Rund 20'000 Neuinfektionen wurden am Sonntag, 12. Juli für den gesamten Kontinent Afrika gemeldet. Bei rund 1,3 Milliarden Menschen ein überschaubarer Wert. Doch betroffen ist vor allem ein Land: Südafrika.
Alleine 13'000 Fälle wurden aus dem Land an der Südspitze des Kontinents gemeldet. Während anfangs vor allem Kapstadt betroffen gewesen war, entwickelte sich jetzt die Region Johannesburg zu einem Infektionen-Brandherd.
>> Coronavirus: Alle News im Liveticker
Die Coronavirus-Zahlen aus Afrika sind mit Vorsicht zu betrachten, schliesslich sind nicht alle Länder in der Lage, flächendeckend zu testen. Doch der Anstieg in Südafrika ist besonders besorgniserregend – denn obwohl die Kurve nie wirklich abgeflacht ist, hat Südafrika vor eineinhalb Monaten seine Massnahmen gelockert. Nach einem drastischen Anstieg in den letzten Tagen hat Präsident Cyril Ramaphosa die Regeln wieder verschärft. Aber der Reihe nach:
Der südafrikanische Gesundheitsminister Zweli Mkhize informiert über den ersten bestätigten Corona-Fall im Land. Es handelt sich um einen Mann, der nach einer Rückkehr aus Italien positiv getestet wurde.
Zehn Tage nach Bekanntwerden des ersten Falls ruft Präsident Cyril Ramaphosa für Südafrika den nationalen Notstand aus. Konkret bedeutet das sofortige Reisebeschränkungen und Schulschliessungen.
Ausserdem wird eine Task Force aus Experten zusammengerufen, um das Virus im Land möglichst einzudämmen. Sie stellte unter anderem auch eine Skala auf die Beine, nach der die Situation in Südafrika eingestuft wird.
Weitere elf Tage später, am 26. März, erreicht Südafrika erstmals die höchste Stufe – Level 5 – dieser Skala. Das heisst konkret: Südafrika ruft einen der weltweit härtesten Lockdowns aus. So bleiben beispielsweise Fabriken und fast alle Minen geschlossen. Das Haus darf nur noch verlassen, wer in ein Lebensmittelgeschäft, in eine Apotheke oder zum Arzt muss.
Eine Ausnahme für Menschenansammlungen sind Beerdigungen im kleinen Rahmen. Alle kommerziellen Flüge sind gestrichen, es dürfen weder Alkohol noch Zigaretten verkauft werden, um die Notfallstationen der Spitäler von Opfern durch häusliche Gewalt und Verkehrsunfällen frei zu halten.
Drei Wochen nach dem ersten bestätigten Fall und einen Tag nach dem Lockdown meldet Südafrika den ersten Todesfall als Folge von Covid-19.
Von abflachenden Zahlen keine Spur, doch Südafrika kehrt zurück zu Level 4 – was aber noch immer einem strikteren Lockdown entspricht, als wir ihn in der Schweiz je hatten. Laut Präsident Ramaphosa bedeutet es, dass «einige Aktivitäten vorbehaltlich extremer Vorsichtsmassnahmen zur Begrenzung der Übertragung wieder aufgenommen werden können.» Geschäfte und Fabriken bleiben allerdings weiter zu.
Zwei Monate mit komplettem Lockdown verlangsamten die Ausbreitung des Coronavirus, doch die Zahlen stiegen weiter an. Und auch die bereits in der Rezession befindliche südafrikanische Wirtschaft schrumpft dramatisch, die Arbeitslosigkeit steigt auf über 30 Prozent. Wobei Arbeitslosigkeit in Südafrika sowieso schwierig zu definieren ist, weil sich viele mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten.
Südafrika kehrt also per 1. Juni zu Level 3 zurück, die Arbeit wird vielerorts wieder aufgenommen. An vier Tagen die Woche darf ausserdem wieder Alkohol verkauft werden.
Innert wenigen Wochen stiegen die bestätigten Fallzahlen und Hospitalisierungen wieder drastisch an. In den letzten Tagen wurden täglich über 10'000 Personen positiv getestet.
Das bereitet auch Dr. Salim Abdool Karim Sorgen, Gesundheitsexperte in der südafrikanischen Task Force: «Wir wussten, dass die Zahlen mit den Lockerungen wieder ansteigen würden. Was aber überraschend war, ist die Geschwindigkeit, mit der die Fallzahlen anstiegen.»
Präsident Cyril Ramaphosa war gezwungen, erneute Restriktionen zu verkünden. Seit dieser Woche gibt es zwischen 21.00 und 04.00 Uhr nachts eine Ausgangssperre. Der Verkauf von Alkohol ist wieder verboten.
Inzwischen hat Südafrika über zwei Millionen Tests bei den 58 Millionen Einwohnern durchgeführt. Während getestete Personen im Juni noch bis zu zwölf Tage auf das Resultat warten mussten, konnte die Wartezeit inzwischen auf fünf Tage in öffentlichen Labors, respektive zwei Tage in privaten Labors verkürzt werden. Damit erhofft man sich in Südafrika, Kontaktpersonen schneller und damit effizienter warnen zu können.
Trotzdem erwartet Gesundheitsexperte Dr. Salim Abdool Karim, dass die Fallzahlen und Hospitalisierungen noch für einige Wochen steigen werden. Er hofft, dass bis Oktober ein Rückgang festzustellen ist.
Abgesehen davon wartet noch ein fast grösseres Problem auf das Land: Man rechnet damit, dass in Südafrika mehr Menschen an durch Covid-19 verschuldetem Hunger sterben werden als an der Infektionskrankheit selbst. Das schreibt zumindest Oxfam, ein internationaler Verbund von Hilfsorganisationen. Es bezeichnet Südafrika als «aufstrebendes Epizentrum des Hungers».
Strassenverkäufer sorgen beispielsweise für Essen in 70% aller Haushalte der Townships. Millionen von Menschen konnten sich während den Schliessungen dementsprechend kein Essen leisten.
Hier heult Frau und Herr Schweizer übers Masken tragen oder das sie immer noch Abstand halten müssen. In Südafrika sind viele Menschenleben in Gefahr.
Und ich befürchte, dass ich noch eine ganze Weile meine Freunde in Kapstadt sehen kann und hoffe, dass alle wohlauf sind bei meiner Rückkehr.