Gesellschaft & Politik
Region Mittelland

Als Jude verkleideter FCL-Fan entschuldigt sich: «Das Ganze war keine gute Idee»

«Ich habe den Hut mit den Schläfenlocken ganz normal im Fasnachtsshop in Littau gekauft», schreibt der FCL-Fan.
«Ich habe den Hut mit den Schläfenlocken ganz normal im Fasnachtsshop in Littau gekauft», schreibt der FCL-Fan.bild: fan-fotos.ch
FCL-Fan wollte nicht diskriminieren

Als Jude verkleideter FCL-Fan entschuldigt sich: «Das Ganze war keine gute Idee»

Der FCL-Fan, der den Fan-Tross beim Auswärtsspiel in St.Gallen in einem Juden-Kostüm anführte, hat sich in einem anonymen Schreiben an den Schweizerisch Israelitischen Gemeindebund, den FC Luzern und die Polizei gewandt.
24.02.2015, 09:4624.02.2015, 18:26
Rafaela Roth
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«Ich bin der verkleidete Jude und melde mich aufgrund der Medien-Berichterstattungen anlässlich der Vorkommnisse vor dem Fussballspiel FC-St.Gallen – FC Luzern», eröffnet der anonyme Schreiber das Entschuldigungsschreiben, adressiert an den Schweizerisch Israelitischen Gemeindebund mit Kopie an FCL und Polizei St.Gallen. 

«Ich habe den Hut mit den Schläfenlocken ganz normal im Fasnachtsshop in Littau gekauft»
Verkleideter FCL-Fan

Er und alle beteiligten hätten auf keinen Fall die jüdische Glaubensrichtung in irgendeiner Form diskriminieren wollen. «Ich habe den Hut mit den Schläfenlocken ganz normal im Fasnachtsshop in Littau gekauft», schreibt er weiter, «Ich habe mir nichts dabei gedacht und bin als Rabbi an die Luzerner Fasnacht gegangen.» Tausende hätte ihn gesehen und niemand habe sich negativ geäussert. Deshalb sei er auch am Sonntag in dieser Kleidung an die «Fasnacht-Fahrt» nach St.Gallen gereist. 

«In Fankreisen aller Vereine gelten St.Galler als Juden»

Im zweiten Teil des Briefes bemüht sich der Schreiber, einige «Informationen zu den Hintergründen» zu liefern: «Die Rivalität zwischen St.Gallen und Luzern besteht seit Generationen», schreibt er. «In Fankreisen aller Vereine gelten St.Galler als Juden, Luzerner gelten als Bauern und Aarauer als weisse-Sockenträger – um nur einige Beispiele zu nennen.» 

«Wäre der Aufschrei gleich gross gewesen, wenn ich als Papst, Mohammed oder Buddha vorne weg gelaufen wäre?»

Die Verkleidung hätte also keineswegs gegen die jüdische Glaubensrichtung, sondern gegen das Klischee der St.Galler Fanszene zielen sollen, erklärt der FCL-Fan: «Da der Fussball mit seinen Fans immer wieder ein gefundenes Fressen für die Medien ist, verwundert es mich auf keine Art und Weise, wie über die ganze Sache berichtet und alles aufgebauscht wird», formuliert er weiter, um dann die Frage zu stellen: «Wäre der Aufschrei gleich gross gewesen, wenn ich als Papst, Mohammed oder Buddha vorne weg gelaufen wäre?»

Immerhin kommt ganz am Schluss des Briefes die Entschuldigung: «Im Nachhinein muss ich eingestehen, dass das ganze keine gute Idee war und entschuldige mich bei Ihnen für die Aktion.»

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17 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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24.02.2015 11:28registriert März 2014
Ziemlicher Zwitter, diese Entschuldigung! Gut, der Schreiber hatte keine bösen Absichten, immerhin. Aber das Problem ist die Reaktion, nicht sein Auftritt? Der Beweis: An der Fasnacht regte sich ja auch keiner über das Kostüm auf, also kann es daran nicht liegen, und was an der Fasnacht geht, passt immer! Also warum nicht beim nächsten Vorstellungsgespräch anziehen? das lockert die Atmosphäre auf und er spart das Geld für den Coiffeur. Oder im Joggingdress zum Personalscheff, das signalisiert Dynamik, oder im FCL-Liibli, das zeigt lokale Verbundenheit und Passion. Wir überlegen uns täglich, mit welchen Grenzen wir wie umgehen, wieso soll an einem Fanmarsch alles erlaubt sein?
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FlorianH
24.02.2015 10:52registriert November 2014
Ein noch so primitiver fan kann offensichtlich reflektierter argumentieren als die gesamte Medienlandschaft der Schweiz. traurig...
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