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Afghaninnen haben die junge Frau zu Grabe getragen, die in der vergangenen Woche in Kabul von Hunderten Männern gelyncht worden war. Der Mob hatte sie beschuldigt, einen Koran verbrannt zu haben. Die Polizei sagt nun: Das war eine Lüge.
23.03.2015, 09:2023.03.2015, 09:56
Beerdigung von gelynchter Frau in Afghanistan
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Beerdigung von gelynchter Frau in Afghanistan
Trauerfeier für Farkhunda: Hunderte Afghanen haben Abschied von der jungen Frau genommen, die im Zentrum Kabuls von einem wütenden Mob gelyncht worden war.
quelle: x02863 / mohammad ismail
Es war eine Trauerfeier, wie sie Afghanistan bislang wohl noch nicht erlebt. Hunderte Menschen haben Abschied von der jungen Frau Farkhunda genommen, die in der vergangenen Woche im Zentrum Kabuls von einem Mob gelyncht worden war.
Entgegen aller Traditionen wurde ihr Sarg am Sonntag von Frauen zu Grabe getragen. «Wir wollen Gerechtigkeit für Farkhunda, wir wollen Gerechtigkeit für die afghanischen Frauen», riefen die Trauernden. «Das war ein Verbrechen gegen ihre Familie, ein Verbrechen gegen eine Schwester und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit», sagte der Menschenrechtsaktivist Bari Salam bei der Beerdigung.
Hunderte Männer hatten die 27-Jährige am Donnerstag vor der Schah-Do-Schamschira-Moschee in Kabul zu Tode geprügelt, ihre Leiche angezündet und dann in den Kabul-Fluss geworfen. Polizisten sahen die Tat, schritten aber nicht ein. Im Internet kursieren Dutzende Videos von Augenzeugen, die den Vorfall zeigen. Einige Männer brüsteten sich später bei Facebook mit der Tat. Bislang sind 21 Verdächtige festgenommen worden, darunter auch acht Polizisten.
Die Menge hatte der Frau vorgeworfen, sie habe einen Koran verbrannt. Die Ermittler haben dafür aber keine Hinweise gefunden. «Ich bin alle Unterlagen und Indizien durchgegangen. Farkhunda war völlig unschuldig», sagte Chefermittler Mohammad Zahir.
Stattdessen soll sich die Frau vor der Moschee mit Männern gestritten haben, die den Gläubigen Amulette verkauften. Weil Farkhunda andere Frauen davon abhalten wollte, die Amulette zu kaufen, hätten die Männer dann behauptet, sie habe einen Koran in Brand gesetzt.
Nach Angaben der afghanischen Polizei und der Vereinten Nationen soll die Frau die vergangenen vier Jahre in psychiatrischer Behandlung gewesen sein. Ihr Bruder weist das zurück. «Mein Vater hat das nur behauptet um die Leute zu beruhigen», sagte Farkhundas Bruder Najibullah. Die Familie der Toten steht seit dem Mord unter Polizeischutz. (syd/AFP/Reuters/AP)
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