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Analyse

Wer ist eigentlich der neue Anführer des «Islamischen Staats»?

epa07971238 An undated handout photo made available by the US Department of Defense (DOD) shows Abu Bakr Al-Baghdadi, who was the Iraqi-born leader of the so-called Islamic State in Iraq and Syria (IS ...
Ist nicht mehr: Abu Bakr al-Bagdadi.Bild: EPA
Analyse

Wer ist eigentlich der neue Anführer des «Islamischen Staats»?

Vor einer Woche jagte ein Hund den meistgesuchten Mann der letzten fünf Jahre in den Tod: Abu Bakr al-Bagdadi. Nun wurde ein neuer «Kalif» des «Islamischen Staats» ausgerufen. Was weiss man über ihn?
04.11.2019, 21:4704.11.2019, 23:02
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Gerade mal drei Tage hat es gedauert, bis der sogenannte Islamische Staat in einer Audiobotschaft den Tod von Abu Bakr al-Bagdadi bestätigt und seinen Nachfolger bekannt gegeben hat.

Der neue «Kalif» nennt sich Abu Ibrahim al-Hashemi al-Qurashi. Was wissen wir über ihn? Um es gleich vorweg zu nehmen: Es ist nicht wirklich viel.

Der Name

Der Name Abu Ibrahim ist so wie der seines Vorgängers nur ein Kampfname, den er sich selbst gegeben hat. Die letzten zwei Namensbestandteile deuten darauf hin, dass er von sich behauptet, in direkter Linie von Prophet Muhammad abzustammen. Al-Hashemi war die Familie des Propheten, al-Qurashi bedeutet, dass er von dem Qureish-Stamm zugehörig sei. Insofern handelt es sich um typische Terror-Propaganda.

Die Nationalität

Mit guter Wahrscheinlichkeit ist er ein Iraker, da die meisten hohen Tiere der Terrormiliz ebenfalls Iraker sind. Ausserdem heisst es in der Audiobotschaft, in der der «Islamische Staat» die Nachfolge verkündete (in einer übersetzten Version hier), dass Abu Ibrahim gegen die Vereinigten Staaten von Amerika gekämpft habe.

Früher oder später wird die wahre Identität wohl aufgedeckt. Und vielleicht weiss man es bereits: Trump hatte am ersten Oktober getweetet, dass man ganz genau wisse, wer Abu Ibrahim ist.

Wie wurde Abu Ibrahim ausgewählt?

In dem Statement wurde auch darauf hingewiesen, wie der neue «Kalif» ausgewählt wurde, oder was die Terrormiliz uns glauben lassen will.

Als ein fundamentalistischer Kult, dessen gesamtes Selbstbild darauf beruht, dass es eine theokratische Nation ist und von einem Kalifen geführt wird, muss der «Islamische Staat» die Vergangenheit sehr ernst nehmen. Man will eine Analogie zu den ersten Jahren des Islams schaffen um sich zu legitimieren.

Militante islamistische Gruppen

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Militante islamistische Gruppen
«Islamischer Staat»: Die aus dem irakischen Ableger der Al Kaida hervorgegangene Miliz ist derzeit trotz territorialer Verluste die gefährlichste islamistische Terrorgruppe.
quelle: ap/militant website / uncredited
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Im Statement heisst es etwa, dass Abu Ibrahim übereinstimmend mit der «Tradition (Sunnah) der Noblen Begleiter» ausgewählt wurde. Die «Noblen Begleiter» waren zeitgenössische Begleiter von Muhammad. Was bedeutet das genau?

  • Der historisch erste Kalif nach dem Tod Muhammads im Jahr 632 war Abu Bakr (darum hiess der Terrorfürst ebenfalls so). Er wurde von den «Noblen Begleiter» nach dem Tod Muhammad gewählt.
  • Der zweite Kalif Omar wurde noch zu Lebzeiten Abu Bakrs von ihm auserkoren.
  • Omar löste die Nachfolgerfrage mittels Schaffung eines Komitees, das nach Omars Tod den nächsten Kalif bestimmen sollte. Die Wahl fiel auf Othman.
  • Der vierte Kalif, Ali, kam in einem verschlungenen Prozess an die Macht, bei dem sich Anhänger an seine Seite drängten.

Long story short: Es gab im frühen Islam keine einheitliche Methode um einen Kalifen zu bestimmen. Im Statement vom 31. Oktober 2019 heisst es, dass bei der Nachfolge durch Abu Ibrahim alle vier Methoden zum Einsatz kamen.

Bestimmt hat wahrscheinlich also der Schura-Rat der Terrormiliz – das heisst, das oberste Führungsgremium – «nach Beratung mit ihren Brüdern und im Einvernehmen des Testaments [von Abu Bakr al-Bagdadi],» wie es im Statement heisst. (jaw)

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8 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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baBIELon
04.11.2019 21:59registriert August 2016
Muss man solchen Kreaturen wirklich noch ne Plattform bieten? Das schlimmste was einer Ideologie widerfahren kann ist, dass niemand mehr über sie spricht und niemand mehr sie verbreitet... Klar, nicht darüber zu sprechen ist auch keine Lösung aber dieser Scheissverein lebt von der Publicity!
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Mike Minder
04.11.2019 22:18registriert April 2018
31. November.... hmmm ihr meint wohl 31. Oktober. Ja, tüpflischisser in der ganzen Story, aber meiner bescheidenen Meinung nach wichtig für die Glaubwürdigkeit/Seriosität des Journalismus. Sorry for that.
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