Unter den in einem Lkw in Grossbritannien gefundenen 39 Leichen könnte es ein weiteres Opfer aus Vietnam geben. Er habe einen Anruf von einem Vietnamesen erhalten, der ihn über den Tod seines Sohnes auf dem Weg nach Grossbritannien informiert habe, sagte Nguyen Dinh Gia am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.
Am Freitag hatte bereits eine andere vietnamesische Familie Befürchtungen geäussert, dass eine Angehörige unter den Toten ist. Die Ermittler waren zunächst davon ausgegangen, dass alle Opfer aus China stammten.
Nguyen sagte der AFP, sein 20-jähriger Sohn habe sich seit 2018 illegal in Frankreich aufgehalten und wollte für rund 12'600 Euro nach Grossbritannien weiterreisen, um dort in einem Nagelstudio zu arbeiten. Vor einigen Tagen habe der Vater dann einen Anruf von einem Vietnamesen erhalten, der ihn um «Verständnis» bat und sagte, dass etwas «Unerwartetes passiert» sei.
Nguyen bat die vietnamesischen Behörden um Hilfe bei der Identifizierung seines Sohnes. Von Kontaktpersonen in Grossbritannien erfuhr er, dass der 20-Jährige Paris am Nachmittag des 21. Oktobers verlassen habe – zwei Tage vor dem grausigen Fund der Leichen nahe London.
Am Freitag hatte bereits der Vietnamese Pham Manh Cuong davon berichtet, dass seine Schwester unter den Toten sein könnte. Nach seinen Angaben war die 26-Jährige Anfang Oktober aus Vietnam nach Grossbritannien aufgebrochen. Am Dienstagabend habe sie dann ihrer Mutter eine verzweifelte SMS geschickt: «Es tut mir leid, Mama. Mein Weg ins Ausland hat keinen Erfolg. Mama, ich liebe Dich so sehr! Ich sterbe, weil ich nicht atmen kann.»
Pham sagte der AFP, die SMS sei echt und wenige Stunden vor dem Leichenfund am Mittwochmorgen abgeschickt worden. Auch aus vietnamesischen Sicherheitskreisen hiess es, unter den 39 Toten könnten vietnamesische Staatsangehörige sein. Ein Sprecher der vietnamesischen Botschaft in London sagte zudem, die diplomatische Vertretung sei von einer vietnamesischen Familie kontaktiert worden, die ihre Tochter seit der Entdeckung des Lastwagens vermisse.
Die beiden mutmasslichen Opfer könnten bei der Reise nach Grossbritannien gefälschte chinesische Pässe bei sich getragen haben. Sie stammen aus der verarmten Provinz Ha Tinh im Zentrum des Landes, aus der viele illegale Migranten kommen. Viele zahlten für ihre Reise mit gefälschten Dokumenten zehntausende Euro – in der Hoffnung, vor allem in Grossbritannien in Nagelstudios oder auf Cannabisfarmen arbeiten zu können.
Die 39 Leichen waren am Mittwochmorgen in einem Industriegebiet östlich von London in einem Lkw-Kühlcontainer entdeckt worden. Die Polizei nahm Ermittlungen wegen Mordes auf, vier Verdächtige wurden festgenommen. (viw/sda/afp)