Italien scheint den Tanz mit dem Coronavirus zu beherrschen. Während in Spanien, Frankreich und anderen europäischen Ländern die täglichen Fallzahlen wieder anziehen oder die Regelungen verschärft werden, bleiben die Zahlen in Italien seit über einem Monat bei rund 200 und strenge Auflagen gab es auch praktisch nirgends.
Italiens Gesundheitsminister Roberto Speranza erklärte am vor einigen Tagen in einem Interview mit der Zeitung «Il Mattino» gar: «Das waren wohl die härtesten Monate seit dem 2. Weltkrieg. Aber wir sind aus dem Sturm.» Tatsächlich war dieser Sturm heftig. Als eines der ersten Länder nach China wurde insbesondere der Norden Italiens mit grosser Wucht vom Coronavirus getroffen. Spitäler waren hilflos überfordert, es kamen über 35'000 Menschen ums Leben. Mit rund 60 Toten pro 100'000 Einwohnern rangiert Italien auch weltweit im oberen Bereich.
Doch wie gesagt: Italien hat das Virus im Moment im Griff. Speranza ergänzte zwar in besagtem Interview: «Im sicheren Hafen sind wir noch nicht.» Aber aktuell kann sich das Land erholen. Wie hat das unser südlicher Nachbar geschafft?
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Italien öffnete seine Grenzen am 3. Juni früh und überraschend für diverse europäische Staatsangehörige. Die Ferienzeit stand an und mit ihr eine wichtige Einnahmequelle für das gebeutelte Land.
Die Regeln im täglichen Umgang haben sich seither nur wenig geändert: Maskenpflicht praktisch überall im öffentlichen Raum. Im Restaurant darf diese beispielsweise nur zum Essen abgezogen werden.
Dazu werden vielerorts Einweghandschuhe vorgeschrieben, an diversen Punkten wird Fieber gemessen, bevor man beispielsweise ein Museum betreten darf.
Veranstaltungen mit mehreren Personen sind zwar wieder erlaubt, es braucht aber natürlich ein Schutzkonzept und die Obergrenze steht bei 1000 Personen draussen und 200 in geschlossenen Räumen.
Wer Strände besuchen will, muss natürlich den Abstand von einem Meter einhalten und teilweise seine Kontaktangaben hinterlassen.
Gesundheitsminister Speranza wird nicht müde, die drei wichtigsten Regeln zu repetieren: «Abstand halten, Masken und regelmässiges Händewaschen.» Auch auf Facebook meldet er sich mit dieser Botschaft an seine Follower:
Wer gegen die Regeln verstösst, wird mit teilweise hohen Bussen bestraft. Das scheint alles zu wirken. Touristen können so beispielsweise das Kolosseum in Rom, die Kathedralen in Mailand und Florenz oder den schiefen Turm von Pisa besichtigen.
Im Norden ist das Virus weiterhin weiter verbreitet als im Süden. In den letzten sieben Tagen steckten sich in der Region Lombardei mit 399 Personen am meisten Menschen an. Danach folgt die Emilia Romagna mit 315 neuen Fällen.
Die Lombardei ist mit insgesamt fast 100'000 positiv Getesteten seit Anfang der Epidemie auch die deutlich meist betroffene Region.
Beide Regionen sind auch einwohnermässig stark, was mit den vielen Fällen zusammenhängt. Dagegen sind andere Feriendestinationen wie Sardinien (5 Fälle in den letzten 7 Tagen) oder Sizilien (26 Fälle in den letzten 7 Tagen) aktuell sehr gut unterwegs.
Wer aus einem vom BAG bestimmten Risikoland in die Schweiz einreist, muss hier 10 Tage in Quarantäne. Der Hauptgrund, um auf diese Liste zu kommen ist die Überschreitung von 60 Neuinfektionen pro 100'000 Einwohner in den letzten 14 Tagen.
Italien steht da mit einem Wert von aktuell 4,8 weit weg von dieser Liste. 94 Länder haben eine höhere Quote. Natürlich: Es kann schnell gehen, aber derzeit liegen die Neuinfektionen pro 100'000 auch deutlich unter der Schweiz, die aktuell auf einen Wert von rund 16 kommt.
Italien rief schon am 31. Januar den gesundheitlichen Notstand aus. Damals gab es zwei nachgewiesene Fälle im Land. Der Notstand gilt für sechs Monate, läuft also am 31. Juli ab. Es wird allerdings erwartet, dass Speranza diesen vorerst bis am 31. Oktober verlängern wird. Weil wie gesagt: Man ist aus dem Sturm, aber noch lange nicht im sicheren Hafen.
Auch wenn es aktuell gut aussieht. Die Angst vor einer zweiten Welle geht auch Italien um. Speranza erklärte gegenüber dem italienischen «Radio24»: «Natürlich wissen wir nicht, was im September oder Oktober passieren wird. Einige Länder haben schon die zweite Welle. Das war auch bei früheren Epidemien so. Darum ist es auch bei uns wieder möglich.»
Touristen hat es zwar, aber viele sind es nicht. Umso entspannter ist der Urlaub hier dafür.