sind. Diverse beschlagnahmte Daten seien noch nicht ausgewertet worden. (aeg)

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59 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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insert_brain_here
16.09.2020 13:01registriert Oktober 2019
Sehr gut! Da wurde viel zu lange bewusst weggeschaut!
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Varanasi
16.09.2020 13:36registriert August 2017
Es kann keiner mehr von Einzelfälle sprechen. Gut, dass Herr Reul das nun auch so sieht.
Diese schlechte Nachricht ist gleichzeitig eine gute, denn endlich deckt man solche Fälle auf.

Frage mich immer wieder: ist die Polizei selbst nicht auch daran interessiert, dass rechtsextreme Netzwerke aufgedeckt werden? Wieso sträuben sie sich so gegen eine unabhängige Studie?
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Emil Eugster
16.09.2020 13:18registriert Juni 2020
Es ist bekannt, dass der Polizeidienst auf der ganzen Welt wegen seines Gewaltmonopols + der streng hierarchischen Struktur Rechtsextreme anzieht. Es ist aber nur in der deutschen Polizei möglich, dass gegen diese Leute in den eigenen Reihen vorgegangen wird. Das wohl wegen der besondern Geschichte Deutschlands + der Aufarbeitung der Nazizeit. Kadavergehorsam + übertriebene Kollegialität, den "Code of Silence", gibt es überall, auch in der Schweiz. Die "good cops", die nichts sagen machen sich eben mitschuldig + sind deshalb auch keine "good cops". Polizisten wehrt euch gegen die Schlechten.
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