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Mindestens 38 Tote in Myanmar – UN spricht von «schwärzestem Tag»

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Demonstrierende in Myanmar riskieren bei ihren Protesten gegen die Militär-Junta ihr Leben.Bild: keystone

Mindestens 38 Tote in Myanmar – UN spricht von «schwärzestem Tag»

03.03.2021, 20:24
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Nach dem Putsch in Myanmar haben die Militärmachthaber die Gewalt gegen Demonstranten weiter eskaliert. «Heute war der schwärzeste Tag seit dem Putsch am 1. Februar. Wir hatten heute, nur heute, 38 Todesfälle», sagte die UN-Sonderbeauftragte Christine Schraner Burgener am Mittwoch. Insgesamt seien damit mehr als 50 Menschen in den vergangenen Wochen gestorben.

Sie berichtete von «sehr verstörenden» Videos, auf denen Gewalt und das offensichtliche Erschiessen eines Protestierenden zu sehen gewesen sei. «Es scheint so, dass die Polizei Waffen wie Neun-Millimeter-Maschinenpistolen, also scharfe Munition, einsetzt.» In sozialen Netzwerken kursierten erschütternde Aufnahmen von blutüberströmten Leichen.

epa09047940 Soldiers advance to disperse protesters during a protest against the military coup in Yangon, Myanmar, 03 March 2021. Foreign ministers of the Association of Southeast Asian Nations (ASEAN ...
Das Militär geht mit brutaler Härte gegen die Demonstrierenden vor.Bild: keystone

In Myingyan im Norden Myanmars wurde nach übereinstimmenden Berichten ein junger Mann erschossen, ein anderer in Mawlamyine im Süden. Zwei weitere Demonstranten, ein 37-jähriger Mann und eine 19-jährige Frau, kamen in der Grossstadt Mandalay ums Leben, wie das Portal «Myanmar Now» schrieb. «Es waren etwa 20'000 Demonstranten auf der Strasse, und ich bin sicher, dass die Sicherheitskräfte der Armee angehörten», sagte ein Journalist vor Ort der Deutschen Presse-Agentur. In der früheren Hauptstadt Rangun, dem Hotspot der Proteste, gab es mindestens sieben Opfer.

Der Mittwoch war bereits der 30. Tag des Widerstands gegen das Militär. Die Sicherheitskräfte setzten auch wieder Tränengas, Blendgranaten und Gummigeschosse ein, wie das Portal «Eleven Myanmar» schrieb. Seit dem Putsch von Anfang Februar sollen nach Schätzungen von Aktivisten mehr als 1300 Menschen zumindest vorübergehend festgenommen worden sein - die Vereinten Nationen sprechen von 1200.

Das Militär hatte vor rund einem Monat gegen die faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi geputscht. Als Grund führten die Generäle Unregelmässigkeiten bei der Parlamentswahl vom November an. Diese hatte Suu Kyi mit klarem Vorsprung gewonnen. Beobachter dokumentierten dabei keine Zeichen von grösserem Wahlbetrug.

Die 75-jährige Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi sitzt seit dem Coup im Hausarrest und muss sich wegen verschiedener Vorwürfe vor Gericht verantworten. Die Demonstranten fordern die Wiedereinsetzung der früheren Freiheitsikone als Regierungschefin. Suu Kyi hatte während der fast 50 Jahre dauernden Militärdiktatur bereits 15 Jahre unter Hausarrest gestanden. Die Armee hatte damals das Land mit eiserner Hand regiert und jeden Widerstand mit brutaler Härte unterdrückt.

Myanmar leader Aung San Suu Kyi watches the vaccination of health workers at hospital Wednesday, Jan. 27, 2021, in Naypyitaw, Myanmar. Health workers in Myanmar on Wednesday became the country's  ...
Sitzt in Hausarrest: Aung San Suu Kyi.Bild: keystone

Schraner Burgener forderte die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck zum Handeln auf, um den Putsch rückgängig zu machen und die Gewalt zu beenden. «Es werden jetzt alle verfügbaren Werkzeuge benötigt, um diese Situation zu beenden, und wir brauchen eine Einheit der internationalen Gemeinschaft. Es liegt also an den Mitgliedstaaten, die richtigen Massnahmen zu ergreifen», so die UN-Gesandte, die eigenen Angaben zufolge mit der Militärführung in Kontakt steht. Am Freitag ist eine Sitzung des UN-Sicherheitsrates zur Gewalt in Myanmar geplant.

Papst Franziskus äusserte sich erneut besorgt über den Konflikt: «Ich appelliere an die beteiligten Parteien, dass der Dialog die Oberhand gewinnen möge über die Unterdrückung», schrieb das katholische Kirchenoberhaupt auf Twitter. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, «dafür zu sorgen, dass die Bestrebungen des Volkes von Myanmar nicht erstickt werden». Franziskus hatte schon im Februar unter anderem eine sofortige Freilassung festgenommener Politiker verlangt. (sda/dpa)

Der Hintergrund zu den aktuellen Konflikten:

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2 Kommentare
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marchinon
03.03.2021 21:01registriert April 2018
«Es scheint so, dass die Polizei Waffen wie Neun-Millimeter-Maschinenpistolen, also scharfe Munition, einsetzt.»

Leider scheint es nicht nur so, sondern ist der Fall. In den sozialen Medien sieht man viele Videos, die zeigen, wie Polizei und Militär mit Uzis in Richtung der Menschenmassen schiessen. Es ist traurig zu sehen, was dort gerade passiert und schwer zu verstehen, wie man auf das eigene Volk schiessen kann.
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