Nancy Pelosi gab sich alle Mühe, den Ernst der Lage zu betonen. «Wenn wir es einem Präsidenten gestatten, über dem Gesetz zu stehen, gefährden wir damit unsere Republik», betonte die mächtigste Frau in Washington am Donnerstag in einer Erklärung. «Der Präsident lässt uns keine andere Wahl als zu handeln», fügte die Vorsitzende des Repräsentantenhauses hinzu.
Mit diesen eindringlichen Worten begründete die demokratische Politikerin ihre Forderung an den Justizausschuss, definitiv ein Verfahren zur Amtsenthebung von Präsident Donald Trump einzuleiten. Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus wird der Anklage zustimmen – gegen den vermutlich geschlossenen Widerstand der republikanischen Abgeordneten.
Diese hatten bereits am Montag einen eigenen Bericht zum Impeachment veröffentlicht, in dem sie das Verfahren gegen Trump in Bausch und Bogen verdammten. Es handle sich um «eine orchestrierte Kampagne, um unser politisches System auf den Kopf zu stellen», heisst es darin. Es gehe den Demokraten nur darum, die Wiederwahl von Präsident Trump zu verhindern.
Man reibt sich die Augen. Denn die Fakten sind offensichtlich: Donald Trump hat versucht, von der ukrainischen Regierung Belastungsmaterial gegen seinen demokratischen Herausforderer Joe Biden zu erhalten und vom Kongress bereits bewilligte Militärhilfe als Druckmittel einzusetzen. In «normalen» Zeiten würde dies ausreichen, um Trump aus dem Weissen Haus zu jagen.
Es sind jedoch keine normalen Zeiten. Die USA sind ein tief gespaltenes Land, in dem sich die beiden politischen Lager immer unversöhnlicher gegenüberstehen. Die Republikaner in Washington schliessen deshalb die Reihen hinter ihrem Präsidenten, auch wenn ein grosser Teil von ihnen den notorischen Lügner und Irrläufer tief im Innern wohl nach wie vor verachtet.
Zwei Gründe sind es vor allem, die sie dazu bewegen – ein «externer» und ein interner:
Die Hearings vor dem Geheimdienstausschuss waren eindrücklich. Sie haben zahlreiche Indizien zu Tage gefördert, die eine Anklage gegen Trump rechtfertigen. Sie hatten jedoch einen grossen Makel: Vor dem Kongress traten lauter Nonames aus der zweiten und dritten Reihe auf. Niemand aus dem inneren Kreis des Präsidenten konnte oder wollte auspacken.
Ein Topshot wie der frühere Sicherheitsberater John Bolton oder Stabschef Mick Mulvaney hätte den Hearings ein grösseres Gewicht verliehen und die öffentliche Meinung sowie den einen oder anderen Republikaner beeinflussen können. Doch Mulvaney weigerte sich kategorisch, und Bolton wollte nicht ohne Gerichtsbeschluss aussagen. Darauf wollten die Demokraten nicht warten.
Mit Blick auf das Wahljahr wollen sie das Impeachment möglichst rasch über die Bühne bringen. Das ist verständlich, doch was ein grosskalibriger Zeuge bewirken kann, zeigte sich während des Watergate-Skandals. Erst als mit John Dean der ehemalige Rechtsberater von Richard Nixon vor dem Kongress aussagte, entwickelte sich jene Dynamik, die den Präsidenten zu Fall brachte.
Dean verfolgt auch die aktuellen Hearings. Bereits die ersten beiden Zeugen hätten mehr Beweise gegen Trump vorgelegt, als der Kongress damals gegen Nixon besass, sagte er auf CNN. Die Republikaner aber kanzelten sie ab als «Hörensagen» von «ungewählten Bürokraten». Solche Argumente scheinen bei ihrer Basis zu verfangen.
Damit wäre der für die Partei wichtigere Aspekt angesprochen: Die Republikaner sind auf Gedeih und Verderben auf Donald Trumps enthusiastische Anhängerschaft angewiesen. Auf sie trifft Trumps Aussage aus dem Wahlkampf 2016 vollumfänglich zu, er könne mitten auf der Fifth Avenue in New York stehen, jemanden erschiessen «und ich würde keine einzige Stimme verlieren».
Die Republikaner sind zur Partei der weissen Amerikaner europäischer Abstammung geworden, die angesichts des demografischen Wandels in den USA um den Verlust ihrer traditionellen Vorherrschaft bangen. Zaghafte Versuche, aus dieser langfristig verhängnisvollen Ecke auszubrechen, gab es wiederholt. Sie endeten mit dem Auftauchen von Donald Trump.
Der schrille New Yorker mobilisierte verloren geglaubte Wählersegmente. Sie verhalfen ihm zu den knappen Siegen in jenen Swing States, die ihm 2016 zur Präsidentschaft verhalfen, obwohl er fast drei Millionen Stimmen weniger geholt hatte als Hillary Clinton. Die Republikaner sind mehr denn je auf sie angewiesen, um ihre Macht zu sichern, also stellen sie sich bedingungslos hinter Trump.
Dahinter verbirgt sich eine nicht geringe Tragik. Für kurzfristige Vorteile stärken sie einen offensichtlich unfähigen und kriminellen Präsidenten, der ihnen eigentlich zuwider ist. Doch wie der berühmte Zauberlehrling werden sie den Dämon nicht mehr los, den sie heraufbeschworen haben. Weshalb Donald Trump den Impeachment-Prozess im Senat überstehen dürfte.
Gewagte, aber nicht ganz unwahrscheinliche Prognose.
Trump hat aus seiner Wählerbasis eine Religion gemacht an der alles abprallt. Er wird auch bereits als Gott bezeichnet.
Es ist das Ende der USA die wir kennen. So sehe zumindest ich das. Ein Kult der über jeder Wissenschaft steht mit dem Sektenführer Trump hat sich über die Institutionen gelegt.
Es sind immer noch die Hälfte der Botschafter nicht bestellt, das Aussenministerium hat 70% nicht besetzte Stellen und auch in anderen Ministerien ist das grosse Reinemachen im Gang. Nur noch Mitglieder der Trump Sekte.
Was der Artikel meiner Meinung nach zu wenig beleuchtet ist der Umstand, dass die Republikaner so komplett die "normalen" Stimmen der Unabhängigen verspielen und dies zu einer weiteren "Blauen Flutwelle" führen kann 2020. Siehe aktuell Kentucky, Virginia, etc.
Des weiteren scheint Trump schneller mental abzubauen... 25. Artikel könnte am Ende eintreffen.