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Taliban dementieren Berichte über Tod ihres Anführers Mullah Mansur – USA bestätigen den Angriff

Taliban dementieren Berichte über Tod ihres Anführers Mullah Mansur – USA bestätigen den Angriff

22.05.2016, 09:0922.05.2016, 13:26
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Die Taliban haben Berichte über den Tod ihres Anführers Mullah Achtar Mansur zurückgewiesen. In einer am Sonntagmorgen über einen telefonischen Kurznachrichtendienst verschickten kurzen Botschaft hiess es, die Berichte seien «gegenstandslos».

«Er lebt. Da war kein Anschlag auf ihn», hiess es. Sprecher der Taliban waren telefonisch nicht zu erreichen. Die afghanische Regierung liess per Stellungnahme auf der Webseite des Palastes verlauten, man prüfe noch die Details der Operation. Falls Mullah Mansur wirklich tot sei, eröffne das Möglichkeiten für Frieden mit jenen Taliban, die «dem Blutbad den Rücken kehren» wollten.

Die USA hatten im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet einen Luftangriff gegen Mansur ausgeführt. Mehrere Medien meldeten unter Berufung auf einen US-Regierungsbeamten den «wahrscheinlichen» Tod des Anführers.

Mullah Achtar Mansur sei bei einem gezielten Drohnenangriff «wahrscheinlich» ums Leben gekommen, teilte ein US-Regierungsvertreter am Samstag in Washington nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP mit. Präsident Barack Obama habe den Angriff persönlich autorisiert.

Der Drohnenangriff sei in einer abgelegenen Region Pakistans nahe der Grenze zu Afghanistan erfolgt. Mansur war den Angaben zufolge mit einem zweiten Mann in einem Auto unterwegs, als die USA angriffen. Auch der zweite Mann sei wahrscheinlich tot.

Das US-Verteidigungsministerium bestätigte den Angriff am Samstag, erklärte aber zunächst lediglich, dass dessen «Ergebnis» noch «eingeschätzt» werde.

Umstrittene Machtübernahme

Mansur hatte als Nachfolger von Taliban-Führer Mullah Omar die Führung der radikalislamischen Miliz übernommen, was innerhalb der Miliz nicht unumstritten war. Ende vergangenen Jahres vermeldete die afghanische Regierung bereits schon einmal den Tod von Mansur, was die Taliban allerdings vehement dementierten.

Offiziell hatte Mansur Ende Juli 2015 die Führung der Taliban übernommen. Im Geheimen hatte er die Islamisten aber schon länger geführt. Denn sein Vorgänger Mullah Omar, so stellte sich damals heraus, war schon zwei Jahren vor Verkündung seines Todes gestorben. Das hatten Mansur und andere aus dem Führungsgremium aus Angst vor Machtkämpfen aber verschwiegen.

Minister im Taliban-Regime

Mansur, der auf Mitte 40 geschätzt wird, war schon einflussreich, als die radikalislamischen Taliban zwischen 1996 und 2001 in Afghanistan herrschten. Er wurde zuerst Flughafenchef der grossen südafghanischen Stadt Kandahar, später Minister für den Flugverkehr.

Er war somit nicht nur für die staatliche Fluglinie Ariana zuständig, sondern auch für die Luftwaffe des Landes. Die bestand allerdings nur aus ein paar alten Flugzeugen und Helikoptern.

In einer Mitteilung machte das Pentagon Mansur für den Tod Tausender afghanischer Zivilisten und Sicherheitskräfte verantwortlich. Er sei aktiv an der Planung von Angriffen gegen Einrichtungen in Kabul und anderen Teilen Afghanistans beteiligt gewesen. Er habe auch eine Bedrohung für US-Personal und Verbündete im Land dargestellt.

«Mansur stand dem Frieden und einer Versöhnung zwischen der Regierung von Afghanistan und den Taliban im Wege», teilte das Pentagon weiter mit. Er habe Taliban-Führer an der Teilnahme an Friedensgesprächen mit der Regierung gehindert, die zu einem Ende des Konflikts führen könnten.

NATO-Einsatz verlängert

Die Schlagkraft der Islamisten am Hindukusch war zuletzt ungebrochen: Laut Experten sind mehr als 100 der rund 400 Bezirke des Landes entweder in der Hand der Taliban oder dauerhaft umkämpft.

Die Zahl der zivilen Opfer war 2015 mit mehr als 11'000 Toten und Verletzten auf den höchsten Stand seit Beginn der internationalen Intervention gestiegen. 62 Prozent der Opfer seien von den Aufständischen verursacht worden, schätzt die UNO.

Am Freitag hatte die NATO beschlossen, dass der aktuelle Einsatz in Afghanistan auch im kommenden Jahr fortgesetzt wird. Im vergangenen Mai hatte die NATO noch erwogen, den aktuellen Militäreinsatz 2017 in eine zivile Mission umzuwandeln.

Für die Beratungs- und Ausbildungsmission «Resolute Support» stellen die Alliierten und ihre Partner aktuell rund 12'000 Soldaten zur Verfügung. (sda/afp)

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