Seit 2013 tobt im Jemen ein Bürgerkrieg, die saudische Intervention jährte sich diese Woche zum vierten Mal. Der Konflikt im Jemen geht auf ältere Strukturen zurück, wird aber von neuen Machtkonflikten befeuert. Ein Überblick über den Krieg im Jemen in fünf Fragen und Antworten:
Die Gründe für den Ausbruch des Krieges im Jemen sind sehr vielschichtig. Zum einen stehen sich mit den schiitischen Huthi-Rebellen und der sunnitischen Regierung zwei unterschiedliche religiöse Auslegungen gegenüber. Die Spaltung im Jemen verläuft zwar seit Mitte des 20. Jahrhunderts tatsächlich zwischen Schiiten und Sunniten. Es wäre jedoch zu einfach, den Bürgerkrieg auf rein religiöse Faktoren zurückzuführen.
Der heutige Staat Jemen war lange in einen südlichen und nördlichen Teil gespalten. Erst 1990 wurde das Land wiedervereinigt. Der Norden übernahm jedoch politisch die Führung. So sah sich der erste gesamtjemenitische Präsident, Ali Abdullah Salih, bereits 1994 wieder mit einem Bürgerkrieg zwischen Nord und Süd konfrontiert.
Die Truppen im Süden verloren diesen Krieg und Salih blieb an der Macht. Erst im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 trat Salih die Präsidentschaft nach 34 Jahren an seinen Vize Abed Rabbo Mansur Hadi ab. Dieser verlor jedoch die Kontrolle über die Lage und so brach 2013 ein zweiter Bürgerkrieg aus.
Die nordjemenitischen Huthi-Rebellen konnten in kurzer Zeit mehrere wichtige Städte besetzen, so auch die Hauptstadt Sanaa. Hadis Regierung hatte den Rebellen nichts entgegenzusetzen und löste sich 2015 faktisch auf. Im März entschloss sich jedoch eine von Saudi-Arabien geführte und von verschiedenen arabischen Staaten unterstützte Militärkoalition zu einer Intervention zu Gunsten der wankenden Regierung.
Seit der Intervention 2015 stehen sich auf der einen Seite die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz und die von der Militärkoalition unterstützte Hadi-Regierung gegenüber. Als dritte Konfliktpartei sind noch die Dschihadisten im Süden des Landes zu nennen. Diese setzen sich aus Al-Qaida- und «IS»-Gruppen zusammen.
Die Huthi aus dem Norden werden von der Regionalmacht Iran unterstützt. Das Ausmass der Unterstützung ist jedoch umstritten. Ausserdem halten jene Teile der jemenitischen Armee, die den ehemaligen Präsidenten Salih unterstützten, zu den Huthi-Rebellen. Das ist insofern interessant, weil Salih selbst 2017 von Huthi-Kämpfern getötet wurde.
Auf der anderen Seite steht die faktisch entmachtete und durch die Koalition gestützte Regierung Hadis. An der Koalition beteiligt sind Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Bahrain, Katar, Kuwait, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal. Ausserdem werden sie von den USA, Grossbritannien und Frankreich logistisch unterstützt.
Der Krieg im Jemen startete 2013 als Bürgerkrieg und war quasi eine Fortsetzung des Bürgerkriegs von 1994. Die Regierung Hadis hatte es nach dem arabischen Frühling 2011 verpasst, das Land tatsächlich zu einen. Stattdessen bereicherte sich der Norden weiterhin auf Kosten des Südens. Die Spannungen zwischen Nord und Süd wurden damit nicht abgebaut, sondern nahmen noch zu.
Seit 2015 hat sich dieser Bürgerkrieg noch zu einem Stellvertreterkrieg zwischen den beiden Regionalmächten Saudi-Arabien und Iran ausgewachsen. Solange die beiden Konfliktparteien von internationalen Kräften weiterhin unterstützt und versorgt werden, bleibt der Konflikt in einer Pattsituation stecken.
Solche Konflikte, die Eigenschaften von Bürgerkrieg und internationalen Konflikten vereinen, haben seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zugenommen. So werden bereits regional vorhandene Spannungen von internationalen Kräften aufgenommen und durch Einmischung aufrechterhalten.
In diese Kategorie zählt auch der Vietnamkrieg. Hätten nicht französische und später amerikanische Truppen auf Seiten Südvietnams eingegriffen, wäre der Konflikt wohl schon viel früher zu Gunsten Nordvietnams entschieden gewesen.
Die UNO bezeichnet die Situation im Jemen als die aktuell schlimmste humanitäre Katastrophe. Mehr als 2,3 Millionen Menschen sind im Jemen auf der Flucht. Fast 200'000 Menschen sind in die Nachbarländer geflüchtet. Laut der UNO sind 22 der 28 Millionen Einwohner Jemens auf humanitäre Hilfe angewiesen. 1,8 Millionen Kinder sind extrem mangelernährt.
Die Schätzungen zur Zahl der Todesopfer bewegen sich zwischen 10'000 und 60'000. Viele davon sind nicht auf direkte Waffengefechte zurückzuführen, sondern auf Hungersnöte und Krankheiten. Ausgelöst werden diese zum einen wegen der Blockade des Landes, andererseits steht die medizinische Infrastruktur laut der UNO kurz vor dem Kollaps. Fast die Hälfte aller medizinischen Einrichtungen sei bei Bombardierungen und Gefechten zerstört worden.
Die Glückskette sammelt für die humanitäre Unterstützung im Jemen. Bisher sind über drei Millionen Franken zusammengekommen (Stand: Freitag). Wer spenden will, kann das hier tun.
Im Winter hatten sich die Konfliktparteien auf eine Waffenruhe für die Hafenstadt al-Hudaida im Westen des Landes verständigt. Dies ist deshalb wichtig, weil dadurch die Blockade aufgehoben und Hilfsgüter einfacher ins Land geschafft werden könnten.
Faktisch wurde diese Waffenruhe aber bereits kurz nach der Vereinbarung wieder mehrfach gebrochen. So wollten Huthi-Truppen die Hafenstadt zwar im Februar verlassen, im März wurde dort aber bereits wieder gekämpft. Die humanitäre Lage wird sich also auch in naher Zukunft kaum ändern.
Langfristig ist es schwierig, eine Vorhersage zu treffen. Fakt ist jedoch, dass der Konflikt durch die beiden Kräfte Iran und Saudi-Arabien in die Länge gezogen wird. Solange sich diese beiden Parteien nicht einig werden, wird der Konflikt fortgeführt.
Ich würde diesbezüglich wohl aber auch auf den Iran zeigen. Braucht immer zwei die beim Streit mitmachen, der Jemen ist böse gesagt nur die Arena für die Kontrahenten